Direkt zum Hauptbereich

Das Alibi - Spiel der Macht

Es kann einen schon schauern, wie Menschen, die wesentlich mehr Geld und Macht als die normale Bevölkerung zur Verfügung haben, sich durch Kontakte und ihren eigenen Ruf aus manch einem Schlamassel herauslavieren können. Gerade Personen des öffentlichen Lebens gelingt dies immer wieder... auch wenn dies dank der "Me-Too"-Debatte, die im Jahr 2017 ihren Anfang nahm, offenbar ein wenig eingedämmt werden konnte. In prekären Fällen können aber auch Prominente ihren Kopf nicht aus der Schlinge ziehen, besonders nicht, wenn es um Todesfälle geht. Eine interessante Fußnote der Geschichte ist dabei der Fall rund um den letzten Überlebenden der vier Kennedy-Brüder, der im Jahr 2018 ein filmisches Statement erhielt...

DAS ALIBI - SPIEL DER MACHT


Im Jahr 1969 nimmt der letzte verbliebene der vier Kennedy-Brüder, Senator Edward Kennedy (Jason Clarke), an einem Grillfest mit Freunden und Arbeitskollegen teil. Dort kommt es zu einem verheerenden Unfall: Kennedy befindet sich gemeinsam mit seiner jungen Kollegin Mary Jo Kopechne (Kate Mara) auf dem Heimweg, als er mit dem Auto von der Straße abkommt, sich überschlägt und in einem nahen See landet. Mary Jo stirbt am Unfallort, Kennedy flieht hingegen aus Angst vom Tatort, um den Fall seinem langjährigen Mitstreiter und Freund Joe Gargan (Ed Helms) zu überlassen, der Schadensbegrenzung betreiben soll. Kennedy fürchtet um sein Amt und sieht sich schließlich mit dem Rücken zur Wand, als die Polizei die Ermittlungen aufnimmt und natürlich auch an seine Tür klopft...

"Das Alibi" wurde im September 2018 in Deutschland direkt auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, erfuhr also keinen deutschen Kinostart. Das ist angesichts des Themas zwar doch etwas erstaunlich, aber angesichts der Besetzung auch verständlich. Diese schillert zwar mit bekannten Nebendarstellern, doch ist niemand dabei, der alleine durch seinen Namen die Kassen zum Klingeln bringen würde. Rein qualitativ wäre eine Kinoauswertung aber wünschenswert gewesen, gibt es doch immer wieder wesentlich schlechtere Filme, die den Weg in die Lichtspielhäuser finden - "Das Alibi" hätte sich hierbei durchaus ins solide Mittelfeld eingefügt. Sicher hätte man mehr aus der realen Geschichte machen können, trotzdem hat mir die angenehm zurückhaltende Inszenierung von Regisseur John Curran gefallen. 
Er nähert sich seinen Figuren mit Bedacht, beschönigt ihre teilweise furchtbaren Handlungen nicht, legt ihnen aber auch keine überdeutliche Schlinge um den Hals. Curran überlässt es den Zuschauern, ob sie Sympathie, Abneigung, Verständnis oder Abscheu gegen die einzelnen Charaktere hegen wollen, was ein mutiger Schritt ist. Denn eigentlich ist Kennedy, der definitiv die Schuld am Tod seiner Mitarbeiterin trägt, kein sympathischer Mensch. Dass Curran diesen auch nicht zu einem stillen, missverstandenen Helden aufbaut, aber auch darauf verzichtet, mit Fackeln und Heugabeln auf den ehemaligen Senator loszugehen, zeugt von Köpfchen und einem gewissen Grad komplexer Empathie. 
Dadurch kann er sich aber auch dem Charakter des wahren Kennedy nie wirklich annähern, lässt dessen emotionalen Gehalt eher durch Off-Texte und einen Wust an Informationen zu seiner Vergangenheit und Familie aufkeimen. Wirklich greifbar wird die Figur dadurch nicht, auch wenn "Der große Gatsby"-Star Jason Clarke sich sichtlich bemüht, diesem gewissen Halt zu verleihen und dabei einen ausgesprochen guten Job macht. Kennedy bleibt auch nachträglich ein Mysterium und die gemeinsamen Szenen mit seinem altersschwachen Vater ("The Hateful Eight"-Star Bruce Dern hat leider zu wenig zu tun) wirken da eher wie ein entschuldigendes Abhaken einer Checkliste, um auch einen tieferen Plotpoint einzubringen. Der Rest ist dann ein durchaus spannender, manchmal schön düsterer Polit-Thriller, ohne aber aus der Masse herauszustechen. 
Mit Ed Helms, den man ansonsten zumeist eher aus Komödien wie "Hangover" und "Catch Me" kennt, haben wir noch eine bemerkenswert vielschichtige Figur dabei, die auf spannende Art und Weise zwischen unbrechlicher Loyalität und entwaffnender Ehrlichkeit balanciert. Der Rest der Besetzung, darunter "The Guardian"-Star Clancy Brown oder die großartige Olivia Thirlby, bekommen in ihren wenigen Szenen leider kaum Gelegenheit, wirklich aus ihrer Haut zu fahren und in Erinnerung zu bleiben. Das gilt auch für den Film an sich, der seine Sache soweit solide macht, einige provokante Fragen stellt und durch die Bank weg gut inszeniert ist. Wirklich auffällig ist das nicht, aber immerhin spannend genug für einen kurzweiligen Filmabend. Dieses Thema hätte dabei aber auch durchaus mehr brisantes Material hergegeben.

Fazit: Recht spannender Thriller, der sein Thema aber nicht provokant und brisant genug anfasst und sich auch nicht traut, Edward Kennedy vollkommen zu beleuchten. Weitestgehend gut gespielt und inszeniert, unterhaltsam... es wäre aber mehr drin gewesen.

Note: 3






Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Der große Crash - Margin Call

Es gehört schon einiges an Talent dazu, einen Film über eine Schar Anzugträger, die in dialoglastiger Manier das eventuelle, schockierende Ende ihrer Firma aufdecken. Wenn man es falsch angeht, könnte der Stoff arg trocken werden, mal ganz davon abgesehen, dass der Otto-Normal-Zuschauer mit den finanziellen Zusammenbrüchen und all den Zahlen nicht unbedingt umgehen kann. Eine Riege großer Stars kann da schon helfen, die Zuschauer anzulocken, so beweist es zumindest der angenehm ruhige Thriller "Margin Call"... DER GROSSE CRASH - MARGIN CALL Kurz vor der Finanzkrise 2007: In der Wertpapierhandelsabteilung einer großen New Yorker Bank werden etliche Mitarbeiter entlassen, unter ihnen ist auch Risikomanager Eric Dale (Stanley Tucci), der zuvor jedoch noch eine schockierende Entdeckung macht. Seine Arbeit hinterlässt er dem übriggebliebenen Mitarbeiter Peter Sullivan (Zachary Quinto), der die Zahlen überprüft... und dadurch entdeckt, dass der ganze Konzern auf wackligen Fü...

Eraser

Arnold Schwarzenegger, wohl neben Sylvester Stallone die Action-Ikone der 80er und 90er Jahre schlechthin, ist endlich zurück. Nachdem er sein Amt als Gouverneur von Kalifornien niedergelegt hat, dürfen wir ihn seit einiger Zeit endlich wieder in genügend rauen, spaßigen Actionfilmen wiedersehen. Auch wenn in der heutigen Zeit ganz klar Statham, Diesel und Co. die Actionhelden sind, macht es aber dennoch Spaß, den "Terminator"-Star wiederzusehen. Und natürlich auch seine vergangenen Filme, von denen ich bislang kaum einen gesehen habe und die ich nun mal nachholen möchte. Angefangen habe ich nun mit "Eraser" aus dem Jahr 1996... ERASER US-Marshall John Kruger (Arnold Schwarzenegger) arbeitet in einer geheimen Vereinigung der USA im Zeugenschutzprogramm. Darin beschützt er die Leben von Kronzeugen, welche vor Gericht Aussagen tätigen sollen und verschafft ihnen eine neue Identität, um sie vor dem Tod zu bewahren. Sein neuester Job ist eine junge Mitarbeiterin bei...