Es war klar, dass die Marke Harry Potter auch nach dem Ende der eigentlichen Reihe im Jahr 2011 weiterleben würde - zu groß war der Erfolg, der Hype. Trotzdem ging das Spin-Off, frei nach einem Schulbuch aus Harrys Hogwartsleben, aber immerhin skripttechnisch von J.K. Rowling selbst verfasst, fünf Jahre später nicht so richtig auf und ich war nicht der einzige, der von dem ersten "Phantastische Tierwesen"-Teil etwas enttäuscht war. Aber gut, fünf Filme sollen es ja letztendlich werden, weswegen man Teil 1 ja nun als noch etwas langsame und substanzlose Charaktereinführung abhaken kann... nun soll die Lutzi also abgehen und der Plot anlaufen. Oder etwa nicht?
PHANTASTISCHE TIERWESEN: GRINDELWALDS VERBRECHEN
Es war nur ein recht kurzes Stelldichein in Gefangenschaft: Mit einigen hinterhältigen Tricks gelingt dem finsteren und machtgierigen Zauberer Gellert Grindelwald (Johnny Depp) die Flucht. Währenddessen versucht Newt Scamander (Eddie Redmayne), ebenfalls aufgerüttelt von den Vorfällen rund um seinen Feind, nach Amerika zurückzukehren, sitzt aufgrund seiner vorherigen Taten jedoch in London fest. Unterstützung erhält er dabei von seinem alten Lehrer aus Hogwarts-Zeiten, Albus Dumbledore (Jude Law). Dieser wird dazu angehalten, auch in den Kampf gegen Grindelwald einzugreifen, weigert sich jedoch. Newt jedoch jagt Grindelwald mit der Unterstützung alter und neuer Freunde nach... und lüftet dabei schockierende Familiengeheimnisse.
Na, jetzt muss es aber losgehen, oder? Während sich der erste Teil dieser nur marginal mit den Hauptteilen verbundenen Vorgeschichte im "Harry Potter"-Universum weitestgehend mit dem visuell prachtvollen, handlungstechnisch aber äußerst dünnen Einfangen manch eines fantastischen Tierwesens aufhielt und erst kurz vor Schluss mal ein wenig Dringlichkeit einbrachte, geht es in der zwei Jahre später erschienenen Fortsetzung nun plötzlich sehr schnell zur Sache. Grindelwalds Flucht aus dem Gefängnis wird in einer ebenso hektischen wie beeindruckenden Actionsequenz inszeniert und stimmt freudig - endlich wird es düster, endlich wird es dramatisch, endlich wird es... nein, wird es nicht. Denn nachdem der Titel gerollt ist, herrscht plötzlich wieder Stagnation und nun muss man sich tatsächlich fragen, wohin J.K. Rowling und David Yates mit dieser Geschichte nun eigentlich wollen.
Um sämtliche alte Bekannten und einen Haufen neuer Figuren ins Rennen und schließlich an die gleichen Ortschaften zu schicken, muss sich der Film in Sachen innere Glaubwürdigkeit nicht nur arg strecken (vor allem im Falle von Newts treuem Sidekick Jacob Kowalski), sondern sich auch mal wieder zur Überlänge aufplustern... eine Überlänge, die hier zum wiederholten Male nicht angebracht scheint. Über eine Stunde lang sehen wir den Charakteren dabei zu, wie sie wieder aufeinandertreffen, wie sie dem Schrecken entgegensehen, den Grindelwald wohl irgendwo dort draußen verursacht und... wie sie überlegen. Und überlegen. Und überlegen. Überlegen, wie sie denn hier noch alles zum Guten wenden können. In einer erschrockenen Behäbigkeit dümpelt "Grindelwalds Verbrechen" zahlreiche Plots ab, durch ihre Masse kommt die Handlung aber nicht nur nicht voran, sondern bleibt gar vollkommen auf der Strecke.
Man kann das Problem, welches Skriptautorin Rowling vor sich hatte, förmlich schmecken: Das muss noch rein. Und das. Und das. Dieses Geheimnis. Diese Referenz. Und dann noch den und den und den Charakter. Das gereicht dann in der flotteren zweiten Hälfte zu einigen sehr hübschen Referenzen an die Originalreihe, die auch durchaus stimmig wirken und einige "Aha"-Momente erzeugen, aber sie bringen den Plot nicht voran. Über all die Geheimnisse und den Verrat von Freunden und Feinden wird kein Deckel gestülpt und es wird keine Fahrt aufgenommen. Was in Ordnung wäre, wären all diese Subplots für sich denn gut geschrieben. In den meisten Fällen sind sie aber entweder ziemlich lasch, wie bei der arg soapigen Beziehungsgeschichte zwischen Jacob und Queenie, oder einfach vollkommen übermystifiziert - die Auflösung eines Familiengeheimnisses rund um einen alten Bekannten aus dem ersten Film soll wahnwitzig wirken, ist aber nicht mehr als ein laues Lüftchen.
Natürlich, einige wunderbare Momente gibt es zwischendrin: So ist im Grunde jede Szene mit "Fluch der Karibik"-Star Johnny Depp als intrigantem Grindelwald ein echter Gewinn, denn der macht seine Sache hier ausgesprochen gut. Auch Jude Law hat in seinen wenigen Momenten als junger Dumbledore einige Gelegenheiten, zu glänzen... etwas, was dem hier erneut unterforderten, blassen, bald gar angestrengt wirkenden Eddie Redmayne hier zum zweiten Mal nicht gelingen will. Und dann gibt es, nach einem wirklich hübschen Ausflug nach Hogwarts und einigen wunderbar eingeflochtenen Referenzen und kleinen Scharmützeln mit den wunderbar animierten Tierwesen auch noch ein wirklich prächtiges, dramatisch stark ausgetüfteltes Finale. Bis wir am Ende eben doch wieder mit hohen Erwartungen dastehen und auf den dritten Teil hoffen. Da gehts dann aber bestimmt richtig los. Diesmal wirklich richtig. Oder?
Fazit: So richtig Fahrt auf nimmt die Reihe immer noch nicht. Über etliche, zähe Nebenplots, zahlreiche Geheimnisse und einzelne Haltestellen plustert der Film eine komplexe, aber eben weitestgehend stillstehende Handlung auf und unternimmt nur wenige, wichtige Schritte. Gegen Längen und eine schluderige Erzählung spielen Johnny Depp, Jude Law und einige prächtige Actionszenen mutig an.
Note: 3-
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