Mein Kinojahr 2019 beginnt mit einem deutschen Film - tatsächlich ist die Komödie "Kalte Füße" der erste Film, den ich in diesem Jahr im Kino gesehen habe (die Kritik zu "Robin Hood" zog ich wegen der größeren Popularität des Films vor, dieser war jedoch bereits mein zweiter Kinobesuch). In den letzten beiden Jahren markierten jeweils "Passengers" und "The Greatest Showman" einen positiven Beginn eines im weiteren Verlauf zumindest mehrheitlich guten Kinojahres und ich hoffte, dass dies nun vielleicht auch der Fall sein würde... obwohl ich mich nach den eher lauen Kritiken diesmal doch eher auf eine kleine Enttäuschung eingerichtet habe.
KALTE FÜSSE
Um seine Schulden bei dem zwielichtigen und kriminellen Geschäftsmann Adam (Aleksander Jovanovic) zu begleichen, soll Denis (Emilio Sakraya) in das leerstehende Haus des wegen eines Schlaganfalls unpässlichen Seniors Raimund Groenert (Heiner Lauterbach) einbrechen und den dortigen Safe knacken. Der Schock ist groß, als Denis darin nicht nur auf den im Rollstuhl sitzenden und seine Sprechfähigkeit verlorenen Mann trifft... sondern auch auf seine angereiste Enkelin Charlotte (Sonja Gerhardt), die Denis für den Pfleger ihres Großvaters hält. Als das Haus während einer Kältefront eingeschneit wird, muss Denis diese Rolle weiterspielen und dabei den wissenden Großvater austricksen und Charlotte an der Nase herumführen.
So viel darf ich sagen: Nein, ein Highlight wie "Passengers" vor zwei Jahren stellt mein erster Kinobesuch des Jahres diesmal nicht dar. Es hätte aber auch durchaus schlimmer kommen können, denn entgegen den eher niedrigen Erwartungen entpuppt sich "Kalte Füße" trotz unübersehbarer Schwächen als durchaus unterhaltsame und weitestgehend temporeiche Komödie, die ihre Ausgangssituation über neunzig Minuten immer wieder mit witzigen Momenten und Zwischenfällen zu füllen weiß. Natürlich ist diese Ausgangssituation totaler Quatsch, unglaubwürdig und konstruiert bis zum Geht-nicht-mehr, und das gesamte Kartenhaus würde auf der Stelle in sich zusammenbrechen, würde die naive Charlotte hier nur einmal vielleicht einen Ausweis von dem fremden Mann im Haus verlangen... und das soll eine Polizeianwärterin sein. Aber gut, solcherlei eklatante Plotholes muss man eben schlucken, damit sich der Film auf Spielfilmlänge ausbreiten kann und nicht gleich nach zwanzig Minuten sein Ende findet. Und wenn das alles ist und wir stattdessen einem hadernden und komplett überforderten Denis dabei zusehen können, wie ihm die Situation immer mehr entgleitet, dann ist das so schon okay.
Die Chemie zwischen den Darstellern funktioniert dabei sehr gut: "Willkommen bei den Hartmanns"-Star Heiner Lauterbach hat dabei die schwerste Rolle abbekommen, muss er sich doch nach fünf Minuten weitestgehend von Bewegung und Sprache verabschieden - wie er da, wissend, dass Denis ein Einbrecher und sicherlich kein Pfleger ist, in seinem Rollstuhl vor sich hin knurrt und dem jungen Mann das Leben mit kleinen Gesten schwer macht, ist aber tatsächlich sehr unterhaltsam. Und auch Emilio Sakraya, der vor elf Jahren gar eine kleine Rolle im leider gefloppten Hollywood-Blockbuster "Speed Racer" innehatte, sowie Sonja Gerhardt machen ihre Sache besonders im gemeinsamen Zusammenspiel sehr gut. Die Funken zwischen den beiden fliegen schon ordentlich, beide lassen gewaltig komödiantischen Charme walten und tatsächlich entwickeln beide auch genug Sympathie und gar Eigenleben, dass man gerne mit beiden Fronten mitfiebert - für eine deutsche Komödie, die in erster Linie ja nur unterhalten will, ist das eigentlich schon eine ganze Menge.
Dafür sieht es auf anderen Ebenen dann teilweise schwächer aus. Die Handlung ist natürlich ein Selbstläufer und nachdem die einzelnen Figuren und ihre Probleme eingeführt haben, weiß man gleich, wie all das ausgehen wird - "Kalte Füße" funktioniert also absolut nach Schema F und liefert dabei keine einzige, storyrelevante Überraschung, wobei gegen Ende sogar noch arg überzeichnet wird. Und auch manch einen Gag hätte man sich daraufhin besser mal verkniffen, denn wo manch ein Wortgefecht zwischen den beiden jungen Hauptfiguren noch wunderbar komisch ist, so sind es die teils fäkallastigen Zwischenfälle nicht. Gewisse Geschlechtsteile in kruden Großaufnahmen oder ein ebenso schmerzhafter wie ekelhafter Zwischenfall mit einer Regenrinne und einem Eiszapfen sind schlichtweg nicht lustig, sondern nur peinlich... und das passt so gar nicht zum ansonsten doch sehr charmanten Rest, der diese Ausrutscher nicht nötig hätte.
Fazit: Charmante Komödie mit gelegentlichen, peinlichen Ausrutschern im Humorbereich. Die Darsteller glänzen im komödiantischen Zusammenspiel, die Geschichte ist vollkommen vorhersehbar und überraschungsarm - solide Unterhaltung mit kleinen Highlights.
Note: 3
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