Direkt zum Hauptbereich

E-m@il für dich

Dass man vor vielen Jahren noch Tage oder gar Wochen auf die Antwort einer Person warten musste, die sich weit entfernt von jemandem aufhielt, scheint heutzutage nicht mehr vorstellbar. Brieffreundschaften? Geschriebene Gespräche mit tagelangen Pausen? Was damals normal und bereits fortgeschrittene Technik war, wirkt heute wie ein längst vergessener Traum - das Internet hat uns alle in seiner Gewalt, Antworten auf wichtige Fragen erhalten wir in Sekunden. Auch für die beiden Protagonisten in der romantischen Komödie "Email für dich" ist diese Technik ein wahres Wunderwerk: Emails. Leider wird der an "Stolz und Vorurteil" angelehnte Handlungskicker jedoch nicht immer passend genutzt.

E-M@IL FÜR DICH


Kathleen Kelly (Meg Ryan), Besitzerin eines beliebten Kinderbuchladens in New York, schreibt im Internet heimlich über private Mails mit einem ihr unbekannten Mann - sie weiß nicht, wer er ist, wie er aussieht oder was er beruflich macht, dennoch hat sie, obwohl sie bereits in einer Beziehung mit dem verkopften Autoren Frank Navasky (Greg Kinnear) steckt, schnell Gefühle für den Mann am anderen Ende der Leitung. Nicht im Traum kann sie sich jedoch vorstellen, dass dieser einfühlsame Mensch in Wahrheit der stinkreiche Unternehmer Joe Fox (Tom Hanks) ist... genau der Mann, der mit einem neuartigen Büchergeschäft ohne Zögern in direkte Konkurrenz geht und somit Kathleen's Job gefährdet. Beide wissen nicht, dass der andere Chatpartner ihre direkte Konkurrenz ist und das sie sich somit in ihren erbitterten Gegenspieler verlieben...

"E-Mail für dich" ist im Grunde die typische Romantikkomödie aus dem Ende der 90er Jahre: Charmant, stark besetzt, recht lang und dabei, trotz einer nicht zwingend sehr originellen Grundidee, ziemlich spaßig. Dass es dem Film der im Jahr 2012 leider verstorbenen Regisseurin Nora Ephron dabei nicht gelingt, auch nur annähernd an wesentlich stärkere und besser in Erinnerung bleibende Genre-Klassiker des gleichen Zeitraumes, "Notting Hill" beispielsweise, heranzukommen, wird jedoch auch schon früh deutlich. Denn obwohl der Film im Grunde alles richtig macht, niemandem auf die Füße tritt, durchaus sympathische Charaktere auffährt und einen spannenden Grundkonflikt bereithält, fehlt ihm doch der letzte Funke. 
Nichts daran ist wirklich besonders, wenn man mal von den offensichtlichen und in der Presse ordentlich zerrissenen Product Placements absieht, die sich ja sogar schon im Originaltitel aufdrängen - man kann kaum ahnen, wie stolz der damalige Internetanbieter AOL für eine solche Werbung gewesen sein muss, war das Werk doch ein großer Erfolg und gar in aller Munde. Ansonsten ist es eine feine romantische Komödie, manchmal herrlich frech, ab und an etwas zu simpel und mit einer Lauflänge von zwei Stunden auch deutlich zu lang geraten. So richtig in Schwung kommt "E-Mail für dich" nämlich irgendwie nicht und sobald die zu Grunde liegende Prämisse zweier verliebter Personen, die eigentlich gar nicht wissen, in wen sie sich da verlieben, vollends aufgefahren ist, passiert auch eine ganze Weile nicht mehr viel. 
Mit ausgestreckten Ellenbogen versucht die Komödie, ernste Dramatik einzubringen und dabei die Thematik der Geschäftskonkurrenz und gar der drohenden Schließung eines Geschäfts an den Mann zu bringen, huscht über solcherlei Konflikte aber auch viel zu rasch hinweg. Das wirkt dann doch etwas zu weich und auch das Ende gerät hier zu vorhersehbar... aber das ist eben auch ein Problem des Genres, welches viele gar nicht als ein solches sehen wollen werden und sich deswegen einfach eingemummelt mit den Protagonisten freuen. Und das ist ja auch schön so, denn unterhalten wird man durchaus solide, nur ohne wirklich in Erinnerung bleibende Momente, die andere Komödien in den 90er-Jahren meistens gar zuhauf zu bieten hatten. 
Durchaus ansprechend ist jedoch die Besetzung geraten, obwohl man auch hier eher auf Nummer sicher geht. "Der Krieg des Charlie Wilson"-Star Tom Hanks und die in den 90er-Jahren insbesondere durch RomComs zum absoluten Star aufgestiegene Meg Ryan hatten sich schließlich auch schon in "Schlaflos in Seattle" auf kultige Weise ineinander verliebt - sie hier nun erneut zusammenzubringen, war rein promotechnisch natürlich ein Clou. Beide machen ihre Sache dann aber auch gewohnt sehr ordentlich, streckenweise sogar sehr gut, wobei sie den Rest des namhaften Casts, dem unter anderem auch noch "Little Miss Sunshine"-Star Greg Kinnear oder der aus "Planet der Affen" bekannte Steve Zahn angehören, mit viel Charme und natürlicher Ausstrahlung in die Tasche stecken.

Fazit: Kein Highlight des Genres, dank aufgeweckter Darsteller und einem spannenden wie spaßigen Grundkonflikt aber solide Unterhaltung. Hätte man hier und da die Schere angesetzt und etwas mehr Biss und Tempo bewiesen, wäre aber sicherlich noch etwas mehr dabei herausgekommen.

Note: 3




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid