Vor einigen Wochen habe ich zum ersten Mal Filme getauscht. In einer Tauschbörse auf Facebook schloss ich mich mit anderen Filmfans zusammen und wir tauschten einige Filme aus unserer Sammlung - ich gab Werke ab, die ich nicht mehr benötigte und erhielt dafür andere, neue. Neben "Kong: Skull Island" und dem Weltraum-Horrorthriller "Life" sahnte ich dabei auch zwei Filme ab, die ich bislang noch nicht gesehen hatte: Die Tragikomödie "It's Kind of a funny Story" und das Western-Drama "The Homesman" unter der Regie von Tommy Lee Jones. Letzteren habe ich mir nun angesehen und konnte am Ende verstehen, wieso sein vorhergehender Besitzer dieses Werk nicht zwingend in seinen Reihen behalten musste...
THE HOMESMAN
In der Siedlung Loup des Mittleren Westens in den USA verlieren drei Frauen aufgrund einschneidender Ereignisse ihren Verstand. Die alleinstehende Farmerin Mary Bee Cuddy (Hilary Swank) erklärt sich noch vor den männlichen Bewohnern und den Ehemännern der drei Damen dazu bereit, sie in einem Wagen ins mehrere Wochen entfernte Iowa zu bringen, wo eine Methodistengemeinde den Frauen helfen soll. Auf dem Weg gabelt sie den halbtoten, am Galgen zurückgelassenen, heruntergekommenen Verbrecher George Briggs (Tommy Lee Jones) auf - gegen das Versprechen, dass er sie nach Iowa begleitet und ihr aushilft, rettet sie ihm das Leben. Die beiden tun sich auf der gefährlichen Reise durch den kargen Westen zusammen...
In seiner zweiten Regiearbeit bleibt Tommy Lee Jones, der hier auch die männliche Hauptrolle übernommen hat, seinem Faible für den Western treu. Dennoch liefert er hier keinen konventionellen Western mit Revolverduellen, Helden oder Gangstern ab - er erzählt eine Geschichte von Menschen am Rande des gesellschaftlichen Wahnsinns, wie sie sich in ihr Leben einfügen müssen und dies oftmals nicht können. Die Reise, die Briggs und Cuddy unternehmen, ist dabei zwar der Fokus, gerät angesichts dieser schwergewichtigen Fragen über Menschlichkeit, die Gesellschaft und das, was ein Mensch tun kann und will, beinahe in den Hintergrund. Viele werden "The Homesman" daher als langweilig und stumpf abtun, da sich innerhalb dieser Reise doch recht wenig tut - actionlastig ist das Werk nämlich keinesfalls. Und obwohl man Jones' Film sicherlich an einigen Stellen angreifen kann, kann man ihm Langeweile nicht vorwerfen. Dafür bricht er zu sehr mit klassischen Traditionen und wechselt sogar Stilmittel in diversen Szenen ab.
Nicht jedem Zuschauer wird sich dabei jegliches Mittel sympathisch erschließen - für mich wirkte eine Szene in einem einsamen Hotel sogar wie eine seltsame Anbiederung an den Mainstream, inklusive Auftritt von "The Blacklist"-Star James Spader, wie rausgelöst aus dem restlichen, darüber hinaus doch weitestgehend ruhigen Film. Und diese Ruhe ist zu Beginn in knackigen Dialogen und einem interessanten Aufeinandertreffen von zwei absonderlich-sympathischen Figuren noch durchaus willkommen, findet aber später keinen rechten Schwung. "The Homesman" funktioniert keineswegs über die Geschichte, die über all die Charaktere gestülpt wird, sondern mehr über seinen Ballast an einzelnen Momenten, wobei jeder Zuschauer seine Favoriten oder auch seine Momente, die er lieber überspringen würde, herauspicken kann.
Die im Fokus stehende Reise und besonders die beiden Hauptprotagonisten hat Jones selbst dann weitaus weniger im Griff, obwohl er sich selbst und auch "Betty Anne Waters"-Star Hilary Swank zu starken Leistungen anstachelt. Beide Charaktere bleiben ein Geheimnis und was anfangs noch durchaus ansprechend wirkt, zeigt sich mit fortschreitender Zeit: Sie sind beide nicht sonderlich packend geschrieben. Der eine, der sich nicht in die Gesellschaft einfügen will, nun auf seine alten Tage aber einen wichtigen Auftrag erhält; und die fromme, ledige Dame, die das Richtige tun will, dabei aber einsehen muss, dass sie der Aufgabe kaum gewachsen ist. Edle Motive und Zündstoff für emotionale Konflikte, dennoch grast Jones zu arg an der Oberfläche und sowohl Briggs als auch Cuddy bleiben bis nach dem Abspann seltsam losgelöst, unbeendet.
Ja, das ist dann, trotz einiger mutiger Szenenwechsel und einem solide aufspielenden Starangebot unter den Nebendarstellern (leider haben Meryl Streep, "Dexter"-Fiesling John Lithgow, "True Grit"-Star Hailee Steinfeld und Co. ziemlich wenig zu tun), für den ein oder anderen Zuschauer sicherlich etwas langweilig. Für andere, wie für mich, sichtlich zu sperrig, etwas zu langsam. Und für wieder andere ein klares Meisterwerk. Ein Film, der die Gemüter spalten wird, dabei aber den Sprung in die Filmgeschichte irgendwie verpasst - etwas zu gewollt besonders. Und das funktioniert eben nicht immer.
Fazit: Tommy Lee Jones' zweite Regiearbeit lebt von den einladenden Bildern einer ebenso ruhigen wie trostlosen Prärie sowie engagierten Darstellern - im Hinblick auf den zentralen Konflikt seiner Charaktere und seiner ohne wirklichen Zug laufenden Handlung ist ihm viel eingefallen, doch wenig davon funktioniert im Gesamtkonzept.
Note: 3-
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