Durch einen reinen Zufall lernt die aus ärmlicheren Verhältnissen stammende Patrizia Reggiani (Lady Gaga) auf einer Party Maurizio Gucci (Adam Driver), Teil der legendären und reichen Gucci-Familie, kennen. Maurizio verliebt sich nach anfänglichem Hadern in Patrizia und setzt sich dabei sogar gegen seinen strengen Vater Rodolfo (Jeremy Irons) durch, welcher in der jungen Frau eine Schlange sieht, die sich in die Familie einnisten will. Wie recht Rodolfo mit seinen anfänglichen Zweifeln haben soll, erkennt Maurizio erst Jahre später, nachdem Patrizia bereits Onkel Aldo (Al Pacino) umgarnt hat. Mit aller Macht versucht Patrizia, den Reichtum und den Ruhm der Gucci-Familie an sich zu reißen und löst dabei heikle Vorfälle aus, welche das gesamte Unternehmen gefährden und all ihre Mitglieder gegeneinander aufbringen...
Ridley Scott dreht selbst mit achtzig Jahren noch wie ein Besessener: Sein Film über die wahre Geschichte der kriminellen Hintergründe der Gucci-Familie kam nur wenige Monate nach seinem Historien-Epos "The Last Duel" in die Kinos. Der geplante Oscarstreich ging jedoch nicht wirklich auf, da die Kritiker von dem Werk enttäuscht waren und der Film an den Kassen ordentlich versandete. Tatsächlich steckt in "House of Gucci" nun alles drin, was man von einem Film von Ridley Scott erwarten darf, vor allem auf optischer Ebene: Scott's visueller Stil ist über jeden Zweifel erhaben, das Werk sieht in jeder Szene fantastisch aus und das grandiose Kostüm- und MakeUp-Design sorgt für wahre Augenöffner. Solcherlei hilft sogar über das manchmal recht schleppende Tempo hinweg, da Scott seine Dramaturgie nicht immer im Griff hat. So amüsant es auch sein mag, den einzelnen Familienmitgliedern dabei zuzusehen, wie sie ihre Fallstricke auswerfen, um sich dann selbst in ihnen zu verheddern - auf Dauer findet Scott leider keinen richtigen Tonfall und macht seinen "House of Gucci" viel eher zu einer Aneinanderreihung von Dramen und schrägen Szenen als zu einem runden Ganzen.
Dabei scheint er sich nicht recht entschieden haben zu können, was für einen Film er denn nun aus der Geschichte zaubern möchte. Es ist zu weiten Teilen ein energetisches Familiendrama, welches aber zu rasch eskaliert und nicht genug in die Tiefe geht. Zu anderen Teilen ist es eine teils absurde Komödie mit einigen herrlichen Dialogen, die sich alsbald jedoch im Kreis drehen und gerade im Comedy-Bereich mehr als einmal die Grenze der Albernheit übertreten. Und dann ist es auch noch ein Thriller, der jedoch ziemlich langsam abläuft und gerade die besonderen, kriminellen Vorfälle innerhalb der Familie ziemlich soft darstellt. Aufgrund Scotts grandioser Inszenierung langweilt man sich zwar nie ernsthaft, doch taucht er auch niemals so tief in die Charaktere ab, wie es nötig gewesen wäre, um die Zuschauer*innen wirklich an diese zu binden. Dabei springt Scott auch ziemlich rasch voran, überspringt mehrere Jahre (in denen die Figuren kaum altern) und spart somit allerlei Details aus. So wirklich ausgewogen wirkt die Geschichte, obwohl sie rund 150 Minuten zur Entfaltung hat, nicht - einige Stellen hätte man kürzen können, um wiederum andere ein wenig näher auszuführen. So wirkt "House of Gucci" auch in seiner Dramaturgie so unentschlossen wie das Drehbuch, welches immer wieder einen arg soapigen Stil markiert.
Der ist womöglich auch so gewollt, denn am Ende sollen wir uns über diese Charaktere, über den Schein ihres Ruhms und ihre hassenswerten Attitüden auch amüsieren. Trotzdem hätte man das auch durchaus ein wenig leiser und cleverer erzählen können, auch wenn Scotts Hang zu wunderbaren Dialogen immer wieder gegeben ist. Jared Leto, der für seine Darstellung als kindlicher Onkel mit der Goldenen Himbeere als schlechtester Nebendarsteller ausgezeichnet wurde, schießt dabei absolut den Vogel ab und scheint sich in einer schlechten Sitcom zu wähnen. Man fragt sich ernsthaft, wer Leto immer noch in mal mehr, mal weniger ernstzunehmenden Großproduktionen besetzt, wo dieser nach seinem Oscargewinn für das Drama "Dallas Buyers Club" im Grunde nur noch so maßlos überzogen agiert als würde er diese Filme eigenständig torpedieren wollen. Neben Leto macht die restliche Besetzung aber fast durchgehend Spaß: Adam Driver kann durch seine zurückhaltende Performance das Werk immer wieder auf den Boden zurückholen, während "A Star is Born"-Star Lady Gaga ihm gegenüber mächtig Feuer gibt. Und auch Al Pacino gibt eine wunderbar schrullige, aber niemals unfreiwillig komische Performance als ebenso liebenswertes wie verschlagenes Familienoberhaupt. Etwas mehr gesehen hätte ich gerne von Jeremy Irons und Salma Hayek, die zwar beide absolut fantastisch agieren, aber insgesamt dennoch zu wenig zu tun bekommen, um einen noch größeren Eindruck zu hinterlassen.
Fazit: Aufgrund dramaturgischer Schwächen und deutlicher Krankheiten bezüglich der letztendlichen Richtung des Films dümpelt "House of Gucci" lange unentschlossen zwischen schriller Satire und knallendem Familiendrama vor sich hin. Die grandiose Inszenierung und der starke Cast, mit einer großen Ausnahme, entschädigen jedoch für einige Längen.
Note: 3
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