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Hübsch, gewieft, altbekannt: Filmkritik zu "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (2021)"

Der reiche Marquis Louis de Venosta (David Kross) steht an einem Scheideweg: Er ist unsterblich verliebt in die schöne Zaza (Liv Lisa Fries), doch würde sein Vater eine solche Heirat nie erlauben. Deswegen muss er sich für die Liebe seines Lebens oder für das Geld entscheiden, obwohl ihm alleine die Aussicht auf Armut eine große Angst einjagt. Auf dem Höhepunkt seiner Entscheidungsfindung trifft er in einer Bar auf den Hotelboy Armand (Jannis Niewöhner), der jedoch in Wahrheit ein gewiefter Trickbetrüger namens Felix Krull ist und selbst eine Beziehung zur mysteriösen Zaza führt. In einem langen Gespräch, während welchem Krull dem unwissenden Venosta seine Lebensgeschichte darlegt, droht der reiche Mann, dem Betrüger ins Netz zu gehen...

Dies ist eine deutsche Großproduktion, die sich wahrlich nicht hat lumpen lassen. Trotz all der Hindernisse, welche die Corona-Pandemie erschaffen hat und die "Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" überwinden musste (wie so ziemlich alle filmischen Produktionen, die zu Beginn des Jahres 2020 in den Dreh gingen), hat man hier den größtmöglichen Aufwand gewagt, um die klassische Geschichte von Thomas Mann prunkvoll auf die Leinwand zu hieven. Das Team rund um Regisseur Detlev Buck hat offensichtlich keine Mühen gescheut - der Film sieht durchweg großartig aus und in den wunderschönen Aufnahmen der prunkvollen Hotels, Zimmer und Bars kann man sich durchweg verlieren. Detaillierte Kostüme und Setbauten sowie ein verspielter Soundtrack und ein cleveres Händchen beim Schnitt sorgen dafür, dass der Film rein optisch eine der schönsten und beeindruckendsten deutschen Produktionen der letzten Zeit ist. 
Darüber hinaus kann Buck der klassischen und allerorts bekannten Geschichte auch ein paar frische Neuerungen abluchsen, verliert jedoch im Mittelteil sehr deutlich an Schwung. So wunderbar gewählt das Gespräch zwischen Venosta und Krull auch ist, um einen Rahmen um die Hauptgeschichte zu zwängen, so sehr verliebt war Buck offensichtlich auch in all die kleinen Einzelheiten, die sich rund um Krulls Abenteuer und Lehren in einem piekfeinen Hotel abspielten. Hier und da hätten einige Kürzungen, die sich vor allem auf Krulls lange Liebschaften mit diversen Frauen beziehen, durchaus gut getan. Anderenfalls holt man dafür gegen Ende noch einiges heraus und der zuvor sehr sorgsam aufgebaute Handlungsaufbau kann später mit einigen dramatischen Wendungen noch für sich stehen. Das letzte Drittel, in welchem der Film dann deutlich den Ton zu einem menschlichen Drama wechselt, wobei er vorher noch sehr leichtfüßig unterwegs war, fällt im direkten Vergleich dann auch noch mal ein wenig ab, was aber sicherlich Geschmackssache ist.
Nichts auszusetzen gibt es an der Besetzung, bei der man zwar weitestgehend auf Nummer sicher ging und mit David Kross, Jannis Niewöhner und Liv Lisa Fries große Namen verpflichtete, bei denen man davon ausgehen kann, dass diese schon überzeugen werden... die dann aber auch so spiel- und auch experimentierfreudig abliefern, dass man sich keine anderen Gesichter für diese prägnanten Rollen vorstellen kann. Niewöhner ist als schelmischer Betrüger, der das Herz aber ebenso am rechten Fleck hat und trotz seiner fiesen Tricks niemals gewisse Grenzen überschreitet, schlichtweg einnehmend und kann durch viel eloquenten Charme, aber auch eine glaubwürdige Traurigkeit überzeugen. Ihm gegenüber muss "Ballon"-Star David Kross über weiteste Strecken deutlich mehr chargieren, tut das aber mit einer Spielfreude, dass ich ihm förmlich an den Lippen hing... sobald ich mich an dieses Spiel denn gewöhnt hatte. Und auch Liv Lisa Fries holt aus der eigentlich undankbarsten der drei zentralen Rollen noch sehr viel Charme und Gewitztheit heraus, unter deren Oberfläche es merkbar brodelt. Zudem hat man noch einige sehr talentierte Nebendarsteller*innen auftreiben können, welche die bunten und auch düsteren Seiten des Hotellebens spannend, wenn auch oftmals etwas zu klischeehaft, porträtieren können.

Fazit: Mit prunkvollem Aufwand und charmanten Stars in den Hauptrollen weiß die Neuverfilmung des Thomas-Mann-Romans über weite Strecken zu unterhalten und auch zu bewegen. Das geht jedoch nur Hand in Hand mit deutlichen Längen und einem letzten Drittel, welches im direkten Vergleich stark abfällt.

Note: 3



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