Direkt zum Hauptbereich

Liam Neeson überschreitet seinen Zenit: Filmkritik zu "Blacklight (2022)"

Seit vielen Jahren arbeitet Travis Block (Liam Neeson) für eine Regierungseinheit, die oftmals im Geheimen agiert. Nun möchte er endlich seinen Ruhestand planen, um mehr Zeit für seine Tochter Amanda (Claire van der Boom) erübrigen zu können. Zu genau diesem Zeitpunkt muss er sich jedoch mit seinem jüngeren Kollegen Dusty Crane (Taylor John Smith) auseinandersetzen, der in einem scheinbaren Anflug von Wahnsinn aus der Einheit austreten und ihre schmutzigen Geheimnisse an die Öffentlichkeit tragen möchte, womit er sich selbst in große Gefahr bringt. Dafür sucht Crane den Kontakt zu der ehrgeizigen Reporterin Mira Jones (Emmy Raver-Lampman), die in dem Mordfall an einer bekannten Politikerin recherchiert. Während er versucht, seine Einheit zu schützen und gleichzeitig einige unbequeme Wahrheiten aufzudecken, kommt Travis einer großen Verschwörung auf die Spur, zu der er womöglich sogar ebenfalls seinen Teil beigetragen hat...

Eigentlich ist Liam Neeson das wichtigste (und in diesem Fall sogar das einzige) Verkaufsargument für die zahlreichen Action-Vehikel, die er in den letzten Jahren in hoher Schlagzahl abgedreht hat. Im Falle des direkt beim Streamingdienst Amazon Prime Video erschienenen "Blacklight" sind wir aber nun endgültig bei der Misere angekommen, die sich schon seit einigen Filmen abgezeichnet hat: Neeson ist das größte Problem in seinem eigenen Film. Da ist es fast schon unerheblich, dass er zum xten Mal die gleiche Figur zu spielen scheint, die er bereits in "96 Hours" darbot - ein einsamer Mann, der plötzlich doch mehr Zeit mit seiner Familie bringen will (inklusive relativ müden Drama-Aspekten), aufgrund seines Jobs jedoch nicht nur paranoid geworden ist, sondern auch eine Gefahr für seine Liebsten darstellt. Dieses Rollenprofil kann Neeson mittlerweile im Schlaf beherrschen - dementsprechend bewegt er sich antriebslos und mit einem einzigen Gesichtsausdruck durch den Film, ohne sich augenscheinlich auch nur die geringste Mühe zu geben, aus der dünn geschriebenen Figur noch irgendetwas auch nur ansatzweise Interessantes herauszuholen.
Aber wie gesagt, das ist im Grunde gar nicht so schlimm, da Neeson selbst in schwächeren Performances wie hier noch den rustikalen Charme ausstrahlt, für den ihn so viele lieben: Wie ein aus der Zeit gefallenes Relikt, aber mit Zorn, Ehrgeiz und ambivalenten Ansichten. Problematisch ist letztendlich eher sein Alter und wie sich dieses auf die Actionszenen auswirkt. Denn mittlerweile scheint Neeson praktisch nicht mehr dazu fühig zu sein, die Filme zu drehen, auf die er mittlerweile gemünzt ist. Es ist fast schon unfreiwillig komisch, wie sehr sich die Macher darum bemühen, die Actionszenen so zu schneiden, dass man Neeson niemals bei großartigen Bewegungen sieht (weil er sie im Alter von 70 Jahren wohl nicht mehr ausführen kann, was ja auch wahrlich keine Schande ist), aber er trotzdem wie der absolute Über-Gegner rüberkommen soll. Da flitzen die Verfolgten wie Parcour-Renner durch die Stadt, während Neeson ihnen nur kurz hinterherhechelt und ihnen dennoch stets dicht auf den Fersen ist. Die großen Setpieces außerhalb von den eher gemächlich inszenierten Shoot-Outs müssen daher auch Neesons weniger bekannte Kollegen übernehmen und machen darin dann auch eine gute Figur... sie sind nur darstellerisch wiederum deutlich limitierter als der "The Commuter"-Star.
Auch darüber hinaus hat "Blacklight" nur wenig zu bieten, da der Film, wie all die anderen Neeson-Vehikel zuvor, fast vollständig auf seinen großen Star zurechtgestutzt wurde. Dementsprechend haben wir es hier mit einer ziemlich banalen und so schon zigfach gesehenen Action-Story zu tun, der mit aller Kraft noch ein Hintergrund rund um politische Verschwörungen und eine finstere, geheime Regierung eingeflößt wurde. Die zähe Recherche-Arbeit, um die ebenso schwammigen wie vorhersehbaren Geheimnisse aufzuklären, täuscht dann auch nur leidlich über die Action-Armut hinweg, die vor allem im Mittelteil deutlich auffällt. Die schnöde Kritik an unserem Regierungssystem und die Huldigung der Pressefreiheit kommt dann auch relativ einfältig und zahnlos daher, hat mit der Reporterin Mira aber immerhin eine greifbare und sympathische Identifikationsfigur erhalten. Das reicht aber nicht, um über 100 Minuten zu fesseln und gereicht daher zu einem höchstens durchschnittlichen, eher unterdurchschnittlichen Thriller, den wir so schon viel zu oft gesehen haben und der keinerlei Mut besitzt, in irgendeiner Form etwas Neuartiges zu wagen.

Fazit: Ein weiterer Action-Kracher, der ganz zugeschnitten auf Liam Neeson ist, in welchem Neeson allerdings aufgrund seiner müden Performance und seines fortgeschrittenen Alters gar nicht mehr richtig glänzen kann. Übrig bleibt dabei nur noch ein leidlicher Versuch, ohne dessen Qualitäten das Altbekannte zu liefern und das im Rahmen einer ziemlich vorhersehbaren Geschichte ohne echte Höhepunkte.

Note: 4



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se