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Marvel's The Punisher - Die zweite Staffel

Die Marvel-Netflix-Serien sind zumindest vorerst Geschichte, daran dürfte mittlerweile niemand mehr zweifeln. Sicherlich ist der bald an den Start gehende, neue Streaming-Dienst seitens Disney an der Tatsache, dass "Daredevil", "Iron Fist" und "Luke Cage" abgesetzt wurden, nicht unschuldig, denn der will seine Marken, zu denen eben auch die Marvel-Superhelden in Kino und TV zählen, nicht bei der Konkurrenz ausleben lassen. Dass zeitnah also auch "The Punisher" und "Jessica Jones" bei Netflix ihr (vorzeitiges) Ende finden werden, ist wohl nur noch Routine. Das ist nicht bei allen dieser Shows schade - manche waren nie gut, andere ließen mit der Zeit nach. Doch den Punisher werde ich vermissen, das ist klar... auch wenn sein voraussichtlicher Abschied in der zweiten Staffel etwas besser hätte sein können.

THE PUNISHER - STAFFEL 2


Nach seinen letzten Auseinandersetzungen hat sich Frank Castle (Jon Bernthal) zur Ruhe gesetzt, zieht allein und ziellos durchs Land. Dabei lernt er während einer Kneipentour die Teenagerin Rachel (Giorgia Whigham) kennen und wird Zeuge, wie diese von mehreren fiesen Gesellen drangsaliert wird. Castle greift ein und löst dadurch ein komplexes Spiel aus, wobei er sich selbst als Beschützer des Mädchens sieht... sie ist da jedoch anderer Meinung. Während das ungleiche Gespann auf der Flucht vor den finsteren Häschern Kugeln und Faustschläge austeilt, erholt sich der schwer angeschlagene Billy Russo (Ben Barnes) von seinen Wunden und schwört schließlich Rache gegen seinen Peiniger.

"The Punisher" hat für viele Marvelfans einen besonderen Platz unter den Serien inne, denn so dreckig, hart und abgefuckt war wohl noch keiner der Netflix-Helden. Das setzt sich auch mit der zweiten und womöglich letzten Staffel fort - "The Walking Dead"-Star Jon Bernthal knurrt sich noch immer so herrlich arrogant und düster durch die dreizehn Folgen, blutet, brüllt, schreit, dass es eine wahre Freude ist. Auch die emotionaleren Komponenten der Serie hat er gut im Griff, wird nicht zu einer Abziehfigur und die Geschichte rund um Frank Castle wird sinnig und gut fortgesetzt, findet sogar einen recht klaren Abschluss, weswegen man diese Serie nun auch gut so stehen lassen kann. Trotzdem teilt sich auch diese zweite Runde weitestgehend die Stärken und Schwächen der anderen, besseren Marvelserien ("Luke Cage" und "Iron Fist" als klare Schlusslichter also mal ausgespart, denn die waren ja nie so richtig gut).
Die Staffel beginnt ungemein stark und die ersten fünf Folgen sind reines Seriengold: Flott, spannend, mit einer beinharten, emotionalen Komponente, mit erfrischenden Wendungen, neuen und alten Figuren und mehreren Plotlines, die mal miteinander, mal auch aneinander vorbei laufen. Die Abwechslung ist frisch, das Tempo ist hoch und mit neuen Gegenspielern bringt man auch eine erfrischende Komponente ins Spiel, die viel mit dem neuen Sidekick zu tun hat - Castles neues Anhängsel in Form eines sechzehnjährigen Teenager-Mädchens gerät dabei glücklicherweise keineswegs nervig, sondern fügt sich perfekt in den Rahmen der Serie ein.
Sobald jedoch der Plot rund um Billy Russo, den Fans eben auch schon aus der ersten Staffel kennen, wackelt das Konstrukt und rund um den Mittelteil herum verheddert sich "The Punisher" in seinen Stricken. So ganz scheinen die Autoren nicht zu wissen, wo sie noch hin wollen, strecken die im Kern nun auch nicht sonderlich komplizierte Story über mehrere, zähe Episoden und brauchen eine lange Weile, um wirklich wieder in Fahrt zu kommen. Das liegt auch am Plot rund um Russo, der recht langatmig mit bekannten Klischees jongliert und viel zu vorhersehbar abläuft - ein gleichwertiger, emotionaler Punch wie in der Vorgängerstaffel wird aufgrund der stagnierenden Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren nicht erreicht.
Auch in den finalen Folgen kommt man nicht an die Brillanz der ersten Episoden der zweiten Staffel heran. Es gibt immer wieder grandiose Momente, die hervorstechen, aber wirkliche Überraschungen bleiben aus. Man agiert nicht ganz so mutig und geht sichere Wege, was etwas schade ist, denn so endet alles ein wenig so, wie man es zuvor bereits geahnt hat. Das ist im Kern noch immer Jammern auf hohem Niveau, denn dank knackiger Actionszenen, einer gut aufgelegten Besetzung (bis auf "Narnia"-Star Ben Barnes, der als Antagonist viel zu blass bleibt), einer schnörkellosen, gekonnten Inszenierung und zwischenzeitlichen Highlights, dank leisem Humor, brachialer Brutalität und interessanten Figuren, fühlt man sich über weite Strecken gut unterhalten. Der Mittelteil ist dabei aber zu schludernd, zu langsam, zu gefällig, als dass man diese sechs Episoden einfach schönreden könnte. Weniger wäre mehr gewesen, dreizehn Folgen sind für eine solch simple Handlung einfach zu viel. Trotz aller Schwächen hätte der "Punisher" aber auch durchaus schlechter enden können - vermissen werde ich ihn sicherlich.

Fazit: Dank eines schluderigen, kopflosen Mittelteils, der über lange Episoden seine simple Handlung unsinnig streckt, ist der Unterhaltungswert nicht ganz so hoch wie zuvor. Die ersten Episoden deuteten noch ein grandioses Serienhighlight an, trotz zwischenzeitlicher Highlights, starker Action und einem brillant aufgelegten Jon Bernthal, ist das hier aber nur solide Netflix-Kost.

Note: 3







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