Direkt zum Hauptbereich

Lilo und Stitch

Augenscheinlich schien es, als hatte man 2002 mit einem neuen Disneyfilm sehr aktuelle und frechere Wege einschlagen wollen. Ein ungemein beliebter Teaser zum Zeichentrickfilm "Lilo und Stitch" zeigte damals, wie ein blaues, grinsendes Alien sich in verschiedene Meisterwerke der Mausstudios verirrte und dabei ein heilloses Chaos anrichtete - war es also tatsächlich Zeit für einen Film, der mit all den geliebten Klischees aufräumte und comedymäßig richtig auf die Tube drückte? Sicher, irgendwie schon, aber so ganz haben sie sich dann wohl doch nicht getraut: "Lilo und Stitch" ist ein überzeugendes Abenteuer, welches aufgrund seiner Albernheiten aber wesentlich weniger lustig ist als erhofft.

LILO UND STITCH


Das offensichtlich gefährliche Genetikexperiment 626, welches alleine auf willkürliche Zerstörung ausgerichtet ist, flieht von einem außerirdischen Raumfrachter zum Planeten Erde. Während die Galaktische Ordnung versucht, den Ausreißer wieder zurückzuholen, ohne dabei von Menschen gesehen zu werden, gelingt es 626, sich als Hund zu tarnen und bei der kleinen Lilo und ihrer überforderten, großen Schwester Nani aufgenommen zu werden. Diese ärgern sich mit dem Jugendamt herum, da Nani offenbar nicht fähig ist, nach dem Tod der gemeinsamen Eltern für ihre schwierige Schwester zu sorgen. Stitch, wie Lilo ihr neues Haustier nun nennt, scheint diese Situation nicht zu vereinfachen...

"Lilo und Stitch" habe ich bereits zur Kinoveröffentlichung gesehen und mich als noch recht filmunerfahrener Konsument, der relativ leicht zu begeistern war, köstlich amüsiert. Nun ist jedoch viel Zeit vergangen, seit ich die Komödie zuletzt sah... ich konnte mich noch an viele prägnante Szenen erinnern, aber nicht mehr, wie der Film denn nun als Ganzes aussah. Und natürlich machte er nun einen gänzlich anderen Eindruck auf mich als sechsundzwanzigjähriger - ich bin schließlich erwachsener geworden und gerade, wenn es um das Medium Film geht, bin ich mittlerweile wesentlich schwerer vom Hocker zu hauen. Vielleicht ist das der Grund, warum mich "Lilo und Stitch" über 85 Minuten solide unterhalten, mich anschließend aber auch mit einem leisen Gefühl der Enttäuschung zurückgelassen hat. 
Was jedoch positiv auffällt, ist ein wunderschöner Zeichentrickstil (die detaillierten Hintergründe wurden mit Wasserfarben gemalt, was ein riskantes Unternehmen ist, sich hier aber vollends ausgezahlt hat), der sich auch in den Actionszenen mit teils spektakulären 3D-Elementen mischt - gerade manch eine Verfolgungsjagd mit einem Raumschiff entwickelt dadurch einen wunderbaren Reiz. Auch der emotionale Catch der Geschichte ist, wenn auch vorhersehbar, durchaus anrührend und dürfte den Begriff der hawaiianischen Familienbedeutung "Ohana" einen Platz in der modernen Popkultur gesichert haben. Zu erwähnen ist dann auch noch der Soundtrack von "Avengers"-Komponist Alan Silvestri, der einige wunderbare Melodien findet - gesungen wird kaum, dafür darf man aber mit einem packenden Instrumental-Score leben, der gerade den Ort des Geschehens, Hawaii, wunderbar unterstreicht. 
Der Rest des Films kann die Erwartungen dann allerdings nicht ganz erfüllen, denn gerade als freche Komödie gelingt es dem Werk nicht richtig, durchgehend Lacher zu zelebrieren. Das Chaos, welches Stitch am Strand und im Familienhaus anrichtet, macht zwar irgendwie Laune, aber etwas wirklich Originelles ist den Machern abseits von recht lauten Albernheiten nicht eingefallen. Da passt es dann auch, dass es zwei Sidekicks in den Film geschafft haben, denen auf Dauer viel zu viel Zeit eingeräumt wird: Der Schöpfer des nun frei herumlaufenden Experiments begibt sich gemeinsam mit einem Erde-Experten auf die Jagd nach Stitch, wobei sich die beiden angesichts ihrer Mission immer wieder in die Haare kriegen. Dies geschieht auf sehr klamaukige, bald gar schon nervtötende Art und Weise, was die Szenen rund um Jambar Jookiba und seinen Gefährten Pliiklii doch zu einer recht anstrengenden und bemerkenswert unlustigen Karikatur macht. 
Wesentlich treffsicherer ist da schon die Figur des mysteriösen Jugendamt-Spezialisten Cobra Bobo, der für den leiseren und durchaus besseren Humor verantwortlich ist... und auch der raue Konflikt zwischen den so unterschiedlichen Schwestern, der ein paar herrliche Slapstick-Momente, aber auch einige herzliche Szenen bereithält. Das Gesamtprodukt schwankt dann aber im Humorbereich deutlich in seiner Qualität und verursacht trotz der kurzen Laufzeit und wegen der im Kern sehr simplen Handlung dann auch einige Längen. 

Fazit: Einen Meisterwerkstatus erringt diese zumeist recht alberne, manchmal gar anstrengende Sci-Fi-Komödie nicht. Dank einiger sympathischer Figuren, viel Herz und rasanter Action ist kurzweiliger Spaß trotz einer eher flachen Handlung aber durchaus drin.

Note: 3


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid