Schande über mein Haupt, aber bevor ich "Blues Brothers" nun zum ersten Mal (!) gesehen habe, dachte ich immer, es handelt sich um einen Actionfilm. Das lag daran, dass ich mich nie großartig über den Film informiert hatte (das tue ich meist erst nach der Sichtung, um keinen Spoilern in den Arm zu laufen)... und weil alle immer von dieser unglaublichen Autoverfolgungsjagd redeten. Ich rechnete also fest mit einer Actionkomödie, die auch irgendwas mit Musik zu tun haben muss. Und genau das bekam ich auch, aber nicht einmal ansatzweise, wie ich es mir zuvor ausgemalt hatte. Sondern viel, viel stilvoller.
BLUES BROTHERS
Jake Blues (John Belushi) wird nach drei Jahren endlich aus dem Knast entlassen und von seinem geliebten Bruder Elwood (Dan Aykroyd) abgeholt. Schon bald geraten die beiden in ihrem Auto erneut mit dem Gesetz in Konflikt und müssen der Polizei und einer mysteriösen Frau (Carrie Fisher), die offensichtlich nach ihrem Leben trachtet, aus dem Weg gehen. Die Gefahren halten die beiden jedoch nicht von einem wichtigen Plan ab: Sie wollen die nach Jakes Fetsnahme aufgelöste Band "Blues Brothers" für einen neuen Auftritt zusammenbringen. Blöd nur, dass die meisten Mitglieder bereits abgeschlossen und sich neuen Lebensabschnitten gewidmet haben... und deswegen keine große Lust haben, Jake und Elwood erneut zu folgen.
In Amerika hat "Blues Brothers" längst keinen so enormen Kultstatus erreicht wie in Europa - dort war er bloß ein solider Erfolg, während er hier die Kassen zum Klingeln brachte und mittlerweile als Klassiker verehrt wird. Ob der Tod von John Belushi nur drei Jahre nach der Veröffentlichung seines bekanntesten Filmes damit zu tun hat, lässt sich schwer sagen - natürlich hat es etwas Besonderes, Belushi in einer solch zündenden Performance zu sehen und ein bitterer Beigeschmack aufgrund seiner baldigen Überdosis stellt sich zusätzlich ein. Aber mal ganz darüber hinaus: "Blues Brothers" ist ein mutiges, durchgeknalltes und dennoch enorm herzliches Stück Film. Ein Werk, dass auf vielen Ebenen hätte scheitern müssen, dies jedoch nur selten tut - einer der Filme, wo der allgemeine Charme so viele andere Fehler ausmerzt, dass man sich dem Sog kaum entziehen kann.
Denn im Kern ist das natürlich ziemlich blöde: Die Actionszenen sind von solch einer maßlosen Überzogenheit, dass der Humor angesichts solcher Albernheiten eigentlich nicht zünden kann. Aber er tut es doch. Die Darsteller agieren mit einem solch breiten Grinsen, so dermaßen fest in ihren engen Klischeerahmen, dass man sie eigentlich nicht liebgewinnen kann. Aber man tut es doch. Und die Musik ist so dermaßen genau darauf ausgelegt, die Leute mitwippen zu lassen und wird so kalkuliert eingespielt, dass man nicht darauf hineinfallen kann. Aber man tut es doch... und das macht verflixt viel Laune.
Die schwierigste Phase durchläuft der Film zu Beginn, denn da wusste ich wirklich noch nicht, wohin die Macher mich überhaupt mitnehmen sollten. Trotz einiger gelungener und niemals zu aufdringlicher Witzchen und zwei herrlich selbstironisch auftretenden Hauptdarstellern brauchte ich eine Weile, um wirklich in die Handlung hineinzufinden, die im weiteren Verlauf nicht nur immer verrückter, sondern auch immer musikalischer wird. Sobald der Ton und das Ziel jedoch feststehen und man sich an die Stilmittel gewöhnt hat, die sicher nicht für jeden etwas sind, kann die Gaudi losgehen. Highlights sind dabei, neben den verrückten Actionszenen, die gerade gegen Ende so vollkommen abdrehen, dass es eine wahre Freude ist, natürlich die musikalischen Momente. Einige der herrlichsten Klassiker werden hierbei mit Stil performt und Regisseur John Landis, der später auch mit "Thriller" von Michael Jackson eines der bekanntesten Musikvideos aller Zeiten drehen sollte, dass ihm das Einfangen dieser Auftritte ungemein liegt. Mit einer hervorragenden Kamera und einem Gespür für Musik, Schnitt und Emotionen, die selten kalkuliert, sondern stets frei wirken, gelingt es ihm, das Publikum mitzureißen.
Und das in einem Film, der eigentlich nur verrückt ist und bei dem es wenig gibt, woran man sich gefühlsmäßig festhalten kann. Dass dieses durchaus extravagante Experiment so gelungen ist, kann man Landis gar nicht genug anrechnen, denn kaum einer hätte vor 1979 wohl mit diesem Gelingen gerechnet. Doch offenbar zeigten sich genügend Prominente ebenso mutig, übernahmen Gast- und Nebenrollen, die sich hervorragend und gewitzt ins Ensemble einfügen - darunter der große Ray Charles, "Star Wars"-Ikone Carrie Fisher sowie James Brown und Aretha Franklin!
Fazit: Herrlicher Kultfilm, durchgeknallt und wild... und musikalisch absolut unbändig. "Blues Brothers" sprüht vor albernem Witz und einer Liebe zur Musik. Das ist nicht immer ernstzunehmen und für viele sicherlich etwas zu speziell, aber es macht auch ungemein viel Laune und hat seinen Status als Kultfilm deswegen definitiv verdient.
Note: 2-
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