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Krieg der Götter

Als ich noch jünger war, lockten mich Spezialeffekte und riesige Materialschlachten ebenfalls noch ins Kino. Ich zeigte mich beeindruckt von der Macht des Computers, wollte großartige Bilder sehen und nahm dafür auch gerne mal eine nichtige Handlung in Kauf. Heute jedoch habe ich bereits viel gesehen und längst sind große, visuelle Tricks nicht mehr das Nonplusultra. Ich liebe sie noch immer, wenn sie gut gemacht sind und gemeinsam mit Handlung, Charakteren und Inszenierung ein rundes Bild ergeben, so wie es im heutigen Blockbusterkino zum Beispiel das Marvel Cinematic Universe oder die grandiose "Der Herr der Ringe"-Trilogie zeigten. Wenn man sich jedoch einfach nur auf Bombast verlässt und den Zuschauer mit einer reinen Orgie von Computertricks taubschießen will, geht das meist nach hinten los und auch heute noch gibt es viel zu viele Beispiele von solchen Fehlentscheidungen. Der 2011 erschienene "Krieg der Götter" ist eines davon.

KRIEG DER GÖTTER


1228 vor Christus: Der brutale und machthungrige König Hyperion (Mickey Rourke) reist mit seiner Streitmacht über ein Dorf. Dort möchte er den Epeiros-Bogen finden, um sich mit dieser mächtigen Waffe an den Göttern zu rächen, denen er die Schuld am Tod seiner Familie gibt. Hyperion hinterlässt Zerstörung und unzählige Tote und erklärt den Göttern den Krieg. Als er in das Dorf des jungen Bauern Theseus (Henry Cavill) einfällt, stellt der sich ihm entgegen und verbündet sich kurz darauf mit dem Orakel Phaedra (Freida Pinto). Diese weiß, wo sich der begehrte Bogen befindet und möchte Theseus zu ihm führen, damit dieser ihn an sich nehmen und somit Hyperion aufhalten kann. Auf dem Weg warten jedoch viele Bedrohungen auf sie... und am Ende wartet der mächtige König mit seiner schier unaufhaltsamen Armee.

Als "300" nach einer beliebten Graphic Novel im Jahr 2007 einen solch durchschlagenden Erfolg feierte, war abzusehen, dass anschließend eine ganze Reihe von Nachmachern den Weg in die Kinos finden würden - ein solcher Erfolg musste sich doch sicher wiederholen lassen, oder? Aber so richtig funktionieren wollte das anschließend nicht mehr, waren die Zuschauer nach zwei Stunden des Brüllens, Schlachtens und der stilistisch brillanten Superzeitlupen, in denen Gerard Butler und Michael Fassbender gegen Nashörner, Armeen und Elefanten antraten, auch schon wieder satt. Selbst die spätere Fortsetzung konnte diesen Hype nicht erneut entfachen und die dazwischen erschienenen Genrewerke wollten ebenfalls nicht richtig zünden. Das gilt sowohl für das vom Publikum abgestrafte Fantasy-Doppel "Kampf der Titanen" und "Zorn der Titanen" als auch für den 2011 auf die Leinwände losgelassenen "Krieg der Götter". 
"Selfless"-Regisseur Tarsem Singh setzt hier im Grunde auf alles, was "300" damals so groß machte, läuft aber dennoch an so ziemlich allem vorbei, was einen Film wie diesen irgendwie gut machen würde. In Sachen Handlung oder gar einer genauen Nachempfindung der göttlichen Legenden und der Geschichte liefert Singh erwartungsgemäß gar nichts ab - seine Charaktere bleiben so klare Abziehbilder, dass selbst die namhaften Schauspieler (unter anderem der spätere Superman Henry Cavill in der Hauptrolle, "Sin City"-Star Mickey Rourke als Bösewicht und "Fast & Furious"-Antagonist Luke Evans als strahlende Gottheit) weniger agieren als viel mehr ihre beeindruckende, körperliche Präsenz zur Schau stellen müssen. Da wirkt dann eine zwischendurch eingeschobene Romanze wie der seltsame Haken auf einer Checkliste und ein bisschen nackte Haut konnte man dann auch noch verbuchen. 
Darüber hinaus setzt Singh dann fast ausschließlich auf Action und auf dieser Ebene kleckert er dann auch nicht, sondern klotzt das üppige Budget so gigantisch wie möglich auf die Leinwand. Doch auch hier gibt es durchaus Probleme: Zum einen kennen wir diese Bilder schon, zum anderen wirkt auch die gigantischste Actionsequenz, die größte Flutwelle und die langsamste und blutigste Mega-Zeitlupe irgendwie ziemlich dämlich, wenn man sich nicht den Hauch für Atmosphäre oder Realität interessiert. Man kann von "300" halten, was man will, aber Zack Snyder erschuf in seinem Schlachtengetümmel zumindest eine Dramaturgie, die durchaus funktionieren kann und wusste auch, was er mit seinen Bildern bewirkt. Singh jedoch lässt seine Armeen einfach nur aufeinander los, lässt den Score und die epischen Chöre von "London Has Fallen"-Komponist Trevor Morris tosend erklingen und lädt jedes noch so nichtssagende Bild mit einer wahren Sturmflut von digitalen Effekten auf. 
Das kann man durchaus spektakulär finden und Freunde von lauter, tosender und kaum enden wollender Action kommen hier sicher auf ihre Kosten... aber es ist eben auch ein reichlich unemotionales Unterfangen. Sämtliche Bilder wirken ungemein künstlich in ihren grellen, gelblich angehauchten Farben, keine Waffe, kein Kostüm und keine Gefahr wirkt echt. Man sieht förmlich den Greenscreen, vor dem Cavill und Co. geturnt haben, man sieht die Schlacht, fühlt sie jedoch nicht. Da ist man dann schon angesichts all des überhöhten Splatters und der ständigen Enthauptungen und Folterungen nach einer halben Stunde satt, muss dann aber noch über eine Stunde durchhalten. Es wird nur wenige geben, die dich davon durchgehend so enorm blenden lassen wollen, denen sei der Spaß dann aber gegönnt. Alle anderen gucken sich lieber einfach noch mal "300" oder "Der Herr der Ringe" an... oder, wenn viel Zeit vorhanden ist, die gesamte "Game of Thrones"-Serie.

Fazit: Stupide Götter-Schlachterei mit farblosen Charakteren, unterwältigten Schauspielern und aufgeladenen Bildern voller wilder Spezialeffekte und Zeitlupen, die künstlicher kaum sein könnten. Das ist optisch teilweise beeindruckend, aber eben auch überladen und seelenlos. Ein einziges Schlachtengemälde ohne Sinn und Verstand - eine Blaupause der Computertechnik und ein Beispiel dafür, wie man diese visuellen Spielereien nicht nutzen sollte.

Note: 4-






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