Eine Fortsetzung nach fünfundfünfzig Jahren ist nun nicht unbedingt das, was häufig vorkommt. Normalerweise gibt es zur heutigen Zeit ein Reboot (wieso auch immer diese Form noch immer so in Mode ist), da die Macher davon ausgehen, dass das heutige Zielpublikum das Original gar nicht mehr kennt oder zumindest den Bezug zum Material verloren hat. Aber die Marke "Mary Poppins" war dann doch zu bekannt, um sie weiterhin unangetastet zu lassen und an eine Neuverfilmung traute man sich angesichts des enormen Klassiker-Status des Originals wohl auch nicht heran. Und deswegen gibt es nun also tatsächlich eine offizielle Fortsetzung... die dabei aber nur sehr wenig Neues zu erzählen hat.
MARY POPPINS' RÜCKKEHR
Michael Banks (Ben Whishaw) und seine Schwester Jane (Emily Mortimer) sind mittlerweile erwachsen - Michael hat mit seiner vor einem Jahr verstorbenen Frau gar drei Kinder in die Welt gesetzt, um die er sich nun mit Hilfe von Jane und der Haushälterin Ellen (Julie Walters) kümmern muss. In einer Zeit, in der die Familie Banks um ihr Heim fürchten muss, da dieses zwangsvollstreckt werden soll, kehrt das fliegende Kindermädchen Mary Poppins (Emily Blunt) zurück, um erneut auszuhelfen... und so vielleicht auch die finanziellen und emotionalen Probleme der Familie zum zweiten Mal zu lösen.
Was erwartet ein Zuschauer von einer Fortsetzung? In erster Linie will man mehr vom bekannten Material sehen, denn was beim ersten Mal unterhielt, kann ja beim zweiten Mal auch nicht so übel sein. Man will die bekannten Figuren wiedersehen und neue Abenteuer mit ihnen erleben - neu deshalb, weil einfach nochmal dasselbe auch irgendwie langweilig ist, wie ja beispielsweise der schwache zweite "Hangover"-Film zeigte. Die Mischung macht es also und genau diese bekommen viele Sequels seit jeher nicht hin, wirken entweder zu verkrampft im Bemühen, die Atmosphäre des Originals wieder herzustellen und gleichzeitig zu angestrengt im Erfinden neuer Abenteuer, welche die vorherigen übertreffen sollen. Das lang erwartete Sequel zu "Mary Poppins" setzt sich diesbezüglich nun zwischen alle Stühle und macht es dabei keinem so wirklich recht.
Diejenigen, die in Erinnerungen schwelgen wollen, werden enttäuscht: Die neuen Songs wirken seltsam poplastig und haben nicht annährend den gleichen Ohrwurmcharakter und mit Anspielungen hält man sich gerade in musikalischer Hinsicht enorm zurück. Gleichzeitig erfindet man aber auch irgendwie nichts Neues, was mich zu der Frage führt, was die Macher rund um "Fluch der Karibik"-Regisseur Rob Marshall hier eigentlich genau getan haben. Es ist nicht neu, es ist auch keine Verbeugung, es ist irgendwas dazwischen... und dieses Irgendwas ist leider nicht wirklich gelungen. Mit 131 Minuten gerät die Fortsetzung arg langatmig und legt ein recht gemächliches Tempo vor, welches erst im letzten Drittel mit einem sehr spaßigen und flotten Finale wieder anzieht.
Zuvor haben wir im Grunde die altbekannte Sause gesehen: Musikalische Nummern mit netten, aber keinesfalls herausragenden Tanzchoreos, süße Abenteuer in Zeichentrickländern und natürlich einige Moralpredigten sowie ein generell harmloser Familienkonflikt im Fokus. So, wie es eben auch schon im charmanten Original war, nur dass dieser Charme diesmal irgendwie abhanden gekommen ist. Transportiert wird dieser weitestgehend von Emily Blunt, welche nun die Titelrolle übernommen hat, und diese mit leisem Witz zu füllen weiß, auch wenn sie insgesamt etwas ruppiger daherkommt als Julie Andrews im Original. Dennoch füllt Blunt die Rolle perfekt aus, kann die verschiedenen emotionalen Anker der Figur ausloten und ihr sogar gegen Ende noch mehr Tiefe verleihen.
Doch auch sie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es letztendlich ein etwas seltsames Flickwerk geworden ist, bei dem man sich fragt, ob es denn überhaupt eine solche Fortsetzung geben musste. Sie erzählt wenig Neues über die bekannten Figuren, wiederholt gewisse Plotelemente sogar einfach und lässt so die gewisse Eigenständigkeit vermissen. Kleinere, magische Szenen wie der Gastauftritt eines originalen Starmitglieds oder ein erneuter Tanz der Schornsteinfegerbande machen viel Freude, doch auf über zwei Stunden gestreckt sind diese Highlights zu rar gesät. Der Film traut sich zu wenig und weiß nicht genau, wohin er taumeln soll und kann seine flache Handlung auch nicht mit catchigen Songs oder visueller Brillanz auffangen - all das ist solide, aber es bleibt nichts hängen. Emotional bewegt der Film zu selten, der Witz gerät allzu oft zahnlos und generell überwiegt das Gefühl, dass die Macher eben einfach nur eine weitere Geschichte erzählen wollten, ohne genau zu wissen, was denn nun der Mehrwert des Produkts sein soll.
Fazit: Die Fortsetzung zum Disney-Klassiker "Mary Poppins" setzt sich zwischen alle Stühle - sie traut sich wenig Neues, nimmt aber auch atmosphärisch wenig Bezüge auf das Original. Die Handlung gerät lau, das Tempo ist niedrig und einzig Emily Blunt sowie einigen Highlights gegen Ende ist es zu verdanken, dass man hin und wieder Spaß hat.
Note: 4+
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