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100 Dinge

Das Jahr ist schon wieder fast rum und bislang hat sich definitiv Sönke Wortmanns zum Schießen ulkiger und beachtenswert cleverer "Der Vorname" den Preis für die beste deutsche Komödie 2018 verdient... Und da eben nur noch knapp drei Wochen bleiben, wird sich an dieser Pole Position wohl auch nichts mehr ändern. Da Hape Kerkelings "Der Junge muss an die frische Luft", der pünktlich zum Weihnachtsfest anläuft, um unser Herz zu erwärmen, wohl eher in die Dramaecke schießen wird, war es also an "100 Dinge", dem neuesten Regieprojekt von Florian David Fitz, den Platz noch auf den letzten Drücker zu erobern. Erwartungsgemäß gelingt ihm dies jedoch nicht...

100 DINGE


Ideen, die im betrunkenen Rauschzustand ausgesprochen werden, sind im wahrsten Sinne des Wortes Schnapsideen. Das müssen auch die beiden Freunde und Kollegen Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer) am eigenen Leibe erfahren, als sie sich direkt nach dem Erschließen eines Millionendeals mit ihrer eigenen Social-Media-App dazu entschließen, nun für hundert Tage auf jeglichen Konsum zu verzichten... und dabei sogar all die materiellen Dinge, die sie besitzen, aufzugeben. Gerade für Paul, der sich sonst im Dauer-Kaufrausch befindet, wird dies schnell zur Tortur und er bemerkt seine eigene Abhängigkeit. Schließlich wird auch die enge Freundschaft der beiden auf eine harte Probe gestellt, denn letztendlich geht es bei der Wette um die Deal-Anteile des jeweils anderen... und deswegen spielen beide letztendlich mit harten Bandagen.

Florian David Fitz, den ich vor der Kamera ungemein gern sehe (zuletzt eben auch in "Der Vorname" perfekt im Ensemble aufgehend), führte hier nicht nur die Regie, sondern übernahm neben seinem engen Freund Matthias Schweighöfer auch eine der beiden Hauptrollen. Und aus reiner Regiesicht gleitet ihm das Produkt auch niemals aus den Händen: Er inszeniert solide, ohne große Auffälligkeiten und macht seinen Job sowohl vor als auch hinter der Kamera ordentlich. Die Chemie zwischen ihm und Matthias Schweighöfer stimmt erwartungsgemäß und generell macht es Spaß, den beiden bei ihren gegenseitigen Zänkereien zuzuschauen. Gerade zu Beginn, wenn die Wette anläuft und Paul und Toni sich nur noch um Mitternacht jeweils einen ihrer Gegenstände zurückholen dürfen, ist die Gag-Quote ebenso hoch wie das Tempo und man spielt nicht auf sonderlich kreative, aber dennoch unterhaltsame Art mit der Grundidee. 
Dass diese im weiteren Verlauf für einige recht naive und holzhammerartige Belehrungen herhalten muss (a la "Du bist nicht glücklich, wenn du Dinge kaufst, um dich glücklich zu fühlen"), ist klar und muss verschmerzt werden. Auch in Richtung eines Social-Media-Hates, wobei überdeutlich auf Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und den Datenklau-Skandal angespielt wird, ist eine recht grobe - die Thematik hätte man sicherlich cleverer und nicht so moralisch überdeutlich einbinden können, denn so wirkt all das doch etwas hart zusammengeschustert und verliert seine überzeichnete Glaubwürdigkeit recht flott. Das muss einen an einer deutschen Komödie nicht zwingend stören, leider rutscht "100 Dinge" aber ab der Halbzeit beinahe mehr in die Ecke eines Dramas... und hier verspielt man sich dann den Unterhaltungsfaktor, denn angesichts der Holzhammerthematik bewegt die Geschichte nur bedingt. 
Wirklich überzeugend ist neben der doch eher lauwarmen Liebesgeschichte, die sich zwischenzeitlich gar in ein Liebesdreieck zwischen Fitz, Schweighöfer und Miriam Stein münzt, nur die Freundschaft zwischen den beiden Protagonisten konzipiert. Auch durch das erfrischende Spiel der beiden Darsteller gewinnt man ein echtes Gefühl für die langjährige Beziehung der beiden und bleibt somit, trotz einiger Längen, durchaus an der Stange. Für kleine Highlights sorgt zwischendrin auch "Honig im Kopf"-Star Katharina Thalbach als schrullige Oma, die Paul noch immer wie ein Kind behandelt und einige herrlich trockene Sprüche zum Besten gibt. 
Durch diese kleinen Schmankerl und manch einen wirklich, wirklich komischen Moment fühlt man sich letztendlich doch noch gut unterhalten, obwohl es auch durchaus fünfzehn Minuten weniger hätten sein können. Schmalzig wird es, und das auch nicht zu knapp, aber auch das wird dem Zielpublikum sicherlich irgendwie liegen. Und dieses kann dann, wenn es über manch ein seltsames Plothole und einige Klischee-Sidekicks hinwegsieht, doch einen kurzweiligen Kinoabend erleben.

Fazit: Die Moralkeule wird gleich doppelt hart geschwungen, der Plot zieht sich bisweilen und dicke Hates gegen aktuelle Skandale wirken innerhalb der leichteren Geschichte deplatziert. Dank eines spielfreudigen Hauptdarsteller-Duos und einer prinzipiell amüsanten Grundidee, die für einige lustige Szenen genutzt wird, langweilt man sich aber nur selten.

Note: 3






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