Ich kann mich definitiv noch daran erinnern, früher an den Weihnachtsmann, den Nikolaus und ans Christkind geglaubt zu haben... die Erinnerung, wie ich die Wahrheit bezüglich deren Existenz erfuhr und wie ich diese aufgenommen habe, ist jedoch verschwunden. Vielleicht sollte ich diesbezüglich noch einmal nachhorchen, denn während der Sichtung des Weihnachtsfilms "Das Wunder von Manhattan" aus dem Jahr 1994 stellte ich mir tatsächlich die Frage, wie ich diese Erkenntnis denn damals verkraftet habe. Auch der Film selbst spielt mit dieser Frage, geht aber noch ein ganzes Stück weiter, bis ins Märchenhafte hinein. Existiert der Weihnachtsmann wirklich? Und falls ja... lässt sich dessen Existenz beweisen?
DAS WUNDER VON MANHATTAN
Als der Weihnachtsmann-Schauspieler für die große Weihnachtsparade des "Cole's"-Kaufhauses kurzfristig ausfällt, ist die Veranstalterin und Organisatorin des Events, Dorey Walker (Elizabeth Perkins) händeringend auf der Suche nach einem Ersatz. Dabei trifft sie auf einen Senioren (Richard Attenborough), der sich selbst Kriss Kringle nennt und offenbar davon überzeugt ist, der echte Weihnachtsmann zu sein. Sein Auftritt bei der Parade und nachträglich auch im Kaufhaus bringt Kinder und Eltern zur Verzückung... einzig Doreys Tochter Susan (Mara Wilson) zweifelt, hat sie die Wahrheit hinter der Existenz des Weihnachtsmanns aufgrund des Jobs ihrer Mutter doch längst erfahren. Ihre Zweifel bringen Mr. Kringle dazu, sich ein wenig ins Zeug zu legen - er möchte dem kleinen Mädchen und auch ihrer Mutter beweisen, dass der Mann im roten Mantel wirklich existiert und er diesen verkörpert.
Die größte Freude dieses Remakes des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1947 besteht in der Person dieses ebenso mysteriösen wie liebenswerten Mister Kringle, der sich selbst als Weihnachtsmann sieht - und ihm tatsächlich wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Regisseur Les Mayfield geht dieser Frage nicht direkt auf den Grund, spielt dafür aber im innerhalb der ersten Hälfte wunderbar charmanten Skript von John Hughes und George Seaton sehr spannend mit eben dieser. Lange Zeit bleiben mehrere mögliche Antworten auf die große Persönlichkeitsfrage von Mr. Kringle offen. Neigt man zu der märchenhaften Variante und ist er tatsächlich der leibhaftige Weihnachtsmann? Ist der alte Herr womöglich geistig verwirrt? Oder einfach nur ein fabelhafter, herzlicher Schauspieler, der das Wohl der Kinder über alles andere stellt?
Diesen Antwortmöglichkeiten nach und nach auf den Zahn zu fühlen, obwohl lange Zeit keine von ihnen wirklich auszuschließen ist, sie alle innerhalb der Logik des Films ungemein plausibel wirken, ist eine große Freude. Unterstützt wird dieser Plot dann von einer schlichtweg umwerfenden, nahezu erhabenen Performance des im Jahr 2014 verstorbenen "Jurassic Park"-Stars Richard Attenborough - er verleiht Mr. Kringle so viel Herz, Wärme und Glaubwürdigkeit, dass man kaum umhin kann, in ihm den Weihnachtsmann zu sehen. Neben ihm glänzt auch der damalige Kinderstar Mara Wilson: Nur ein Jahr nach ihrem Durchbruch mit der zauberhaften Familienkomödie "Mrs. Doubtfire" zeigte sie hier erneut, dass noch viel Großes von ihr zu erwarten war - schade, dass man von Wilson filmtechnisch im Grunde nichts mehr hört, hat diese sich doch aus dem Scheinwerferlicht zurückgezogen. Dieses charmante Zusammenspiel, unterstützt von fähigen Nebendarstellern wie Elizabeth Perkins, "Dexter"-Star James Remar oder einem hier mal richtig geforderten Dylan McDermott, dem später sogar eine echte Schlüsselrolle zufällt, macht dann ungemein viel Freude... bis man es mit diesem Plot doch etwas zu weit treibt.
In der ersten Hälfte ist "Das Wunder von Manhattan" ein ebenso kluges wie interessantes Familiendrama, mit einem Hauch menschlicher Magie und sehr sympathischem Humor. Diese Gangart ändert sich ungefähr ab der Halbzeit... plötzlich geht es um mehr, als einem zweifelnden Kind ein Lachen aufs Gesicht zu zaubern. Plötzlich geht es da um Schuld, um eklatante Beweise, um Verteidigungen und gar einen großen Gerichtsprozess und spätestens ab diesem Moment verliert "Das Wunder von Manhattan" in all seinen überzogen-unglaubwürdigen Wendungen, in seinem schier heillos-bunten Weihnachtskitsch, wenn sich alle Menschen in den Armen liegen, in seinen überzeichneten Bösewichtern und lachenden Kindergesichtern, sehr deutlich den Boden unter den Füßen.
Sicherlich ist der Film ein Familienwerk und soll vordergründig unterhalten, ein wenig glauben muss man an die innere Logik des Films aber schon und hier bröckelt "Das Wunder von Manhattan" bis zu einem schlichtweg überkitschten und in dieser Hinsicht gar äußerst dummen Showdown immer weiter in sich zusammen. Wo er zuvor noch charmant, clever und ungemein herzlich war, wird er plötzlich immer überzogener, arbeitet mit dem Holzhammer, verrät bis dato sogar einige seiner zuvor so brillant geschriebenen Figuren. "Das Wunder von Manhattan" bleibt daher einzig und allein wegen einem starken Attenborough auch später noch sehenswert - es ist aber bezeichnend, wie viel schwächer er später wird, was wirklich schade ist.
Fazit: Nach einer ungemein charmanten ersten Hälfte, die ebenso klug wie herzlich und humorvoll ist und in welcher Sir Richard Attenborough eine Glanzleistung darbietet, verliert der Film später in all seinem überzogenen Megakitsch und einigen bescheuerten Handlungspunkten deutlich den Boden unter den Füßen.
Note: 3
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