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Die andere Seite einer Prinzessin: Filmkritik zum oscarnominierten Drama "Spencer"

Im Jahr 1991 reist Prinzessin Diana (Kristen Stewart) an Weihnachten ins Sandringham House in Norfolk, um das Fest dort zusammen mit der königlichen Familie zu verbringen. Damit folgt sie einer der vielen Traditionen der Familie, gegen welche sie aber immer wieder rebelliert. An diesem Weihnachtfest entschließt sie sich, eben diesen Traditionen endgültig zu entsagen. Doch das Gefängnis, welches um die junge Frau herumgebaut wurde und ihre Selbstständigkeit trotz ihrer Macht immer wieder brutal untergräbt, lässt sich nicht so leicht verlassen. Besonders der Tratsch im Hause macht Diana immer wieder zu schaffen, weswegen sie Hilfe bei ihren Kindern sowie ihrer Zofe Maggie (Sally Hawkins) sucht...

"Jackie"-Regisseur Pablo Larrain inszeniert diese bislang unerzählte Geschichte aus dem Leben von Prinzessin Diana als sperriges Werk, welches sich nicht als Mainstream-Biopic versteht, sondern als intimes Drama. Ein Kunstfilm sondergleichen, was man bereits den wohlig ausgesuchten Bildern und dem bisweilen vollkommenen Verzicht auf jegliche direkte Dramaturgie anmerkt. Dabei findet Larrain immer wieder sehr stimmige Bilder und ganze Szenen, um das große Gefängnis, welches sich um die damals berühmteste Frau der Welt gebaut hat, umzusetzen. Eine Tradition nach der nächsten, immer wieder ein neues Dinner, die Jagd nach Vögeln - durch das reine Aufstapeln von Pflichten, die nur aufgrund der Tradition der Familie überhaupt noch erfüllt werden, macht er die Lasten, die auf Diana ruhten, greifbar und erdrückt das Publikum beinahe auch noch.
Dabei wird es auf Dauer aber auch ziemlich repititiv, da "Spencer" im Grunde nur aus einem einzigen Blickwinkel erzählt wird, dem wir auch nicht recht über den Weg trauen wollen. Alle anderen Figuren sind meist wenig mehr als Hintergrundrauschen, während Diana selbst zum Fokus ihres Lebens, ihrer Familie und des ganzen Königshauses werden muss, obwohl sie solcherlei nicht will. Der Film erzählt somit von dem gnadenlosen Kampf, wieder der Mensch zu werden, der man eigentlich ist - mit all den Fehlern und Marotten, mit eigenen Gedanken, mit Provokationen und Vorlieben. Das mag immer dann ein wenig anstrengend werden, wenn Larrain auf Dauer doch den Fokus zu verlieren droht und besonders den Mittelteil nur noch zu einer reinen Abfolge von unabhängigen Geschehnissen inszeniert. Dabei ist der Film durchweg hübsch anzuschauen und bewahrt sich seine Seele vor allem durch eine brillante Casting-Entscheidung, die natürlich auf den Namen Kristen Stewart hört. 
Es ist nicht vorstellbar, dass ein solch sperriger und eigensinniger Film wie "Spencer", trotz seiner feministischen Messages, ein größeres Publikum erreicht hätte, wenn man eben nicht die weltbekannte Stewart für die Hauptrolle gewonnen hätte... und als diese sogar noch für einen Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert wurde und gar als Favoritin für den Preis galt (letztendlich unterlag sie aber dennoch Jessica Chastains wuchtiger Leistung in "The Eyes of Tammy Faye"), war die Ausgangslage fast perfekt. Und Stewarts absolut bravouröse Darstellung ist es auch, die den Film am Boden hält oder ihn in den richtigen Momenten auch abheben lässt. Wer der jungen Frau auch zehn Jahre nach dem Ende der "Twilight"-Saga eine solche Performance nicht zutrauen wollte, da man sie nur noch auf diese elende Vampir-Schmonzette reduziert, hat offensichtlich seitdem keinen ihrer anderen Filme gesehen und dürfte dementsprechend vollends vom Hocker gepustet werden. Was Stewart hier abliefert, ist mutig, extravagant, lebendig, unschön und absolut herzzerreißend, ohne dabei auch nur ansatzweise zu überdrehen. Mal von der überraschenden optischen Ähnlichkeit abgesehen - Stewart verschwindet praktisch hinter Dianas Charakter und belebt diesen Film beinahe im Alleingang.

Fazit: Minutiös durchtaktiertes Drama mit einer kraftvollen Message und einer Hauptdarstellerin, die den ganzen Film perfekt beherrscht. Immer wieder geht der Fokus jedoch in Wiederholungen unter und die Dramaturgie fährt durch einige herbe Schlaglöcher.

Note: 3



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