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Brightburn: Son of Darkness

So ziemlich jeder hat von dem "Skandal" rund um James Gunn mitbekommen, der aufgrund einiger jahrealter und geschmackloser Tweets zeitweise als Regisseur von dem dritten und nun mit deutlicher Verspätung in den Kinos anlaufenden "Guardians of the Galaxy"-Film abgezogen wurde. Mittlerweile ist Disney bekannterweise zurückgerudert, Gunn sitzt wieder im Sattel und macht den Marvel-Film nach einem Ausflug zur Konkurrenz - vorher inszeniert er nämlich tatsächlich den neuen "Suicide Squad". Zwischen diesen ganzen Superlativen (zuvor war er auch bereits als Produzent bei den beiden letzten "Avengers"-Filmen an Bord und inszenierte dort einige der Guardians-Szenen) blieb ihm aber auch noch Zeit für einen Ausflug ins Horrorgenre.

BRIGHTBURN: SON OF DARKNESS


Vor zwölf Jahren wurde der Kinderwunsch von Tori (Elizabeth Banks) und Kyle Breyer (David Denman) endlich erhört... allerdings nicht so, wie sie sich dies vorgestellt hatten. Ein kleiner Komet schlug auf ihrer Farm ein - an Bord ein vollkommen normal aussehendes Baby, welches aber ganz offensichtlich aus einer anderen Welt stammen muss. Tori und Kyle nahmen das Wunder bei sich auf und mittlerweile ist aus Brandon (Jackson A. Dunn) ein Jugendlicher geworden. Mit dem langsamen Eintreten in die Pubertät legt er jedoch Verhaltensstörungen an den Tag, welche den Eltern Sorgen bereiten und es dauert nicht lange, bis Brandon ein grausames Chaos anrichtet...

Die Prämisse dieses Horrorfilms ist ebenso schnell erzählt wie erstaunlich originell: Was wäre, wenn Superman ein Psychopath und Killer gewesen wäre? Und auch wenn es sich hier nicht um eine Parallelwelt von Smallville handelt, es keinen Clark Kent oder Lex Luthor gibt - die Ähnlichkeiten der Ausgangssituation sind frappierend zu derer des großen Comichelden. Man möge sich nun nur mal vorstellen, was für eine Gefahr eine solch machtvolle Person wäre, wenn sie sich eben entscheidet, den Menschen nicht mehr zu helfen, sondern ihnen zu schaden. Und aus dieser simplen Idee haben Produzent James Gunn und Regisseur David Yarovesky nun einen abendfüllenden Film gezimmert, der für mich schon seit der Ankündigung zu den interessantesten Horrorfilmen des Kinojahres 2019 zählte.
Um es vorab zu sagen: Den beiden ist ein sehr ordentlicher Schocker gelungen, atmosphärisch, flott und sehr brutal, sie nutzen ihre brillante Grundidee hier jedoch noch nicht vollkommen aus. Tatsächlich beschränkt man sich über mehr als die Hälfte des Werkes damit, den langsamen Weg des Sohnes aus dem All hin zu einem gefährlichen Psychopathen aufzuzeigen. Die ersten, seltsamen Winks gibt es schon früh, wenn die Eltern doch etwas andere Masturbationsvorlagen unter der Matratze ihres Sohnes finden oder der seine Kraft nicht immer ganz einschätzende Brandon einen Rasenmäher mal eben bis an den Waldrand schleudert, als er versucht, ihn anzulassen. Hier geht das eingespielte Team dann aber auch sehr sicher vor, liefert keine großen Überraschungen, dafür aber ein atmosphärisch dichtes Treiben mit wohlgestreuten Ruhepausen, gut getimten Jumpscares und leisem Humor.
Dabei lassen sie sich angenehm viel Zeit, um ihren Plot anzuschieben, was hinten raus jedoch zu einem Problem wird: Mit 95 Minuten ist die Laufzeit recht knapp bemessen, sodass man nach dem ausführlichen Intro später mehrere Gänge hochschalten und sich beeilen muss, um mehrere Wendungen und Plotpoints sowie ein krachendes und blutiges Finale, inklusive Cliffhanger für eine mögliche Fortsetzung, noch in einer Dreiviertelstunde unterzubringen. Dass sich die Macher auch hier noch achtsam aus der Affäre ziehen, ist zum einen dem sehr simplen Plot zu verdanken, der sich nicht mit mühseligen Nebengeschichten oder einem ausufernden Ensemble aufhält... zum anderen aber auch, da man sich hier mit einigen herausstechenden Szenen nachhaltig ins Hirn des Zuschauers brennt.
Dafür, dass "Brightburn" eine FSK ab 16 Jahren bekommen hat, ist der Film tatsächlich extrem brutal geraten und hält in schier unerträglichen Detailaufnahmen ungeschont drauf, wenn Kiefer zerbrochen, Glasscherben aus Augen entfernt und Menschen massakriert werden. Gunn und Yarovesky sind aber auch nicht daran interessiert, einen spaßigen Horrorfilm zu liefern - sie ergötzen sich förmlich daran, tragende Charaktere auf brutale Art und Weise aus der Handlung zu streichen. Das hätte in Kombination mit einer etwas tieferen Figurenentwicklung noch intensiver werden können, ist aber in dieser Form auch schon ziemlich gut und endet schließlich genau an dem Punkt, an dem es richtig interessant wird. Da ist man fast schon ein wenig enttäuscht, dass "Brightburn" an genau diesem Punkt in den Abspann übergeht, drückt dafür aber noch fester die Daumen für eine Fortsetzung. Denn mit dieser Ausgangssituation könnte uns dann in ein paar Jahren ein Sequel erwarten, welches das immerhin schon recht gute Original zumindest in Sachen Spektakel noch einmal übertreffen könnte.

Fazit: "Brightburn" verteilt seine lange, atmosphärische Einführung und das spätere, blutige Spektakel nicht immer ganz passend über seine kurze Laufzeit, ist darüber hinaus aber beinahe durchgehend spannend, enorm brutal und nutzt seine originelle Ausgangssituation für einige wahnwitzige Momente.

Note: 3+







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