Seit Monaten bangen Ray Cooper (Jason Momoa) und seine Tochter Rachel (Isabela Merced) um das Leben von Rays Ehefrau und Isabelas Mutter Amanda (Adria Arjona), welche mit Krebs im Endstadium im Krankenhaus liegt. Das angekündigte Medikament "Sparrow" scheint sogar kurzzeitig eine Hoffnung zu sein, doch wird dieses von der Pharmafirma kurz vor dem endgültigen Go ohne jede Begründung vom Markt weggekauft. Nach Amandas Tod ist Ray von Rache zerfressen und sucht nach den Hintermännern dieses Komplotts, allen voran CEO Simon Keeley (Justin Bartha). Dabei scheint er jedoch zu tief zu graben, denn schon bald wird auch Ray gejagt. Der Kampfsportler ahnt, dass er in ein Bienennest gestochen hat, welches für ihn zu einer Gefahr wird, aber auch seinen Rachewunsch erfüllen könnte...
"Sweet Girl", der diesjährige große Originalfilm auf Netflix, erfüllt im Grunde alle Standards für eine Direkt-to-DVD-Veröffentlichung... und seien wir mal ehrlich: Es gibt rühmliche Ausnahmen, aber im Grunde erfüllt Netflix diesen Standard ja auch irgendwie, denn viele der Originalfilme hätte man sich auf einer großen Leinwand zurecht nicht wirklich vorstellen kann. Bei "Sweet Girl" beginnt dies mit einer Geschichte, die auf dem Papier noch einigermaßen spannend klingt und auch einige Gegenspieler auffährt, die so richtig schön hassenswert sind, inklusive der geldgierigen Pharmaindustrie, die für weitere Millionen in der eigenen Tasche eben auch unschuldige Menschen sterben lässt. Es würde im Grunde nicht schwerfallen, mit Ray und Rachel mitzufiebern und ihre Rachegedanken zu verstehen. Allerdings werden bereits die emotionalen Momente der ersten Minuten inszenatorisch reichlich bieder dargeboten und der schmalzige Soundtrack von "Herz aus Stahl"-Komponist Steven Price wird darüber hinaus so laut eingespielt, dass sich kein echtes Mitgefühl einstellen will.
Bei dem Story-Wirrwarr, der daraufhin folgt, kommt ebenfalls keine Spannung auf. Was die finsteren Hintermänner da eigentlich planen, ist im Grunde simpel, wird aber so umständlich aufgefasert, dass es einem alsbald wieder egal ist. Wer da wen warum austricksen, töten oder bloßstellen will, spielt eigentlich keine Rolle, da Rays Racheplan ohnehin über allem steht und es auch nicht gelingt, den weiteren Nebencharakteren in irgendeiner Form Tiefe zu verleihen. Dementsprechend bleiben Rays Gegenspieler hier ebenso blass wie die FBI-Agenten, die ihn jagen - denn die treten so oft in diverse Fettnäpfchen und lassen sich so leicht an der Nase herumführen, dass man die eh nicht ernstnehmen kann. Ähnlich flau wird die Action inszeniert, was noch trauriger ist, denn eigentlich hatte man mit den Hauptdarstellern durchaus fähige Sportasse zur Hand. Dass Jason Momoa dabei trainiert und wuchtig austeilt, ist zwar zu erahnen, allerdings werden die zentralen Actionszenen auch erneut so verwirrend zerschnitten, dass man alsbald nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Jede Wucht geht dabei flöten und kann schlichtweg keine Intensität entwickeln. Im letzten Drittel wartet dann noch ein zentraler Twist, den man so zwar tatsächlich nicht kommen sieht und der an und für sich auch recht rund geschrieben ist, welcher sowohl den Film als auch dessen Handlung aber nicht signifikant ändert oder gar verbessert. Es bleibt also zu vermuten, dass dieser Twist alleine aufgrund seiner Überraschung überhaupt im Film drin ist... denn über den werden die Leute daraufhin wohl am meisten sprechen.
Funktionieren tut in "Sweet Girl" dann letztendlich nur die Besetzung von Jason Momoa, denn der kann durch seinen rustikalen, glaubwürdigen Charme eben auch Bauchlandungen wie diesem Film noch seinen Stempel aufdrücken. Der "Aquaman"-Star agiert sensibel und getrieben und hat allein physisch bereits eine ungemeine Ausstrahlung, die einen immer wieder in den Film zieht. Neben ihm macht Isabela Merced ihre Sache durchweg gut, auch wenn die filmische Beziehung zwischen Ray und Rachel hier eher skurille Züge annimmt - ein weiterer Punkt, an welchem das Drehbuch ordentlich versagt. Dafür können aber weder Momoa noch Merced etwas, die sich hier redlich mühen, ihren ansonsten eher banal geschriebenen Charakteren eine gewisse Würze zu verleihen. Der Rest der Besetzung agiert eher als Staffage und kann sich eigentlich nie über den Platz eines Stichwortgebers hinaus freispielen. Allenfalls könnte man hier noch "Hangover"-Star Justin Bartha ein Lob aussprechen, der in seinen wenigen Szenen wunderbar hassenswert agiert. Wenn sein widerlicher CEO Keeley auf einer Spendengala vergisst, für welche Kinder er hier eigentlich sammelt, dann ist das ein recht cleverer und ebenso wirkungsvoller Kniff, um hier einen wirklich fiesen Gesellen zu erschaffen, den man einfach nur hassen will. Leider wird aus Barthas Charakter anschließend aber im Grunde gar nichts mehr gemacht - sehr schade.
Fazit: "Sweet Girl" ist eine weitere Netflix-Gurke, die an einer unglaubwürdigen Geschichte, die sich offensichtlich nur auf seinen zentralen Twist zubewegt, und an zerschnittener, unspektakulärer Action krankt. Jason Momoa und Isabela Merced machen aus ihren vom Drehbuch völlig zerschossenen Rollen noch das Beste.
Note: 4
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