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Erst originell, dann erwartbar: Filmkritik zu "Zum Ausziehen verführt"

Mit fünfunddreißig Jahren wohnt der charmante, aber auch durchaus faule Bootsmakler Tripp (Matthew McConaughey) immer noch zuhause und liegt seinen Eltern Al (Terry Bradshaw) und Sue (Kathy Bates) fortlaufend auf der Tasche. Um ihren erwachsenen Sohn endlich aus dem Haus zu bekommen, heuern Al und Sue die wunderschöne Paula (Sarah Jessica Parker) an. Diese soll nicht nur Tripps Herz erobern, sondern ihn auch clever in die Selbstständigkeit und schließlich zu einem Auszug führen. Problematisch nur, dass dieser rein professionelle Job schon bald zu einer Herzensangelegenheit für Paula wird, da sie beginnt, echte Gefühle für den Draufgänger Tripp zu entwickeln...

Diese Ausgangslage steht auf reiner Plotebene schon von Beginn an auf wackligen Beinen. Denn wie Paula aus dem egozentrischen Tripp nun eigentlich einen selbstständigen Mann machen will, der sich eine eigene Bude sucht, obwohl sie selbst vorerst ja gar keine Beziehung mit ihm eingehen will, da alles nur eine professionelle Täuschung sein soll... das erschließt sich nicht so wirklich. Aber zu solch großen Problemen kommt es ja prinzipiell gar nicht erst, da sich die resolute Paula selbstverständlich in den attraktiven Charmeur verknallt und es daher zu ganz anderen Komplikationen kommt, die vornehmlich emotionaler Natur sind. Das ist als Ausgangslage für eine typische Romantic Comedy erst mal vergleichsweise originell, rudert aber schon bald in die typischen Gewässer des Genres. Und da zwischen McConaughy und Parker in den Hauptrollen keine wirklichen Funken fliegen, ist der romantische Teil dieses Films nicht nur zunehmend absurd, sondern auch irgendwie kühl.
Aber normalerweise wird der Schwung in Filmen wie diesen ja vornehmlich durch die witzigen Nebenfiguren (genre-galant also die besten Freunde der Hauptfiguren) sowie durch gut getimten Slapstick eingebracht, um von den doch eher trockenen Hauptattraktionen abzulenken. Und ja, natürlich hat "Zum Ausziehen verführt" beides, wobei jedoch nur einer der vielen Sidekicks tatsächlich echten Witz und somit auch Feuer entwickeln kann. Dass es sich dabei um Paulas beste Freundin handelt, die von "500 Days of Summer"-Star Zooey Deschanel wunderbar trockenhumorig angelegt wird, ist keine echte Überraschung, aber zumindest ein lockerer Gewinn. Bradley Cooper und Justin Bartha, die drei Jahre später mit "Hangover" für einen echten Mega-Hit, der ihrer beider Karrieren ordentlich ankurbelte, zusammenarbeiten sollten, sind als Tripps tumbe Freunde, die sich ständig auf die Schnauze legen oder in absurde Situationen hineingezogen werden, hingegen höchstens durchschnittlich lustig. Im direkten Gegensatz verbreiten Terry Bradshaw und "The Blind Side"-Star Kathy Bates als Tripps Eltern durchaus echte Comedy-Stimmung, zeigen jedoch auch auf, dass dieser Film viel zu gut besetzt ist für das, was er am Ende daraus macht - beide werden nämlich viel zu selten wirklich so von der Leine gelassen wie es angemessen gewesen wäre.
Auf eine ähnliche Art und Weise funktioniert der Humor, der oftmals aus einer unerwarteten Ecke kommt, dabei in solch absurd-alberner Weise zu selten das Zwerchfell trifft. Viele Gags bestehen aus dem typischen Einerlei der Romantic-Comedy und gereichen dahingehend von harmlos bis hin zu nettem Wortwitz. Immer wieder finden sich aber auch vollkommen stupide, veralberte Witzchen, die man so eher in einem Disney-Film jenseits der Realität verankern würde. Ständig beißen Tiere irgendwelche Menschen oder (was ebenso absurd ist wie es hier klingen wird) sie lachen diese Menschen sogar aus, wenn diese sich wehtun. Das hat dann schon einen ziemlich skurillen Beigeschmack in einer ansonsten sehr realen und wenig aufsehenerregenden Komödie, sodass man sich fragt, was dieser Kram eigentlich soll. Auch die humoristisch angehauchten Nebenplots rund um die Jagd nach einem Vogel wirken eher so, als wären sie eigentlich für einen gänzlich anderen Film gemacht worden und hätten sich nun versehentlich in diesen verirrt - tonal passend kommt das Ganze jedenfalls nicht zusammen.

Fazit: Weitestgehend fährt diese RomCom auf den erwartbaren Schienen des Genres und ist dabei streckenweise unterhaltsam, aber auch ziemlich zahnlos. Vollkommen schräge Comedy-Szenen aus dem Nichts sowie einige langwierige Passagen sorgen aber dafür, dass man nicht so viel Spaß mit dem Film hat wie man ihn bei einer weiteren Überarbeitung des Skripts hätte haben können.

Note: 4+



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