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Flucht von Alcatraz

Die Alcatraz-Strafanstalt dürfte bis heute wohl das berühmteste Gefängnis in der Geschichte Amerikas sein... und das, obwohl es bereits in den 60ern wegen zu hoher Betriebskosten geschlossen wurde. Die Insel, die heute eine berühmte Touristenattraktion ist, rühmte sich damit, vollkommen ausbruchssicher zu sein - bis ein Jahr vor der Schließung gelang es keinem Gefangenen, lebend von ihr zu fliehen. Ob die Schließung Alcatraz' mit einer spektakulären Flucht ein Jahr zuvor zusammenhängt, ist immer noch Gegenstand von Diskussionen. Das Thema wurde im Jahr 1979 mit "Gran Torino"-Star Clint Eastwood in der Hauptrolle verfilmt - nach einem fünfzehn Jahre zuvor erschienenen Roman von J. Campbell Bruce. Im Kino war dies ein großer Erfolg, als Film an sich erfindet man das Rad aber definitiv nicht neu...

FLUCHT VON ALCATRAZ


Da er schon mehrfach aus verschiedenen Gefängnissen, darunter in Atlanta, ausgebrochen ist, wird der ehemalige Räuber Frank Morris (Clint Eastwood) auf die Insel Alcatraz verlegt - dort sollen nur die wirklich üblen Gesellen inhaftiert werden, eine Flucht scheint unmöglich. Während Morris seine Mitgefangenen kennenlernt, versucht er aber natürlich dennoch, diese umzusetzen und legt sich einen wilden Plan zurecht, um erst seine Zelle und schließlich die Insel zu verlassen. Im Weg stehen ihm dabei aber nicht nur bedrohliche Straftäter, die in Morris ein gefundenes Fressen finden wollen, sondern auch der aufmerksame Direktor (Patrick McGoohan) und enorme Sicherheitsvorkehrungen... sowie das offene Meer, in welchem man über eine Meile bei starker Strömung schwimmen müsste, um ans nächste Festland zu gelangen.

Es ist bei weitem nicht der einzige Fluchtversuch, der in Alcatraz unternommen wurde, doch obwohl bis heute nicht abschließend geklärt werden konnte, wie weit Frank Morris und seine Kumpanen mit dem Versuch kamen, ist es der einzige, der bisweilen als erfolgreich notiert wurde. In einem seiner letzten Filme spielt Regisseur Don Siegel, der zuvor mit Eastwood unter anderem an dem Action-Klassiker "Dirty Harry" arbeitete, auf allen Klaviaturen des Genres, ohne dabei jedoch das Rad neu zu erfinden. Wer sowohl die alten als auch die aktuellen Filme und Serien des Gefängnisfilms, über "Die Verurteilten" oder "Prison Break" kennt, der wird hier genug Parallelen entdecken. 
Der Gefängnis-Alltag wurde schon rauer und intensiver erzählt, die Charaktere wirken in Siegels Romanverfilmung merkwürdig eindimensional. Mehr Interesse als an ausgeklügelten Figuren hat Siegel nämlich offenbar auf der Spannungsebene. Obwohl er sich auch hier auf übliche Klischees und bekannte Szenarien konzentriert (ein Mann gräbt in seiner Zelle, während sich von anderer Seite bedrohlich langsam eine Wache nähert), kann er den Zuschauer durch seine solide Inszenierung immer wieder packen. Er versteht es, mit der Zusammenarbeit aus Bild und Ton, einem guten Soundtrack und einem passenden Gefühl für austarierte Einstellungen, Spannung zu erzeugen und lässt sich dabei auch gerne mal etwas mehr Zeit. 
Spektakuläre Action ist angesichts dieses weitestgehend eher leisen Films nicht von Belang, was aber auch dazu führt, dass keine effekthascherischen Elemente über einige Schwächen in der Erzählung hinwegtäuschen. So bleiben viele der Figuren einfach nur Abziehbildern, sind eben entweder böse oder gut. Auch vermeidet Siegel es, einen tieferen Blick in die Seele des Ausbrechers Frank Morris zu riskieren - er stellt ihn als kantigen Antihelden dar, was hier aber angesichts seiner vorherigen Straftaten etwas verlogen anmutet. Der "Zwei glorreiche Halunken"-Star kann Morris durchaus Charisma verleihen, doch baut er ihn auch etwas zu nachlässig als stummen Star seiner eigenen Pläne auf. Die Zuschauer fiebern plötzlich mit einem Verbrecher mit, obwohl wir keinerlei Einblicke in einen gewissen Zwiespalt erhalten. 
Hier wäre gerade auf menschlicher und psychologischer Ebene durchaus mehr drin gewesen als ein weiterer Gefängnis-Ausbruch-Film, der seine Sache auf allen Bereichen so weit gut macht, aber eben auch nicht wirklich begeistert. Im weitesten Sinne ist die Verfilmung der Tatsachen, sofern sie denn bekannt sind (die FBI-Akten sind mittlerweile öffentlich einsehbar), also eine etwas oberflächliche Angelegenheit geworden, die sich mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufrieden gibt. Das reicht, um zwei Stunden lang spannende Unterhaltung zu erschaffen, aber wirklich im Gedächtnis bleiben tut der Film dann sicherlich auch nicht.

Fazit: Spannend inszenierter Gefängnisfilm, der die wahren Begebenheiten rund um die spektakuläre Flucht von der Alcatraz-Insel als packendes Thriller-Kino darbietet. Darüber hinaus gibt es angesichts der einseitigen Figuren und des oberflächlich gehaltenen Plots aber wenig zu entdecken, was Genre-Fans noch überraschen dürfte.

Note: 3






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