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Prey (2022)

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hat die junge Komantschin Naru (Amber Midthunder) schwer damit zu ringen, als Jägerin in ihrem Stamm ernstgenommen zu werden. Tatsächlich sind es ausschließlich die Männer, die sich auf der Suche nach Nahrung oder sicheren Lagergründen in Gefahr begeben, während die Frauen eigentlich die Zelte hüten sollen. Als in den Wäldern jedoch eine seltsame Kreatur auftaucht, welche die Nahrungskette innerhalb kürzester Zeit umzukrempeln scheint, ist es ausgerechnet Naru, die den Kampf gegen den neuen Jäger aufnehmen will - um sich zu beweisen, aber auch um ihren ungläubigen Stamm zu beschützen. Doch diese Kreatur ist nicht von dieser Welt, weswegen Naru schnell lernen und sich neue Fähigkeiten aneignen muss, um diesen Kampf womöglich zu bestehen...

An der Marketing-Strategie für den neuesten "Predator"-Film sieht man, wie wenig Vertrauen Disney noch in das Franchise hat, nachdem vor vier Jahren der vierte, reguläre Teil der Reihe an den Kinokassen und auch bei den Fans ordentlich floppte. Der Titel lässt schon gar nicht mehr erahnen, dass es hier überhaupt um einen "Predator"-Streifen geht und einen Kinostart verwehrte man dem neuen Teil ebenfalls - stattdessen startete "Prey" direkt bei Disney Plus, wurde dort dann aber wiederum als ordentliches Original-Highlight beworben. Und tatsächlich sah dieser neue Ansatz, den man gemeinsam mit "10 Cloverfield Lane"-Regisseur Dan Trachtenberg wagte, sehr vielversprechend aus. Eine Reise über mehrere hundert Jahre zurück in die Vergangenheit, ein ganz neues Setting und somit auch ein frischer Überlebenskampf. Und eben dieses Setting ist es, was einer der wenigen Vorzüge des Films ist, der sich ansonsten sehr simpel auf den altbekannten Manirismen ausruht, die man bereits mehr als genug aus der Reihe kennt.
Trachtenberg gelingen dabei einige sehr wuchtige Szenen, die den Kampf des Menschen gegen die Natur aufzeigen und auch visuell ist "Prey" ein starkes Stück. Die Actionszenen haben richtig Schwung und sind angemessen rau geraten, doch auch die Landschaftsaufnahmen wirken wahnsinnig schön - einige Bilder sind gar so wundervoll, dass sie wie ein Gemälde aussehen, welches man sich nur zu gern an die eigene Wand hängen möchte. Leider macht man vor allem handlungstechnisch viel zu wenig aus einem solch unverbrauchten Setting: Nach einer recht zähen, ersten halben Stunde, in welcher wir die neue Hauptfigur kennenlernen sollen, obwohl der Film kaum etwas über sie zu erzählen hat, wandelt sich "Prey" in eine recht schlichte Kopie des ersten "Predator"-Streifens, dem dabei gar noch der maskuline Trash-Faktor und auch der Suspense des Originals abhanden kommt. Das liegt vor allem an der äußerst banalen Charakterzeichnung, die vor allem die Nebenfiguren, aber auch die Protagonistin betrifft. Denn um möglichst politisch korrekt zu sein, hat man sich nicht nur für eine weibliche Heldin entschieden (was sehr willkommen ist), sondern auch alle anderen Figuren um sie herum zu absoluten Volldeppen verdammt.
Dass es keine Armada von stumpfen oder schlichtweg nur bösen, männlichen Figuren braucht, um im Kontrast eine starke Frauenfigur zu erschaffen, hat die "Alien"-Reihe schon vor über vierzig Jahren bewiesen. Denn damals konnte Sigourney Weaver dem fiesen Monster ordentlich eins vor die Zwölf geben, obwohl um sie herum noch weitere, interessante Figuren existierten. Dass eine nun völlig anders durchgezogene Rechnung bei "Prey" nicht aufgeht, liegt auf der Hand, denn da alle Figuren mit Ausnahme von Naru absolut unterentwickelte Unsympathen sind, fehlt es nicht nur an nötiger Interaktion zwischen den menschlichen Figuren. Es ist uns zudem auch völlig egal, was mit den restlichen Charakteren passiert, da wir sie weder kennenlernen noch irgendwie mögen oder hassen. Sie sind eben einfach da, was das blutige Geschnetzel des Predators letztendlich, da sich alle Figuren vollkommen stumpf aufführen, zu einer beinahe clownesken Angelegenheit macht. Spannung mag dabei jedenfalls keine aufkommen und auch die Heldin der Geschichte wirkt dann, obwohl man so viel Zeit mit ihr verbringt, maßlos unterentwickelt. Im Grunde sind die einzigen Eigenschaften von Naru, dass sie gerne eine Jägerin sein möchte und sich daher beweisen muss... was selbst für einen geradlinigen Horrorstreifen wie diesen extrem dünn ist, wenn es um sie herum nicht noch weitere Figuren gibt, die eine Entwicklung durchmachen dürfen.
Dass diese Aneinanderreihung von Entscheidungen nicht wirklich aufgeht, hätte eigentlich schon früher erkannt werden müssen: Eine Heldin, die abgesehen von ihrem eigenen Kampf im Grunde keinerlei Charakterisierung besitzt, alleine auf weiter Flur, während alle anderen Figuren nur noch Kanonenfeuer sind, reicht nun mal nicht für einen abendfüllenden Film. Dementsprechend dauert es trotz der sauberen Inszenierung und der energetischen Performance von Amber Midthunder nicht lange, bis einen das Geschehen auf dem heimischen Bildschirm anzuöden beginnt. Da wirken die spielerischen Tricks, die der monströse Gegenspieler immer wieder aus dem Ärmel zaubert, um seine Opfer zu zerschnetzeln, wie ein paar bemühte Versuche, um noch ein paar Überraschungen zu kreieren... und seien sie hier nur visueller Natur. Für die mögliche Zukunft der Reihe bietet die Idee, zu anderen Orten und Zeiten in der Weltgeschichte zu düsen, um dort die Ankunft eines Predators zu erzählen, aber immerhin noch genügend Chancen. Vielleicht verschlägt es uns demnächst also ins finstere Mittelalter, in einen Weltkrieg oder gar in die Steinzeit? Vermengt man solcherlei mit interessanteren Figuren, könnte diese Reihe ihre Frische noch wiedererlangen... es muss dann eben nur deutlich mehr unter der Oberfläche zu finden sein als uns "Prey" zu geben bereit war.

Fazit: An der Oberfläche wirkt "Prey" frisch, unverbraucht und neu, doch darunter verbirgt sich nicht viel mehr als ein reiner Klon des ersten "Predator"-Films. Dieser langweilt uns noch dazu mit einer unterentwickelten Heldin, clownesken Nebenfiguren und den üblichen Standard-Klischees des Genres, sodass die Langeweile schließlich, trotz einer teilweise wuchtigen Inszenierung, deutlich überwiegt.

Note: 4+



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