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The Place beyond the Pines

In uns allen steckt der Geist unserer Eltern, das lässt sich kaum anders sagen. Auch, wenn wir es uns manchmal anders wünschen, aber unsere Eltern, ganz gleich ob wir viel oder wenig oder gar keinen Kontakt zu ihnen haben oder hatten, prägen uns. Und wer daran nicht glaubt, der sollte sich vielleicht "The Place beyond the Pines" ansehen, der mit beeindruckender Ruhe und dennoch einer emotionalen Wucht aufzeigt, wie sehr Väter ihre Söhne prägen können - ein Film über Familienwerte, Entscheidungen und das Leben in sich, verpackt in einen Mix aus Drama und Thriller, der trotz seiner Schwächen durchaus sehenswert ist...

THE PLACE BEYOND THE PINES


Auf einem Jahrmarkt trifft der Stuntfahrer Luke Glanton (Ryan Gosling) nach langer Zeit seine Ex-Freundin Romina (Eva Mendes) wieder... und ihren gemeinsamen, einjährigen Sohn, von dem er bis dato nichts wusste. Das Kind löst etwas in Luke aus: Obwohl mittellos, möchte er für den Jungen sorgen, für ihn aufkommen, auch Romina zurückgewinnen, die mittlerweile jedoch in einer neuen, ernsthaften Beziehung lebt. Als er nicht mehr weiter weiß, tut Luke sich mit dem grantigen Verbrecher und Autoschrauber Robin Van Der Zee (Ben Mendelsohn) zusammen und beschreitet den Weg der Kriminalität... ein Weg, der ihn schließlich auch mit dem Gesetz und dem Polizisten Avery Cross (Bradley Cooper) konfrontieren soll.

Wer hier einen starbesetzten Action-Thriller mit Dramaeinschüben erwartet, wo dieser Film doch mancherorts als ein solcher fälschlicherweise beworben wird, der wird sich rasch verwundert die Augen reiben. Die Action hat in "The Place beyond the Pines" zwar seinen Platz, der jedoch weit unten angesetzt ist und nur innerhalb der Handlung zu seinem Recht kommt. Es gibt keine gedehnten Schießereien, kaum eine Verfolgungsjagd oder anderen Krimskrams... es geht um Menschen und ihr Leben. Regisseur Derek Cianfrance, der zuvor gemeinsam mit dem auch hier erneut grandios aufspielenden Ryan Gosling auch schon an "Blue Valentine" arbeitete, beginnt mit einer im Kern ereignislosen und dennoch ungemein lebhaften und erweckenden Plansequenz und zieht das Tempo im späteren Verlauf nur marginal an, lässt seine Geschichte und seine Figuren auf erfrischende Art und Weise atmen. 
Hänger gibt es dabei kaum, was auch an der Drei-Akt-Struktur liegt, die Cianfrance hier anwendet. Zu viel möchte man über seine Art der Erzählung nicht verraten, da man zu leicht in Gefahr geraten konnte, essentielle Wendungen dadurch zu spoilern - aber sie erfüllt mehr als nur ihren Zweck. Ein wenig fühlt sich der Film sogar wie ein kleines Epos an, ungemein ambitioniert, keinesfalls fehlerfrei, aber sehr groß und essentiell. Der erste Akt ist dabei definitiv der stärkste und findet den perfekten Grat zwischen leisem Charakterdrama und hervorragend inszenierter Action: Wenn eine Verfolgungsjagd zwischen Luke und den ihn jagenden Cops ausschließlich innerhalb des Polizeiautos zu sehen ist, wirkt das nicht nur ungemein realistisch, es gibt einem auch das Gefühl einer niemals überzogenen Rasanz. 
Das zweite Drittel liefert dann einen Thriller-Plot, der etwas vorhersehbar daherkommt, aber dennoch seine bärenstarken Momente hat... in Akt 3 versucht Cianfrance dann, seine vorhergehenden Plots in einem Guss zu vereinen. Das gelingt nicht immer, da dem Film ab diesem Moment die Freiheiten fehlen, die Handlung auf den Klimax zulaufen muss. Auch hier kann von einer gewissen Vorhersehbarkeit ausgegangen werden, dank einiger ganz starker Charaktermomente und dem grandiosen Talent eines Dane DeHaan, der zuvor schon in dem Superhelden-Thriller "Chronicle" sein enormes Gespür für die Darstellung kaputter Charaktere bewies, gefallen auch die letzten fünfundvierzig Minuten. 
Insgesamt wirkt das dann alles schon gut durchdacht und den Status eines Meisterwerks verfehlt man hier nur recht deutlich, weil man die klaren Highlights zu Beginn verbucht und danach leicht, ganz leicht, immer weiter abschwächt. "The Place Beyond The Pines" beginnt nun mal so grandios, dass dies kaum zu toppen ist, weswegen ein solcher Abstieg kaum vermeidbar war - ein guter Film bleibt es aber natürlich dennoch. Am Ende wird das Werk durch eine ungemein kraftvolle und passende Schlusseinstellung noch so richtig rund und weicht der Gefahr, hier doch etwas zu plakativ zu werden, mit einigen Kniffen wunderbar aus. Das reicht dann noch immer nicht für pure Begeisterung, aber definitiv zu Wohlwollen - ein besonderer Film abseits manch einer Genre-Konvention, der auch noch etwas länger nachwirkt.

Fazit: In einer runden Drei-Akt-Struktur lässt Regisseur Derek Cianfrance seine Figuren atmen und sie schließlich verknüpfen. Das ist ruhig erzählt, herausragend gespielt und im Grunde durchweg packend - die besten Momente hat der Film aber in der ersten Hälfte, um anschließend doch ein wenig abzubauen.

Note: 2-




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