Direkt zum Hauptbereich

Das Leben des David Gale

Die Todesstrafe ist seit jeher ein Diskussionsthema, welches nie abebben will... und es wahrscheinlich auch nie wird. Die einen sehen es als Gerechtigkeit, die anderen als ein falsches System, als simple und verachtenswerte "Auge um Auge"-Politik. Ganz gleich, auf welcher Seite der Debatte man nun steht: Der Film "Das Leben des David Gale", der sich dieses Themas annimmt, wird wohl an niemandem so wirklich spurlos vorübergehen. Zwar verpasst "Fame"-Regisseur Alan Parker durch einige klischeehafte Wendungen recht klar den Sprung zu einem wirklich herausragenden Film, dennoch bezieht er einige klare Stellungen... und erschafft Hochspannung.

DAS LEBEN DES DAVID GALE


Der ehemalige Philosophieprofessor und offener Gegner der Todesstrafe, David Gale (Kevin Spacey), wurde zum Tode verurteilt, wegen Mordes und Vergewaltigung. Vier Tage vor seinem Hinrichtungstermin bestellt er die Journalistin Bitsey Bloom (Kate Winslet) in den Todestrakt - er möchte mit ihr ein dreiteiliges Interview über sein Leben führen. Bloom, ebenfalls eine Gegnerin der Todesstrafe, wittert dabei nicht nur eine gute Story, sondern auch ein nobleres Ziel. Ihr Verdacht, dass Gale unschuldig sein könnte und einem grausamen Komplott zum Opfer gefallen ist, erhärtet sich allein schon aufgrund seiner politischen Überzeugungen... und was er ihr letztendlich zu erzählen hat, ist schlichtweg unglaublich.

In der ersten Szene des Films läuft eine Frau die Straße entlang, fort von einem Auto, aus welchem Dampf dringt... offensichtlich in tiefster Eile. Ein findiger Zuschauer, der zumindest weiß, um was es hier in etwa geht, dürfte sich denken, was diese Szene aussagt und an welchem Punkt sie spielt... aber Regisseur Alan Parker bemüht sich in den folgenden zwei Stunden redlich und weitestgehend auch erfolgreich, zu verschleiern, wie der Weg hin zu diesem Ziel aussieht. Und auch, worin das Ziel zu diesem Zeitpunkt denn noch bestehen mag. Das führt dann, obwohl der Film zu einem großen Teil aus Rückblenden besteht, die uns David Gales Erzählungen und somit sein Leben vor der Verhaftung präsentieren, zu einem ziemlich guten Schwung und einigen elektrisierenden Momenten, getragen von einem absolut großartigen Soundtrack.
"Das Leben des David Gale" findet dabei recht passend die Balance zwischen Thriller und Drama und deckt mit seiner Thematik gleich mehrere heiße Eisen ab, was zu einigen Diskussionen führte. Gerade wenn es um die Todesstrafe geht, bleibt uns der Film seine wahre Meinung schuldig, aber vielleicht war gerade das ja Parkers Ziel: Wir sollen uns unsere Meinung selbst bilden. Dementsprechend kann man "Das Leben des David Gale" unter diesem Gesichtspunkt leicht zerreißen und verachten, aber man kann ihm niemals vorwerfen, dass er uns eine Meinung einflößen will oder uns manipuliert... zumindest nicht in diesem Sinne. Stattdessen erzählt er einen recht wendungsreichen und emotional treffsicheren Thriller, eine kleine Crimestory, die ebenso raffiniert wie fokussiert erzählt ist.
Das ist nicht an allen Standpunkten gelungen: So bleibt beispielsweise der Charakter der Bitsey Bloom doch deutlich blasser und wir erfahren viel zu wenig über sie. Kate Winslets Performance gerät dabei kraftvoll, hinter einem gewohnt brillanten Kevin Spacey, der sowohl menschlich als auch undurchsichtig agiert (bis zum Ende weiß man wirklich nicht, woran man bei seinem David Gale wirklich ist), bleibt sie aber eindeutig zurück. Spacey zeigt sein Talent also auch hier in Ambivalenz, ist sowohl emotional absolut zerrüttet als auch irgendwie trickreich - eine gefährliche Kombination, die den Zuschauer schier gefangennimmt, weswegen man sich einer gewissen Faszination angesichts dieses eventuell doppelzüngigen, eventuell aber auch einfach vollkommen harmlosen, unschuldigen Mannes nicht erwehren kann. Und genau diese Konstellation, in Form eines gut erzählten Thrillers mit wichtigen Themen, hält sich dann auch, trotz ein paar kleinerer Hänger, über lange Zeit und durch einige interessante Subplots hinweg, sehr wacker.
Leider versinkt man später aber doch recht deutlich in einigen Klischees des Genres, zieht die Spannungsschraube ebenso unglaubwürdig wie überzogen an und verliert dabei die Echtheit der Thematik aus den Augen, nutzt das Thema für einige unnötige Spannungsspitzen. Schließlich übertreibt man es dann auch mit den Wendungen und bei dem Versuch, dem Zuschauer gleich mehrfach den Boden unter den Füßen wegzuziehen, bleiben Gefühl und Atem auf der Strecke - "Das Leben des David Gale" entwickelt sich vom Justizdrama zum doch eher kopflosen Über-Thriller, der seine Spannung auf den letzten Metern recht eklatant einbüßt... das kostet dann leider doch noch eine "gute" Note.

Fazit: Runder und sehr spannend erzählter Thriller, mit menschlichen Subplots und einem herausragenden Kevin Spacey in einer weiteren Paraderolle für den einst so vergötterten Schauspieler. Leider überzeichnet der Film gegen Ende zu arg, verliert seine Gefühle, Charaktere und auch die glaubwürdige Spannung zugunsten einiger doch harscher Wendungen aus den Augen.

Note: 3+





Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...