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Ohne pubertären Blödsinn gehts nicht: Filmkritik zu "Es ist nur eine Phase, Hase"

Nach außen hin geben sie ein glückliches Ehepaar vor, doch im Kern wissen die beiden Mittvierziger Paul (Christoph Maria Herbst) und Emilia (Christiane Paul), dass sie ihr Leben in eine Sackgasse manövriert haben. Die romantischen Funken sind größtenteils verflogen, die grauen Haare sprießen und was geblieben ist, sind Erinnerungen an wildere Zeiten. Als Emilia ihren Mann mit dem wesentlich jüngeren Ruben (Nicola Perot) betrügt, beschließen beide, sich eine Auszeit von der Ehe zu nehmen, um ihre Leben als Singles wieder voll auszukosten. Nach Pauls Auszug aus der gemeinsamen Wohnung merken beide jedoch, dass das gar nicht so einfach und dass es durchaus auch nicht immer schön und befreiend ist, alleine zu sein...

Immer wieder schaue ich mir deutsche Komödien an, in der Hoffnung, dass man sich vom alten Eisen trennt und wirklich mal etwas Neues wagt - ob in Form der Gags, im Storytelling oder in den altbackenen Charakterzeichnungen. Leider bricht auch "Es ist nur eine Phase, Hase" viel zu selten aus den altbekannten Manirismen aus, die wir in Deutschland in Komödien viel zu oft sehen und die dazu führen, dass sich der Film anfühlt als wäre er bereits zwanzig Jahre alt... und nicht erst ein paar Monate. Dementsprechend wird auch hier, wie auf einer großen Bühne von Mario Barth, darüber schwadroniert, warum Männer sich so verhalten und Frauen so und das meistens ohne ironischen Bruch. Auch die Gags gleiten meist in den typischen Fäkalhumor über, den wir schon so oft gesehen haben, dass es mittlerweile nur noch wie ein reines Zitat wirkt. Im Ernst, so analfixiert wie dieser Film herüberkommt, wäre es aber auch ein Wunder gegeben, wenn es nicht auch hier noch eine minutenlange Prostata-Untersuchung gegeben hätte. Til Schweiger würde sich dabei sicherlich den Arsch ablachen, aber ich war nur traurig, dass man sich des Themas der Midlife-Crisis nicht mal von anderen Standpunkten nähert als dem wiederholenden Abgreifen der immer gleichen Fremdscham-Momente.
Diese Fremdscham-Szenen sind dann auch nicht so temporeich ausgeführt, wie es nötig gewesen wäre, um wirklich frechen Humor zu platzieren - wie man es richtig macht, zeigte die Ausnahme-Serie "Stromberg", die ich dafür immer gerne als passendes Beispiel heranziehe. Stattdessen wird hier entweder mit arg müdem und bemühtem Slapstick geschossen oder man weicht die ganze Nummer dann doch wieder in typischen Herzschmerz-Szenarien auf. Da lässt es sich aber auch nicht verleugnen, dass es durchaus ein paar berührende und erstaunlich ehrliche Momente gibt, in denen die Figuren über die wahren Probleme, aber auch die Chancen des Älterwerdends schwadronieren. Das ist dann zwar kitschig und fernab der Realität, hat aber wenigstens Herz und ist so deutlich besser als solch klischeehafte und ärgerliche Abziehbilder wie "Männerhort". Denn die Klischees, die die Charaktere hier darstellen, sind zwar immer noch wahnsinnig überzeichnet (das naive Dummchen, welches sogar ein Selfie nach dem Geschlechtsverkehr und es sogleich mit passenden Hashtags postet), haben in kleinen, feinen Momenten aber auch ein Gespür für schöne Worte.
Wirklich geerdet wird der Film, der ansonsten leider ein pures Klischee und nur halb so frech ist, wie er gern sein würde, von dem Hauptdarsteller-Paar. Christoph Maria Herbst agiert mehr als drollig in der Rolle des mit sich hadernden Ehemannes, der die wilden Zeiten vermisst, aber durchaus auch Ziele für seine alten Tage hat - hier entfernt er sich weiter von seiner Paraderolle als Ekel-Chef Bernd Stromberg und agiert mit dem Herz auf der Zunge. Auch "Die Welle"-Star Christiane Paul weiß als Frau in den besten Jahren, die ihre Jugend wiederentdeckt, mit viel Charme und Spielfreude zu überzeugen. Die restlichen Nebenfiguren agieren aber weitestgehend nur als Stichwortgeber aus dem Alphabet, weswegen sowohl Jürgen Vogel als Pauls möchtegern-cooler Freund mit dem Hang zu jüngeren Frauen als auch die drei gemeinsamen Kinder des Paares als deutliche Kontraste in den eng gestrickten Konventionen ihrer Rollen steckenbleiben. Diverse Gastauftritte von bekannten Gesichtern sorgen ab und an für Spaß, sind aber auch manchmal arg unfreiwillig komisch - so zum Beispiel der Auftritt eines bekannten Musikers, der gegen Ende einen kitschigen Text aufsagen soll, dabei aber auch offenbart, dass er wirklich gar nicht schauspielen kann, weswegen diese eigentlich sehr wichtige Szene vollkommen den Bach runtergeht.

Fazit: Obwohl der Film in vielen Szenen das Herz am rechten Fleck hat und sowohl Herbst als auch Paul durchaus achtenswerte Leistungen aufs Parkett legen, ist das Drehbuch im Kern wieder zu klischeehaft, der Humor zu schwach und die zentralen Aussagen zu einfältig alsdass diese deutsche Komödie unter dem Gros des Genres irgendwie hervorstechen könnte.

Note: 4+



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