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After the Wedding

Isabel (Michelle Williams) lebt in Kalkutta und leitet dort ein Waisenhaus - eine besondere Bindung hat sie dabei auch zu dem achtjährigen Jai (Vir Pachisia) aufgebaut, den sie quasi seit seinem ersten Lebensjahr großzieht. Nun muss Isabel jedoch in ihre Heimat Amerika reisen, da die Millionärin und Werbeunternehmerin Theresa (Julianne Moore) ihrer Einrichtung einer großzügige Spende überreichen und Isabel dafür persönlich kennenlernen will. Sogar auf die Hochzeit von Theresas Tochter Grace (Abby Quinn) wird sie eingeladen... nur um dort Theresas Mann Oscar (Billy Crudup) zu treffen, den sie bereits aus ihrer Vergangenheit kennt. Schon bald ahnt Isabel, dass sie nicht ausschließlich für eine Millionenspende in die USA gereist ist, sondern dass mehr hinter der Familie steckt, als es zunächst den Anschein hat.

"After the Wedding" ist ein US-amerikanisches Remake zu dem dänischen Drama "Nach der Hochzeit" - im Jahr 2007 von Susanne Bier inszeniert war der Film sogar im Oscarrennen um den besten, fremdsprachigen Film. Der Clou an der Neuverfilmung, die nun aus den Händen von Regisseur Bart Freundlich stammt, ist, dass er die Geschlechterrollen gerade heraus umtauscht. Wo damals noch Männer in den Hauptrollen agierten, sind es nun die Damen - etwas, wonach in der heutigen Filmbranche ja immer wieder geschrien wird, bleiben die wirklich aussagekräftigen, weiblichen Rollen doch noch immer weit hinter denen der Männer zurück. Doch ist allein der Geschlechtertausch natürlich kein Qualitätsmerkmal und man merkt dem Film nun auch an, dass er genau mit dieser Änderung zu kämpfen hat und die Handlung in gewisser Art und Weise etwas strecken muss, damit diese noch im Sattel bleibt.
Die Ausgangssituation an sich, die sich nach rund einer halben Stunde entfaltet, ist nämlich eigentlich schon konstruiert und durchgetaktet genug: Sie ist hochdramatisch, dabei aber eben auch eng an die jeweiligen Figurenmuster gestrickt, muss sich dabei in die eine oder andere Richtung bewegen - eigentlich war da gar nicht viel Platz für weiteren Spielraum. Freundlich nimmt ihn sich dennoch und seine Umerklärungen des Plots (es ist lange her, dass ich das Original gesehen habe, weswegen ich mich an viele Einzelheiten nicht mehr erinnern kann) wirken auf diese Art und Weise zumindest etwas bemüht - auch wenn sie der Handlung eine weitere Schwere geben. Ob es diese gebraucht hätte, darüber lässt sich sicherlich streiten, dennoch erfährt "After the Wedding" hier nun ein weiteres Merkmal, welches das Remake eben auch für Kenner des dänischen Originals noch einmal sehenswert machen könnte.
Dass Freundlich dabei aber auch ein ganzes Stückweit manipulieren muss, um seine vier Hauptfiguren in ihren dramatischen Konflikten zu bewegen, fällt auf. Hin und wieder wäre etwas weniger wirklich Mehr gewesen - Freundlich drückt das ein ums andere Mal tatsächlich etwas zu harsch auf die Tränendrüse. Sicher, wem am Ende kein Kloß im Hals wächst, wenn der Film im letzten Drittel in eine neue Richtung rutscht und auf gleich mehreren Klaviaturen der menschlichen Emotionen gnadenlos spielt, der muss wohl das dickste Fell jenseits dieses Universums tragen. Dennoch gelingen Freundlich solcherlei geweckte Gefühle beim Publikum eben nicht unbedingt auf leichteste Art und Weise und er muss lange, manchmal auch unnötig verästelte Vorarbeit leisten, um überhaupt zu diesem Punkt zu gelangen. Das wirkt dann schon ziemlich bemüht und ist in seinen einzelnen Plotsträngen, gerade wenn sie die Handlung in Schwung bringen oder letztendlich neu umwerfen sollen, nicht gerade gelenk geschrieben.
Dass es dennoch ein Drama bleibt, dem man sich kaum entziehen kann, liegt an einer im Kern immer noch sehr menschlichen Geschichte, die Fragen aufwirft, die uns alle beschäftigen können und womöglich werden. Eine Identifizierung fällt trotz der konstruierten Ausgangslage leicht, da man uns dabei auch drei hervorragend gezeichnete Figuren vorlegt. Billy Crudup fällt dabei als Mann mit Dreck am Stecken etwas hintenüber, die Leistungen der drei Damen sind aber allesamt als grandios zu betiteln. "Blue Valentine"-Star Michelle Williams hängt ihre Kolleginnen mit ihrem ungemein leisen, beinahe grazilen und dennoch herausragend vielfältigem Spiel noch einmal ab, doch auch Moore und Quinn geben hier alles, wobei sie immer wieder erfrischende und provokante Konterparts zu Williams' Isabel entstehen lassen.

Fazit: In seinem Remake gelingt Regisseur Freundlich nicht jede Nuance und oftmals wirkt der an sich bewegende und menschliche Plot etwas überkonstruiert und manipulierend. An der leisen Inszenierung und den durchweg brillanten Leistungen der Schauspieler gibt es aber rein gar nichts auszusetzen.

Note: 3




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