Fleißige Leser meines täglichen Blogs werden es mittlerweile vermutlich wissen. Es gibt genau zwei Genres, mit denen ich wenig bis weitestgehend gar nichts anzufangen weiß: Das eine sind Parodien a la "Scary Movie", die ich fast nie witzig finde und wobei mir im Grunde jede gesehene Minute bereits zu schade ist; die andere sind Kostümfilme mit bedeutungsschwangeren Minuten und mehr Kostümen als Handlungselementen. Normalerweise mache ich um solcherlei Filme, zumindest wenn mir der Trailer nicht zugesagt hat, einen Bogen, aber "Maria Stuart" sah einfach zu gut aus. Zwei der brillantesten Darstellerinnen ihrer Zeit, eine spannende Geschichte um Macht und Familie und eine offenbar grandiose Optik. Ich musste dieses Ding einfach sehen, in der Hoffnung, dass hier eines der wenigen Kostümdramen auf mich warten möge, welches ich doch noch weiterempfehlen kann...
MARIA STUART, KÖNIGIN VON SCHOTTLAND
1541: Von Geburt an besitzt Maria Stuart (Saoirse Ronan) das Recht auf den Thron Englands. Diese kehrt nun nach Jahren an den Seiten ihres mittlerweile verstorbenen Gemahls aus Frankreich in ihre Heimat zurück, wo zurzeit die von ihrem Volk geliebte Katholikin Elisabeth (Margot Robbie) reagiert. Während Maria mit ihrem Gefolge gen Thron zieht, hält sie Briefverkehr zu ihrer Rivalin und versucht, sie von einer Einigung zu überzeugen. Elisabeth meint jedoch, einen Verrat zu riechen und versucht, Maria durch einen neuen Ehemann ruhig zu stellen und ihr Geburtsrecht zu untergraben... wobei sie jedoch die Rechnung ohne den scharfen Verstand der jungen Frau gemacht hat.
Während der ersten sechzig Minuten dieses zweistündigen Historiendramas von Regisseurin Josie Rourke dachte ich noch, dass dies tatsächlich einer der wenigen Filme dieses Genres werden könnte, der mir wirklich gut gefällt. Ich war nicht durchgehend begeistert, angesichts des gar nicht mal so niedrigen Tempos und der im Kern spannenden Geschichte war ich aber durchaus bereit, über manch eine Verfehlung hinwegzusehen. Der Kernkonflikt hat, auch wenn er weitestgehend per Wort ausgetragen wird (was in diesem Kontext durchaus sinnig ist), ordentlich Dampf und die beiden Hauptdarstellerinnen machen ihre Sache wahrlich hervorragend. Den Löwenanteil der Screentime erhält dabei "The Way Back"-Star Saoirse Ronan, welche die Titelheldin mit genau der richtigen Mischung aus Anmut, jugendlichem Starrsinn und Machtliebe gibt. Ob es erneut zu einer Nominierung für den Hauptdarsteller-Oscar reichen wird, darf noch bezweifelt werden, doch ihre famose und nuancierte Darstellung wird dadurch keinesfalls getrübt.
Die Rolle von "Focus"-Star Margot Robbie fällt dagegen auf überraschende Art und Weise wesentlich kleiner aus als erwartet, was ein wenig schade ist. Zum einen agiert nämlich auch Robbie durchgehend fantastisch, zum anderen war mir ihre Figur im direkten Gegensatz wesentlich sympathischer. Ihr innerer Konflikt, den Thron eigentlich abgeben zu müssen und Menschlichkeit gegen Regeln zu stellen, war ungemein interessant und erhält durch private und persönliche Beweggründe zumindest auf dem Papier eine herrliche Tiefe. Leider widmet man sich gerade diesem Plot doch sehr spärlich und stellt Maria Stuart in den Vordergrund, die im direkten Vergleich weniger als Identifikationsfigur taugt.
Ihr Konflikt rund um die Ehe ist dabei wesentlich langatmiger und auch vorhersehbarer geraten und trotz einiger zwischenzeitlicher Brennstellen ist nicht zu übersehen, dass das Gewicht hier etwas ungünstig verteilt wurde. Im weiteren Verlauf des Films und je mehr Robbie die Leinwand ihrer talentierten Kollegin überlassen muss, gerät der Plot nämlich etwas aus den Fugen. Er widmet sich kaum noch dem Kernkonflikt der beiden Damen, sondern grast viele Nebenelemente ab, die an und für sich spannend sind, jedoch immer wieder von der wesentlich spannenderen Dringlichkeit des eigentlichen Kerns ablenken. Das führt dann, trotz wunderschöner Bilder und einem erwartungsgemäß grandiosen Set- und Kostümdesign, zu einigen herben Längen, wobei die Figuren alsbald mehr aneinander vorbeireden als wirklich zu sprechen.
Das ist aber vielleicht auch ein Makel des Genres, den ich als heftiger erachte - Fans von Kostümdramen werden genau diese Detailverliebtheit lieben und sich daher auch bei "Maria Stuart" durchgehend wohlfühlen. Einige schockierende Wendungen und ein emotionales Finale gibt es nämlich noch obenauf und dazwischen widmet sich Rourke auf einfühlsame Art und Weise den Problemen einer Frau in einer Machtposition, streift Religion und Feminismus zu einer Zeit, als das wirklich noch unerwünscht war. Beinahe hat sie dabei auch noch Worte zum heutigen Zeitgeist zu sagen, aber letztendlich siegt dann doch die Macht... ein etwas herber, wenn auch wahrer Schlussakt, der historisch akkurat ist und einen trotz zwischenzeitlicher Langeweile nachdenklich zu stimmen vermag.
Fazit: Obwohl man sich einfühlsam und mit Liebe zum Detail den Konflikten einer Königin widmet, bleibt zu viel Zeit auf den Nebenschauplätzen übrig - der Film zerfasert schnell und wird zäh. Für Interesse sorgen hingegen zwei Darstellerinnen auf dem Zenit, die sich nuanciert und brillant die Seele aus dem Leib spielen, ohne genretreffend zu überzeichnen.
Note: 3-
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