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Ein strahlendes Remake: Filmkritik zu Robert Zemeckis' "Pinocchio (2022)"

Nach dem Tod seiner Frau und seines geliebten Sohns ist der Uhrmacher Geppetto (Tom Hanks) ein einsamer Mann, der alleine mit seiner Katze Figaro und seinem Goldfisch Cleo in einem kleinen Haus lebt. Sein größter Wunsch ist es, dass sie von ihm mit viel Liebe geschnitzte Holzpuppe Pinocchio zum Leben erwachen könnte, um das Loch der Einsamkeit in seinem Herzen wieder zu stopfen. Tatsächlich erfüllt die Blaue Fee (Cynthia Erivo) dem alten Mann seinen Wunsch und macht aus Pinocchio ein sprechendes, laufendes Wesen... jedoch keinen echten Jungen, da er noch immer aus Holz ist. Kurz darauf muss Pinocchio die Tücken des Kinderlebens kennenlernen und mit Hilfe seines Gewissens, der aufgeregten Grille Jiminy, lernen, was es heißt, aufrichtig und mutig zu sein. 

Spätestens das vollkommen seelenlose Remake von "Der König der Löwen" aus dem Jahr 2019 bewies, trotz eines enormen finanziellen Erfolges, dass es nicht ausreicht, eine altbekannte Geschichte vollkommen unverändert neu aufzulegen und dabei tricktechnische Wunder als einziges Verkaufsargument darzubringen. Und zu Beginn fürchtete ich tatsächlich, dass Disney nun auch mit seinem Kulthit "Pinocchio" ähnlich verfahren und sich auf einer nur wenig veränderten Version ausruhen würde. Die ersten rund fünfundzwanzig Minuten spielen dabei ausschließlich im kleinen Haus von Geppetto und trotz einiger kleinerer Ausführungen über den Hintergrund des Uhrmachers fühlt sich der Film in diesem recht angestrengt ausgewalzten ersten Akt wie eine schlichte Kopie an. Einzig und allein der großartig aufgelegte Tom Hanks kann zu dieser Zeit über ein einfallsloses Remake hinwegtäuschen, welches ganze Szenen und Einstellungen des Zeichentrickfilms aus dem Jahr 1940 einfach noch einmal abspult, ohne dabei einen großartigen Mehrwert zu liefern.
Doch sobald Pinocchio an seinem ersten Schultag in die weite Welt hinausspaziert und dabei gleich mehrere Abenteuer erlebt, wird der Film spürbar besser und Disney dreht genau an den Schrauben, die man sich zuvor für eine Neuinterpretation gewünscht hat. Die technischen Möglichkeiten, um Strombolis Puppentheater, die Abenteuer rund um den gigantischen Wal Monstro (der ein fabelhaftes, neues Design erhalten hat) und vor allem den Ausflug auf die Vergnünungsinsel darzustellen, werden voll ausgereizt und sorgen für grandiose Bilder, die nicht in einem reinen CGI-Gewitter verenden, sondern Kinetik haben und vor blühender Fantasie nur so sprießen. Dabei wahren die Macher rund um "Der Polarexpress"-Regisseur Robert Zemeckis den Geist des Originals, in dem sie die schmissigen Songs neu auflegen und bekannte Szenen mit neuem Schwung und trotzdem der alten Disney-Atmosphäre entwerfen. Sie besitzen jedoch auch genug Mut, um Neues zu wagen und erreichen dabei einen Spagat zwischen sinniger Neuinterpretation und charmanter Nacherzählung - nicht auf einem Niveau mit "Aladdin", aber trotzdem mit einigen wirklich schönen, faszinierenden Momenten.
Die Neuerungen sind dabei, trotz aller vorheriger Unkenrufe, ziemlich stilvoll und sinnig geraten - das gilt sowohl für den Ausbau der Hintergrundgeschichte von Geppetto als auch für die völlig neue Figur der Puppenspielerin Fabiana. Letztere sorgt dafür, dass der düstere Abschnitt rund um den bösen Stromboli noch eine echte Prise Herz bekommt, die nicht zu aufgesetzt wird und Pinocchio dabei ein paar schöne Lehren aus dem Leben erteilt. Im Gegensatz zum viel zu sanften "Der König der Löwen"-Remake scheut sich Zemeckis' "Pinocchio" auch nicht davor, einige sehr angsteinflößende Szenen des Originals ebenso düster zu inszenieren: So ist die berüchtigte Esel-Szene auf der Vergnügungsinsel immer noch ziemlich drastisch und wird mit einer saftigen Prise Fantasy-Horror gemünzt, die es ganz schön in sich hat. Kritisieren kann man dahingehend, dass all diese Einzelstationen nach ihrem Ende im Grunde keinerlei Rolle mehr spielen und doch ein paar Fässer zu viel aufgemacht werden, ohne dass diese letztendlich auch wieder geschlossen werden. So wirkt "Pinocchio" in seinem realistischeren Ambiente doch eine Spur zu abgehoben und kommt nach einem großen Finale recht schnell zu seinem Schluss. Diesen Kritikpunkt kann man dem Original zwar ebenfalls problemlos vorhalten, doch wäre hier die passende Möglichkeit dagewesen, um eben diesen passend auszumerzen und eine rundere Geschichte ohne viel Stückwerk zu erzählen.

Fazit: In magischen Bildern und fantasievollen, wunderschönen und manchmal beängstigenden Spektakel-Szenarien wird "Pinocchio" eindrucksvoll in die Jetzt-Zeit versetzt. Der Ton stimmt dabei nicht immer und oftmals wirkt der Film ein wenig angestrengt aufgebläht und wie Stückwerk. Der Unterhaltungswert dank sinniger Neuerungen und stilvoller Verbeugungen vor dem Original ist dennoch ungeahnt hoch.

Note: 3+



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