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"Oceans 2" in der Pandemie: Filmkritik zu "Locked Down (2021)"

Eigentlich standen Linda Thurman (Anne Hathaway) und Paxton Riggs (Chiwetel Ejiofor) kurz vor ihrer Trennung, doch dann begann im März 2020 im ganzen Land ein Lockdown, welcher die Menschen quasi in ihrem Zuhause einschloss. Ohne viele Möglichkeiten, sich dauerhaft aus dem Weg zu gehen, verschleppen Linda und Paxton ihre Streitereien und ihre Beziehung, die eigentlich längst beendet sein sollte, verschlechtert sich weiter. Kurz nach Beginn des Lockdowns erfahren beide von ihren jeweiligen Arbeitgebern jedoch von einem wertvollen Diamanten, der zu einem mysteriösen Käufer transportiert werden soll. Linda beschließt, das Juwel zu stehlen und mit dem Geld neu anzufangen... oder könnte der gemeinsame Coup vielleicht sogar die angeschlagene Beziehung retten?

Man merkt, dass die grobe Grundidee des Films höchstwahrscheinlich schon vorher stand und diese dann im Grunde nachträglich durch die Corona-Pandemie verändert wurde. Das erklärt auch die extrem schnelle Produktionsgeschichte, die sich den Einschränkungen durch die Pandemie anpassen musste: Zwischen dem Produktionsbeginn und der Veröffentlichung auf Warners eigenem Streamingdienst HBO Max vergingen nur wenige Monate. Und diese Hatz merkt man "Locked Down" bisweilen ein wenig an - so hätte der finale Coup, obwohl er durchaus spannend ist, noch ein wenig Feinschliff gebrauchen können, um etwaige Logiklöcher zu stopfen. Und auch die feurige Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren wirkt, obwohl von herrlichen Dialogen getragen, bisweilen ein wenig arg in eine gewisse Richtung geschoben. Auch die Produktionsbedingungen sind zu sehen: So gibt es im Grunde keine Massenszenen und ein Großteil der Handlung spielt sich in der Wohnung der beiden Protagonisten ab.
Das passt dann aber natürlich sehr gut zum Hintergrund der Geschichte und tatsächlich gelingt es relativ spielend, die Gegebenheiten des Lockdowns, die Ängste vor dem Virus und der Zwang zur durchgehenden Isolation in den eigenen Plot zu verweben. Das ist manchmal schräg, oftmals einfach witzig und manchmal durchtrieben von einer bitterbösen Schlagfertigkeit, wenn Linda beispielsweise gleich mehrere Kollegen auf einmal vom Dienst freistellen muss... per Zoom-Konferenz. Diese Zoom-Gespräche spielen inszenatorisch dann auch eine große Rolle, da Regisseur Doug Liman durch sie zahlreiche Hollywood-Größen auftreten lassen kann, ohne sie direkt am Set zu haben. Das ist dann eine durchaus spaßige Angelegenheit, da die berühmten Gastauftritte durchaus Freude daran haben, die süffisanten Dialoge vorzutragen. Besonders ein großer Star, welcher Paxton mit einem gewissen Coup beauftragt und dabei einige Fehler mit dessen Tarnidentität anstellt, neigt in seinen wenigen Szenen förmlich dazu, alle anderen zu überstrahlen, was schlichtweg große Freude bereitet.
Am Ende sind es aber vor allem Anne Hathaway und Chiwetel Ejiofor, die "Locked Down" trotz aller holprigen Handlungsebenen, einiger Längen und spürbarer Eiligkeiten im Produktionsprozess (um den Hype um die Thematik noch mitnehmen zu können) am Leben erhalten. Beide agieren dabei mit so viel Charme und wahnsinniger Spielfreude, dass die ohnehin starken Dialoge aus ihren Lippen noch deutlich mehr Funken sprühen. Und tatsächlich wirkt auch die manchmal etwas überzeichnet angelegte Beziehung zwischen den beiden durch dieses Schauspiel noch etwas glaubwürdiger und auch bewegender. Dem hilft auch die Inszenierung von Doug Liman, der mit kleineren Mitteln als gewohnt (normalerweise steht er hinter deutlich größeren Action-Blockbustern wie "Mr. und Mrs. Smith" und "Die Bourne Identität") noch sehr viel aus dem Stoff herausholt. Schicke Bilder, eine sehr schöne Kameraarbeit und trotz hektischer Gefühlsausbrüche eine gewisse Ruhe, die den trockenen und manchmal unangenehmen Humor noch besser transportiert, sorgen dafür, dass man zwei Stunden lang durchaus Spaß haben kann mit diesem etwas anderen Lockdown-Film.

Fazit: Der überschnelle Produktionsprozess sorgt für einige Stolpersteine innerhalb der Handlung, doch die spielfreudigen Darsteller, die gescheite Inszenierung und die feurigen Dialoge sorgen in dieser originellen Mischung aus Beziehungsdrama und Heist-Movie für genug Spaß, um kurzweilig zu unterhalten.

Note: 3+



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