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Mudbound

1941, im Süden der USA: Henry McAllan (Jason Clarke) träumte schon immer von einer eigenen Farm und scheint diesem Wunsch aufgrund eines Handels sehr nah. Doch dieser Deal stellt sich als Betrug heraus, weswegen Henry und seine Frau Laura (Carey Mulligan) in einem kleineren Haus leben und sich das Land mit der schwarzen Familie Jackson teilen müssen. Besonders für Henrys grantigen Vater Pappy (Jonathan Banks) stellt dies einen Grund zur Aufregung dar und die Jacksons leiden arg unter dessen stetigen verbalen Attacken. Als Laura der Familie Arbeit auf ihrem Grundstück anbietet riechen Florence Jackson (Mary J. Blige) und ihr Mann Hap (Rob Morgan) die Chance auf mehr Geld, um dem armen Leben zu entfliehen. Dafür müssen sie sich jedoch gegen den alltäglichen Rassismus ihrer Arbeitgeber wehren...

Im Jahr 2017, kurz nach dem Antritt von Donald Trump ins Weiße Haus, brauchte es Filme wie "Mudbound" immer dringender. Filme, die eine klare Botschaft vermitteln und die uns auch ein wenig Angst machen. Filme, die eigentlich in vergangenen Zeiten spielen, aber leider immer noch sehr aktuell sind. Und durch Trumps (glücklicherweise nun vergangene) Präsidentschaft wurden diese Themen gar noch aktueller. "Mudbound" findet intensive, oftmals schockierende Bilder für den heimlichen und mal auch grausam offen ausgesprochenen Rassismus im Süden der USA. Die trockenen Landschaftsaufnahmen bebildern auch ohne Worte, dass in diesem Land alles verloren scheint und dass sich die Menschen nur noch in ihren eigenen Gruppen zusammenrotten. Nur wenige überblicken diesen dummen Jähzorn, diese Angst des weißen Mannes vor der schwarzen Bevölkerung, und reichen eine Hand zur Freundschaft. Es sind Augenblicke wie die gemeinsame Fahrt eines weißen Kriegsheimkehrers und eines schwarzen Soldaten, die sich gar in unser Hirn einbrennen. Es könnte alles so einfach sein, doch wenn die lauten Rassisten immer lauter werden, dann können wir dieses Ziel, diesen allgemeinen Frieden, niemals erreichen.
"Mudbound" erreicht in keinster Weise ein neues Level in Sachen Filmqualität bei diesem Thema. Das dürfte auch daran liegen, dass es in den letzten Jahren sehr viele sehr starke Beiträge gab... und auch dieser Film erhielt zum Lohn seiner Bemühungen noch vier Oscarnominierungen, auch wenn es in keiner Kategorie für einen Sieg reichte. Gerade die Kameraführung, die uns einige der schockierendsten, aber auch der schönsten Bilder dieses Genres ermöglicht, hätte die Goldstatue jedoch mehr als verdient. Darüber hinaus entzieht sich "Mudbound" weitestgehend einer gewohnten Dramaturgie, indem er seine zahlreichen Figuren immer wieder aufeinandertreffen lässt und eine langsame, betuliche Erzählung favorisiert. Der Film brodelt eher und ist in dieser Hinsicht ungemein bewegend - die angedeutete und letztendlich brutale Eskalation kommt dabei aber beinahe etwas zu schnell, auch da sich das Werk aufgrund der Anfangsszene, welche einen Teil der Geschichte bereits vorwegnimmt, eine gewisse Spannung verbaut. Rein atmosphärisch ist "Mudbound" in seinen ruhigen Szenen, in seiner ungemein realistischen Familienstimmung aber durchaus ein Brett, welches sich durch kluge Dialoge und starkes Spiel auszeichnet.
Für den Popstar Mary J. Blige gab es gar eine Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin. Blige agiert dementsprechend fantastisch, auch wenn sie eigentlich nicht mehr oder weniger hervorsticht als der Rest der erstklassigen Besetzung. "Shame"-Star Carey Mulligan verleiht ihrer Laura McAllan Kraft und Würde, Rob Morgan seinem Hap Jackson eine einnehmende und ausstrahlende Ruhe. Und auch Garrett Hedlund hat mit einer der besten Geschichten des ganzen Films diesmal eine echte Ausnahmeperformance in seiner Vita stehen, die noch sehr lange nachwirkt. Den größten Schrecken verbreitet indes "Breaking Bad"-Star Jonathan Banks, der im Kern zwar die simpelste, weil hassenswerteste Figur ist, die darüber hinaus nur wenig Tiefe erhält. Wie Banks aber mit allem Hass und all dieser abgründigen Abscheulichkeit agiert, das ist einfach nur ganz großes Schauspielkino. Banks stellt dabei auch Jason Clarke in den Schatten, der als einziger ein kleines bisschen zurückbleibt, da seine Figur im weitesten Sinne eher formelhaft angelegt ist und beinahe wie ein Spielball zwischen den Konflikten seiner Mitmenschen geschossen wird.

Fazit: "Mudbound" ist ein intensives Drama aus vergangenen Zeiten, die heute tragischerweise immer aktueller werden. In einer ruhigen und deswegen so brodelnden Erzählung treffen zwei Familien und mehrere Menschen aufeinander, vor dem Hintergrund eines Krieges und mit Hass und Abneigung im Herzen. Das ist manchmal sehr sperrig, aber durchaus intensiv.

Note: 3+





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