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Zum Glück hat sich das Genre weiterentwickelt: Filmkritik zu "Blade"

Überall auf der Welt gibt es Vampire, die getarnt unter den normalen Menschen leben, für diese jedoch aufgrund ihres Blutdurstes eine große Gefahr darstellen. Eric Brooks (Wesley Snipes) ist ein sogenannter "Daywalker", der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Vampire zu jagen und zu töten. Mit der Hilfe seines Freundes Abraham Whistler (Kris Kristofferson) hat er es dabei besonders auf den fiesen Deacon Frost (Stephen Dorff) abgesehen. Als Brooks eines Tages die junge Krankenschwester Karen (N'Bushe Wright), die von einem Vampir gebissen wurde, rettet, verdammt er sie förmlich zu einem Leben an seiner Seite. Gemeinsam nehmen sie den Kampf gegen Frost und seine untergetanen Vampire auf, die ihrerseits versuchen, ein gefährliches Ritual zu erfüllen...

Der Film "Blade" ist ein Produkt seiner Zeit und es ist für jemanden wie mich, der diesen nun im Jahr 2022 zum ersten Mal gesehen hat, verdammt schwer, ihn zu bewerten. 1998 und somit zu einer Zeit, lange bevor das Marvel Cinematic Universe den Comicverfilmungs-Wahn qualitativ hochwertig ins Kino verlagerte, gab es noch nicht viele auf Comics basierende Filme... und gute waren erst recht absolute Mangelware. Dementsprechend wurde "Blade" schnell zu einer Art Kultfilm, zu etwas Besonderem, was man so in dieser Form bisher kaum gesehen hatte. Heute scheint diese Figur jedoch einzig und allein deswegen noch ansatzweise originell, weil in ihrem Film wahnsinnig viel Blut fließt... so viel sogar, dass er bis ins Jahr 2019 hinein auf dem Index stand. Doch selbst das ist, wenn man mal kurz zu Werken wie "Logan" oder dem durchgeknallten "The Suicide Squad" hinüberspinkst, nicht mehr so besonders. Weswegen "Blade" aufgrund der enorm vielen Comicverfilmungen, die in den vergangenen Jahren mit immer höherer Qualität und Größe auf uns einprasselten, doch deutlich mehr Staub angesetzt hat als ich zuvor befürchtet habe.
Wirklich ernsthaft wollte man sich damals im Kino mit diesen Stoffen nämlich nicht auseinandersetzen - das Comic-Genre galt als absolute Nische für Nerds, weswegen man zwar Wagnisse wie eine sehr hohe Altersfreigabe eingehen konnte, diesen Film aber noch immer als Trash vermarkten musste. Dementsprechend geht nichts in "Blade" wirklich konsequent in die Tiefe, auch wenn es Versuche in diese Richtung gibt. Diese Ansätze bleiben jedoch höchstens als solche stecken: So erfreulich es auch ist, den Titelhelden nicht nur als unkaputtbaren Jäger zu zeichnen, sondern ihm auch Schwächen mit auf den Weg zu geben, so wenig erfährt man persönlich über ihn. Der Bösewicht bleibt erschreckend fade und wirkt, ebenso wie seine clownesken Helfershelfer, wie ein bockiges Kind. Und der weibliche Sidekick, der Wesley Snipes zur Seite gestellt wird und durch dessen Augen wir auch in die Welt der Vampire eingeführt werden sollen, entwickelt sich quasi per Wimpernschlag von einer verängstigten Zivilistin zur absoluten Bad-Ass-Kriegerin, die sogar wehrlose Feinde foltert. Man merkt, dass man sich hier nicht zu viel Mühe auf gutes Storytelling gegeben hat und stattdessen visuell protzen wollte, um den Fans der Vorlage möglichst viel zu bieten. Wirklich packend ist das bei solch einer Mücke von einer Geschichte, die sich darüber hinaus viel zu ernst nimmt, aber leider nicht geraten.
Denn auch rein visuell hat "Blade" zu viel Staub angesetzt oder auch schon damals viel Potenzial ungenutzt verstreichen lassen. Statt einem knallharten Horrorfilm, der auch mal eine ordentliche Schauerstimmung verbreitet, konzentriert man sich voll und ganz auf Martial-Arts-Action, die während dem Finale in schlecht gealterten Computereffekten versinkt - somit also erneut eine Warnung, dass man sich tunlichst nicht nur auf Effekte verlassen sollte, wenn man möchte, dass der Film auf optischer Ebene länger hält als nur eine Dekade. Die einzig wirkliche gruselige Szene wird dabei schon nach wenigen Minuten verbraten - während ein unbedarfter Tourist einen Club besucht, in welchem sich die Gäste plötzlich als blutdurstige Vampire enttarnen, die noch dazu unter Fontänen des Blutes tanzen, spürt man, was für ein Film "Blade" hätte sein können. Doch alles, was anschließend kommt, ist nur eine Mixtur aus halbgarer Geschichte mit erhöhtem Trash-Faktor, schwach geschriebenen Figuren und mittelmäßiger Action. Aus damaliger Sicht mag das spektakulär und aufgrund des Fehlens von ähnlichem Material noch ziemlich außergewöhnlich gewesen sein, weswegen ich mir gut vorstellen kann, dass der Film mit einem ordentlichen Schuss Nostalgie auch heute noch mehr als genießbar für die Hardcore-Fans ist. Für mich war das hingegen nichts, auch wenn ich aufgrund einiger vielversprechender Ansätze hoffe, dass die beiden Fortsetzungen zu Zeiten, in denen man dank den "X-Men" und "Spider-Man" bereits mehr auf das Genre vertraute, doch noch etwas zulegen können.

Fazit: "Blade" ist aus heutiger Sicht ziemlich reinrassiger Trash, der mehr Wert auf seine veraltete visuelle Ausstattung als auf eine sinnige oder zumindest unterhaltsame Geschichte legt. Trotz eines kernigen Helden hat dieser Film heute nur noch Nostalgiewert und wirkt bisweilen wie ein großes Stück von ungenutztem Potenzial.

Note: 4



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