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My Old Lady

Erbrecht ist immer ein solch strittiges Thema. Man ist eigentlich (zumindest in den meisten Fällen) in der Trauerphase, muss sich dann jedoch mit dem Erbe eines womöglich geliebten, verstorbenen Menschen herumschlagen... und das ist immer ein ziemlicher Papierkram und gerade in Filmen für die Protagonisten keine angenehme Sache. Da ist auch der von "Vielleicht, vielleicht auch nicht"-Star Kevin Kline gespielte Mathias Gold keine Ausnahme... denn der sieht sich bei einer an ihm vererbten Wohnung plötzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass diese eben noch bewohnt ist und er für die Bewohnerin sogar noch etwas tun muss.

MY OLD LADY


Mathias Gold (Kevin Kline) ist pleite und nach dem Tod seines Vaters, zu dem er keine sonderlich gute Beziehung pflegte, scheint eine ihm vererbte Wohnung in Paris die einzige, verbliebene Hoffnung zu sein - die will er dringend zu Geld machen, um dann in seine Heimat zurückkehren zu können. Doch in der Wohnung trifft er auf die neunzigjährige Mathilde Girard (Maggie Smith), die ihm erläutert, dass es sich dabei um einen bereits mit ihrem Vater geschlossenen Handel handelt: Mathilde ist die Eigentümerin und wird vom Käufer monatlich bezahlt, damit dieser dort wohnen kann... und das bis zu ihrem baldigen Tod. Für Mathias bricht angesichts der Geldsorgen eine kleine Welt zusammen... bis er sich die Geschichte von Mathilde und ihrer Tochter Chloe (Kristin Scott Thomas) genauer anhört.

Die Ausgangssituation ist, wenn auch hier etwas umständlicher und so eben auch noch nicht gesehen erörtert, an sich grundbekannt. Ein Mann muss sich mit einer anderen Person, mit der er eigentlich so nichts zu tun haben will, arrangieren... ob er will oder nicht. Und dann, wie auch bereits oft gesehen, mit einer älteren Dame, die erwartungsgemäß entzückend von "Harry Potter"-Star Maggie Smith gespielt wird. Was sich aus dieser Konstellation, zu der dann auch noch Smiths Filmtochter Kristin Scott Thomas stößt, um das Trio zu komplettieren, ergibt, entstammt nicht dem reinen Klischee... zumindest nicht so, wie man es eingangs erwarten würde. 
Denn tatsächlich handelt es sich hier nicht um eine reine Komödie, die durch allerlei Situationskomik das Miteinanderleben dieser drei vollkommen unterschiedlichen Menschen erzählt. Dies ist nur zu Beginn der Fall und auch zu diesem Zeitpunkt hält man sich mit dem Humor zurück, lässt die drei Schauspieler lieber nuanciert aufeinanderprallen... da Kline, Smith und Thomas wie gewohnt sehr souverän aufspielen, ist das aber schon spaßig genug und hat durchaus französischen Charme zu bieten. Kein Wunder, spielt der Film doch in Paris. Das macht dann eine halbe Stunde durchaus Spaß, wenn auch nicht übermäßig, doch man fühlt sich gut unterhalten... bis "My Old Lady" sich dann wandelt. 
Ohne zu viel vorwegzunehmen, kann man sagen, dass sich der Film schließlich in eine Art recht unglaubwürdiges und wendungsreiches Familiendrama wandelt und dabei doch in einige tumbe Klischees tappt. Spaß gibt es irgendwo immer noch, aber der Ton wird ernster und das steht dem Film nicht sonderlich gut zu Gesicht. Wie die Fäden plötzlich zusammenlaufen wird auch, wenn man nicht genauer über all das nachdenkt, doch zu einem ziemlichen Humbug und dann drückt man innerhalb der Dreier-Konstellation manch ein Mal so manipulierend auf die Tränendrüse, dass man sich fragt, ob den Machern da denn eigentlich nichts Besseres einfallen konnte. Comedy und Drama beißen sich dabei und kommen sich mehr als nur ein Mal in die Quere... vor allem, da man sich auf schlichtweg soapigen Themen ausruht, die sehr oberflächlich angefasst werden. Plötzlich haben sie alle noch etwas zu verbergen und diese Geheimnisse müssen lang und breit erklärt, dargelegt und ausdiskutiert werden. 
Das sorgt angesichts des aufgeweckten Trios nicht unbedingt für Längen, aber doch für eine gewisse Resignation, insbesondere in Anbetracht der doch deutlich flotteren und charmanteren ersten Hälfte. Und auch das Ende ist schließlich Kino-Mainstream in Reinkultur: Man traut sich kaum einen mutigen Weg, geht stattdessen den des geringsten Widerstands. Das ist Wohlfühl-Kino auf recht zuckrige und enorm vorhersehbare Art und somit nichts, was man nicht irgendwo anders schon besser gesehen hat. Richtiggehend ärgerlich ist hier wenig, da die Schauspieler ihe Strahlkraft bis zum Schluss halten... es ist dennoch schade, dass die vielversprechende Ausgangssituation von "My Old Lady" später doch recht eindeutig ins falsche Genre verschenkt wird.

Fazit: Ideen hatten sie zu genüge, doch die Macher können diese nicht wirklich stimmig verknüpfen. Charmante Comedy beißt sich mit vorhersehbarem, klischeebehaftetem Drama, wobei man sich zwischen alle Stühle setzt. Nur die drei Hauptdarsteller halten dabei noch deutlich die Fahne hoch.

Note: 4+




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