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Wenn du König wärst

Eine Woche vor dem wohl größten Filmhighlight des Jahres zu starten ist immer etwas schwierig. "Avengers: Endgame" ist gerade in den deutschen Kinos angelaufen und plötzlich scheinen alle anderen Filme vergessen - jeder will wissen, wie die dritte Phase des Marvel Cinematic Universe endet. Deswegen scheuen sich Kinobetreiber und Produzenten ein wenig, in direkte Konkurrenz zu gehen und selbst die Filme, die kurz vorher gestartet sind, sind schlcht positioniert. Das trifft auch auf das Jugend-Fantasy-Spektakel "Wenn du König wärst" zu, der ja ohnehin etwas unter dem Radar beworben wurde und nun auch nicht viel Gehör finden wird. Sehen wollte ich den Film natürlich dennoch und habe das nun auch getan...

WENN DU KÖNIG WÄRST


Der zwölfjährige Alex (Louis Serkis) findet auf einer Baustelle in der Nähe seiner Schule plötzlich ein Schwert, feststeckend in einem Stein. Erst kann er kaum glauben, dass es sich dabei tatsächlich um Excalibur handelt, das legendäre Schwert aus der Artus-Sage. Mit der Zeit muss er jedoch einsehen, dass es genau dieses ist - so sagt es ihm der Zauberer Merlin (Patrick Stewart). Als fernab die böse Zauberin Morgana (Rebecca Ferguson) erwacht, um sich das Schwert unter den Nagel zu reißen, muss Alex seine wahre Bestimmung einsehen... und mit ihm auch die ganze Schule, die sich sonst so versessen zeigte, dem armen Jungen eins auf die Rübe zu geben.

Einen Fantasy-Plot in unsere reale Welt zu übertragen, das kann, wenn man es richtig angeht, wahnsinnig viel Spaß machen. Die "Harry Potter"-Reihe brachte diese Idee bereits auf die Spitze und zeigte auf, was denn los sein würde, würden Zauberer und Hexen unter uns leben - J.K. Rowling erschuf dabei nicht nur eine magische, eigene Welt, sondern verknüpfte diese auch mit unserer echten, was ungemein rund, teilweise witzig und fantastisch detailliert war. Seit dem Ende der filmischen Reihe im Jahr 2011 versuchen etliche Studios nicht nur, ein ähnlich profitables Fantasy-Franchise zu etablieren, sondern eben auch mit dieser ebenso simplen wie faszinierenden Grundidee umzugehen. Gerne wird dabei natürlich auf erfolgreiche Romane zurückgegriffen, für "Wenn du König wärst" liegt ein solcher jedoch nicht zu Grunde. Man muss den Film also nicht mit einer Vorlage vergleichen, sondern kann sich einfach schnörkellos unterhalten lassen, was in zwei von drei Akten solide gelingt.
Tatsächlich ist der Mittelteil, wenn sich die Protagonisten auf der Reise, die sie antreten müssen, um die wieder erstarkende Morgana ("Greatest Showman"-Star Rebecca Ferguson hat als flache Antagonistin im Grunde gar nichts zu tun) aufzuhalten, nämlich der mit Abstand schwächste Teil geworden, verabschiedet man sich hier doch von der realen Welt und der Heimat der Protagonistin und segelt in ein reines Fantasy-Abenteuer. Dieses wird mit banalen und teilweise furchtbar mies geschriebenen Konflikten der Protagonisten und natürlich einigen rasanten Actionszenen angereichert. Doch eine Verfolgungsjagd durch die öden Wiesen Schottlands hat eben längst nicht den gleichen Drive wie ein Kampf gegen fiese Feuerwesen, die mitten in London stattfindet und während welchem sich Alex und seine Freunde in ihrer Heimat zurechtfinden müssen, die plötzlich bedroht wird. Wenn sich die ältere, bald ebenfalls zur Heldengruppe dazustoßende Kaye in einer wilden Autofahrt hinters Steuer klemmen muss, ist das eben, trotz manch eines sehr bemüht wirkenden Popkultur-Jokes, eben wesentlich witziger als ewig lange Wanderungen zu verlassenen, mystischen Stätten.
Der Reiz besteht eben darin, zwei Welten aufeinanderprallen zu lassen und genau diesen lebt "Wenn du König wärst" nicht durchgehend, wird ab der Halbzeit doch noch zu einem sehr braven, durchschnittlichen Heldenabenteuer. Zuvor hat man mit soliden Witzen und einigen prägnanten Actionszenen aber eben genau ein solches Feuerwerk gesehen und auch pünktlich zum Finale reitet man diesen spaßigen Gaul wieder, wenn Alex und seine Freunde zur finalen Schlacht mal eben die halbe Schule einladen. Das ist natürlich dick aufgetragen und nicht jeder Witz sitzt dabei, auf rein dramaturgischer Ebene ist das schwach auf der Brust und auch die jungen Darsteller wirken in dieser Hatz das ein ums andere Mal überfordert.
Die junge Zielgruppe wird das natürlich weniger stören und die werden dann auch ihre wahre Freude haben - sofern sie sich nicht von einigen sehr düsteren Szenen verschrecken lassen, die zumindest in der von mir besuchten Vorstellung einige Kinder und auch deren Eltern zeitweilig aus dem Lichtspielhaus scheuchte. Wer also bereits reif genug ist oder es im hohen Alter einfach noch nicht richtig ist, kann hier kurzweilig unterhalten werden - leider ist der Film aber über weite Strecken doch zu brav geraten, um langfristig im Gedächtnis zu bleiben und das Beste aus seiner Grundidee zu machen.

Fazit: Die Artussage ist wieder da, diesmal in unserer Welt und mit Kids als auserwählten Weltenrettern. Das ist mal spaßig, mal aber auch sehr brav. Mal ziemlich albern, mal aber auch herrlich charmant. Ein im Kern durchschnittliches Vergnügen, für Kids sehr spannend, für Erwachsene aber etwas zu einfältig.

Note: 3-









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