Direkt zum Hauptbereich

Die fantastische Welt von Oz

Oscar Diggs (James Franco), von seinen Freunden nur "Oz" genannt, arbeitet als Zauberer auf einem Jahrmarkt, führt das Publikum jedoch mit cleveren Tricks hinters Licht. Eines Tages gerät sein Ballon in einen fatalen Wirbelsturm und Oz erwacht in einer schlichtweg wunderbaren Welt. Dort trifft er die wunderschöne Theodora (Mila Kunis), die ihm eröffnet, dass sein Sturz aus dem Himmel zu einer wichtigen Prophezeiung gehöre - er sei der Zauberer, dem es möglich sein muss, die böse Hexe zu vernichten und das Land Oz, welches auch noch den Namen des Zauberers trägt, aus der Tyrannei zu befreien. Da ihm als Belohnung ein Posten als König und unendlicher Reichtum in Aussicht gestellt werden, nimmt Oscar die Herausforderung an... ahnt jedoch noch nicht, was für Gefahren sich ihm noch in den Weg stellen werden.

Auf welchen Pfaden Disney mit dieser Verfilmung wandelt, ist klar: Die Quasi-Fortsetzung von "Alice im Wunderland" aus dem Jahr 2010 war ein solch durchschlagender Erfolg, dass man in dem Studio nicht nur an einer Fortsetzung arbeitete (die 2016 dann aber finanziell ziemlich baden ging), sondern noch weitere Kultklassiker neu aufbereiten bzw. neue Geschichten aus eben diesem Universum erzählen wollte. Was Disney schließlich zur kultigen Geschichte rund um den Zauberer von Oz und zu der Idee, zu diesem doch mal eine Vorgeschichte zu erzählen, führte. So könnte man doch sogleich eine weitere, fantastische, visuelle Welt erschaffen und mit dem bekannten Namen auch noch einige Zuschauer anlocken, die Zielgruppe über Kinder sowie alte Fans des Originals breit fächern.
Auf finanzieller Ebene gelang dieser Plan nur so halb: "Die fantastische Welt von Oz" machte zwar durchaus Kasse, aber gelangte nicht einmal ansatzweise in die Sphären, in welche Tim Burton mit seinem Trip nach Unterland drei Jahre zuvor vorgedrungen war. Das ist schade, denn so wie auch Burton der Mär seinen Stempel aufdrückte, so gereichte es hier auch "Spider-Man"-Regisseur Sam Raimi zu einem durchweg überzeugenden Film, der zwar unübersehbare Schwächen hat, in Sachen Ideenreichtum, Herz und visueller Brillanz immer wieder zu fesseln weiß. Ganz besonders gelungen sind dabei die deutlichen Querverweise zum Original, bei welchen sich die Macher offensichtlich echte Gedanken über Sinnigkeit und Logik machten und nicht nur bloßen Fanservice boten. Die hier nun behandelte Vorgeschichte hat immer wieder wunderbare Hinweise zu bieten und ist für Kenner der Originalgeschichte ebenso rund wie stimmig.
Doch auch Neulinge finden sich in der Welt schnell zurecht und werden besonders ab dem Punkt, während welchem sich das zuvor noch eng gestrickte Bildformat von einem schwarz-weißen Kasten zu einem breiten und ungemein bunten Sammelsurium als Absonderlichkeiten verändert, absolut gebannt sein. Der Fantasy-Kitsch erreicht dabei enorme Höhen und würde sicherlich alle guten Grenzen sprengen, wäre da nicht noch ein gut aufgelegter James Franco, der als unsympathischer Gauner dem Ganzen noch eine gewisse, zynische Bodenständigkeit verleiht. Dieser verfliegt erwartungsgemäß, wenn sein doppelzüngiger und verschlagener Oz nach bester Disney-Manier auch noch seine Lektion lernen muss, dafür entschädigt aber ein ebenso herzliches wie spektakuläres Finale sowie die durchweg starken, zumeist weiblichen Nebendarsteller. Überraschenderweise sind es "Wish I Was Here"-Star Joey King als herzerwärmendes Porzellanpüppchen sowie eine ganz starke Mila Kunis, die hier herausragen. Gerade Kunis bekommt in der zweiten Hälfte noch eine tragische Note, die man ihrer Figur so kaum zugetraut hätte... und die Kunis mit Kraft und offensichtlich mörderischer Spiellaune auslotet.
So viel Spaß man auch hat, umso deutlicher wird aber auch, dass das Staunen in dieser verrückten Welt nicht durchweg hält. In einem teils recht zähen, weil ziemlich unfokussierten Mittelteil geht dem Werk doch die Puste aus - hier spürt man die Laufzeit jenseits der Zwei-Stunden-Marke. Auch die visuellen Effekte gelingen nicht immer: Manch ein beabsichtigter Patzer mag da noch als Lobhudelei auf das Original durchgehen, andere visuelle Matscher sehen aber durchweg nach Computerfehler aus - da täuschen auch die bunten Hintergründe nicht hinweg. Dafür darf aber der Soundtrack von dem überaus genialen Danny Elfman aus allen Löchern pfeifen - die eingängigen Melodien verwandeln sich rasch in willkommene Ohrwürmer und spielen so auch über einige deutliche Längen mutig hinweg.

Fazit: Nach einem spaßigen ersten Akt geht der fantastischen Welt von "Oz" im Mittelteil trotz aller visueller Pracht und einem starken Darstellergespann etwas die Puste aus. Gegen Ende sitzt man dank eines prachtvollen Showdowns und ganz viel Herz aber wieder rechtzeitig im Sattel - unterhaltsames Fantasy-Kino mit Seele, Witz und allerlei sinnigen Anspielungen auf das große Original.

Note: 3+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se