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Wen soll ich hier jetzt mögen?: Filmkritik zu "Plötzlich Papa"

Das von Partys und Yachten überfüllte Single-Leben von Samuel (Omar Sy) erhält einen jähen Dämpfer, als plötzlich seine ehemalige Affäre Kristin (Clemence Poesy) vor ihm steht... und ihm mit wenigen Worten ein Baby in die Hand drückt, um dann wieder zurück nach London zu verschwinden. Samuel unternimmt einen Versuch, die Mutter des Kindes in London zu finden, was ihn letztendlich seinen Job in Frankreich kostet. Letztendlich entscheidet er sich jedoch dazu, in England neu anzufangen und das Kind, welches offensichtlich seines ist, großzuziehen. Nach acht Jahren sind Gloria (Gloria Colston) und Samuel ein eingespieltes Team. Allerdings muss Samuel auch befürchten, dass die Lügen, die er rund um Glorias Mutter aufgebaut hat, um seiner Tochter die schwere Wahrheit zu ersparen, alsbald ans Licht kommen könnten...

In der ersten Dreiviertelstunde ist der Film so ziemlich genau das, was man sich von einer französischen Komödie mit dem Megastar Omar Sy in der Hauptrolle erwartet - denn auch wenn "Plötzlich Papa" nicht in solch astronomische Hit-Sphären wie "Ziemlich beste Freunde" vordrang, atmet der Film von Hugo Gelin zumindest ansatzweise die Luft dieser bezaubernden Komödie. Aber nicht so charmant und leichtfüßig wie das große Vorbild, denn obwohl Omar Sy dem Film eine erwartungsgemäß energetische Note gibt und sowohl in den herzlichen Comedy-Nummern als auch in den dramatischen Tiefschlägen eine wahnsinnige Präsenz besitzt, kommt "Plötzlich Papa" nie richtig in Schwung. So richtig bei Laune hält einen dabei nur die funktionierende Chemie zwischen Sy und seiner Filmtochter Gloria Colston, die mit Herz und Witz agiert und dabei ebenso wie ihr wesentlich älterer und erfahrenerer Co-Star eine beeindruckende Ausstrahlung besitzt. Die beiden sorgen dafür, dass einen die etwas überladene erste Hälfte dennoch solide unterhält.
Sobald der Film jedoch deutlich in die Drama-Ecke kippt, erleidet "Plötzlich Papa" deutlichen Schiffbruch. Schon zuvor machte der Film viel zu viele Fässer auf, um auch nur ansatzweise leichtfüßig zu bleiben, doch später scheint er sich nur noch am kleinen Einmaleins des Drama-Kinos entlangzuhangeln. Da spielt es dann im Grunde auch keine Rolle mehr, ob das alles denn nun nachvollziehbar und sinnig erzählt ist, solange man wirklich jedes menschliche Drama noch mitnehmen kann - da geht es dann um Sorgerechtsstreite, Vatertests, Lügen, Enttäuschungen, Krankheiten und den Sinn des eigenen Lebens. Das ist schon wahnsinnig viel für einen nicht mal zweistündigen Film und dementsprechend wirkt das Ganze auch wahnsinnig gewollt. Keiner der Plots kann so richtig atmen, da die Macher am liebsten gleich doppelt und dreifach Tränen wachrufen wollen... dass das Ganze aber so manipulativ und offensichtlich versucht wird, erstickt solcherlei Emotionen praktisch im Keim. 
Wenig hilfreich ist dabei auch, dass es keine Figur gibt, an welcher sich die Zuschauer*innen so richtig festklammern können. Denn auch wenn Sy's Performance gnadenlos gut ist, lässt sich nicht wegargumentieren, dass sein Charakter über weite Strecken ein ziemlich egomanischer und auch verantwortungsloser Kerl ist, der letztendlich viel zu wenig aus seinen Fehlern lernen will. Und die Rolle von "Harry Potter"-Star Clemence Poesy funktioniert selbstverständlich genauso wenig oder noch weniger als Sympathieträgerin, weswegen man letztendlich in der undankbaren Position sitzt, keiner Partei wirklich die Daumen drücken zu können oder zu wollen. Die behäbige Inszenierung, die weder ein sinniges Timing besitzt noch die einzelnen Szenen ansprechend verbindet, tut ihr Übriges dazu, dass einem das Geschehen irgendwann herzlich egal ist... gerade weil die Macher mit Biegen und Brechen und zahllosen wirren Plotkonstruktionen versuchen, uns emotional an die Figuren zu connecten. Das wirkt dann bald nur noch wie ein naives Märchen, aber ohne echten Charme und ohne erinnerungswürdige Momente und ist dementsprechend eine ziemliche Pleite.

Fazit: Trotz einer herrlichen Performance von Omar Sy ist das Drehbuch viel zu gewollt damit beschäftigt, die überzeichneten Dramaelemente mit wahnsinnig konstruierten Plotelementen hochzuziehen, was gelinde gesagt anstrengend und am Ende gar nervig wirkt.

Note: 4



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