Direkt zum Hauptbereich

Die Hexe und der Zauberer

Walt Disney verstarb im Jahr 1966. Die letzten Filme, an denen er daher noch mitarbeitete, waren der Klassiker "Das Dschungelbuch" (dessen Fertigstellung er nicht mehr erlebte), der Realfilm "Mary Poppins" und der 1963 erschienene "Die Hexe und der Zauberer". Erst vier Jahre später brachten die Disney Studios den nächsten Zeichentrickfilm heraus, da sich Walt Disney in dieser Zeit weitestgehend um die Weiterentwicklung seiner Vergnügungsparks kümmerte, die damals einen echten Boom erlebten. Vielleicht hat ihnen die Pause aber auch recht gut getan, denn die kindliche Variante einer Art der Artus-Sage gilt unter Fans zwar heute ebenfalls als Kult, kann im direkten Vergleich aber keinesfalls mit den anderen Disney-Werken mithalten...

DIE HEXE UND DER ZAUBERER


Der kleine Jüngling Arthur, der von allen jedoch nur Floh genannt wird, lebt im Mittelalter in einem Schloss unter dem Ritter Hector. Seit dem Tod des Königs ist England ohne Herrscher, da dieser kurz vor seinem Dahinscheiden sein Schwert in einen Stein stecken ließ - erst, wer dieses hervorziehen kann, soll der nächste König werden. Bislang ist dies niemandem gelungen, doch besitzt der große Zauberer Merlin, der sogar durch die Zeit reisen kann, eine Ahnung, als er den jungen Arthur in einer Vision entdeckt. Beide stoßen kurz darauf aufeinander und Merlin beginnt den Jungen in Magie zu unterrichten. Dessen Ziehvater passt das aber gar nicht in den Kram und es kommt zu einem großen Familienkrach...

Es ist schon erstaunlich und irgendwie auch traurig, wie wenig Plot Disney in diese einundachtzig Minuten investiert hat. Nun zeichnen sich auch andere Disneyfilme manchmal dadurch aus, dass sie eher eine Nummernrevue abbilden und zu wenig Wert auf Charakterentwicklungen und eine zumindest einigermaßen ausgefeilte Handlung legen - das ist schließlich etwas, was man teilweise auch dem meiner Meinung nach etwas zu hoch gelobten "Das Dschungelbuch" ankreiden kann. In "Die Hexe und der Zauberer" gibt uns Disney aber höchstens ein paar Ansätze und vergeudet den Großteil des Films anschließend nur noch mit Slapstick und Albereien. Disneytypisch haben auch diese durchaus wieder Charme, dennoch sind die Actionszenen wohl noch nie so kindlich ausgefallen. 
Es kommt kaum ein guter Witz dabei herum, der Film richtet sich augenscheinlich ausschließlich an kleinere Kinder. Sie werden mit keiner Düsternis konfrontiert und können sich einfach achtzig Minuten lang an Merlins Magie sattsehen - darüber hinaus erzählt der Film nämlich nicht viel mehr. Mit der Artussage hält er sich kaum auf, was nicht so schlimm wäre, würde er denn darüber hinaus eine passable Geschichte erzählen. Stattdessen verwandelt Merlin sich und seinen neuen Schüler durchweg in Tiere, wobei sie dann eigene, kleine Abenteuer erleben. Das ist hin und wieder ganz niedlich, tatsächlich fühlt man sich in diesen Sequenzen dann aber eher wie in einem zehnminütigen Cartoon aus dem Nachmittagsprogramm... und diese hatten dann auch meistens noch mehr Witz zu bieten. 
Für die, die mit dem Film in ihrer Kindheit aufgewachsen sind, spielen natürlich nostalgische Gefühle mit hinein, weswegen ich diesen das Werk auch überhaupt nicht madig machen möchte. Ich jedoch habe ihn nun zum ersten Mal gesehen und dabei sind mir, im Gegensatz zu anderen Disney-Filmen, solch eklatante Schwächen aufgefallen. Selbst der Zeichenstil ist etwas grober und nicht so ausgefeilt geraten, was vielleicht daran liegen mag, dass die Disney-Studios sich zu dieser Zeit optisch neu orientierten. Auch "101 Dalmatiner" und "Das Dschungelbuch" wurden in diesem Stil bearbeitet, weswegen sie heute nicht mehr so hübsch aussehen wie andere, teilweise sogar ältere Werke der Mausstudios. 
Immerhin hat man mit diesem Film aber einen kultigen Charakter erschaffen, denn die Disney-Version vom großen Zauberer Merlin ist tatsächlich eine Figur, der ich sehr gerne zugesehen habe. Der Rest der Charaktere, inklusive Antagonistin Madame Mim, die erst kurz vor Schluss überhaupt ihr Stelldichein gibt und in einem effekthascherischen und recht albernen Finale verbraten wird, bleibt dabei aber den Zeichentrick-Standards angeordent - das haben wir sowohl zuvor als auch danach deutlich besser gesehen. Nimmt man dann noch die wesentlich schwächeren Songs dazu, bleibt nicht viel, was an "Die Hexe und der Zauberer" heute noch begeistert. Es war womöglich eine kleine Fingerübung zwischen zwei größeren Meisterwerken, dennoch ist das nicht zu entschuldigen, dass dabei doch so viel falsch gelaufen ist.

Fazit: Vielleicht der schwächste Zeichentrickfilm, der unter Walt Disneys persönlicher Hand entstand. Es gibt kaum einen Plot, der Großteil der Laufzeit geht für uncharismatische und recht alberne Magiespielereien drauf, während die meisten Charaktere in diesem kindlichen Spektakel blass bleiben.

Note: 4




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr...

Wieder keine neuen Ideen: Filmkritik zu "Der Exorzist: Bekenntnis"

Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) zieht seine Tochter Angela (Lidya Jewett) seit dem Tod seiner Frau Sorenne (Tracey Graves) vor dreizehn Jahren alleine auf und ist aufgrund seiner einschneidenden Vergangenheit dauerhaft besorgt um sein Kind. Als diese eines Tages gemeinsam mit ihrer Freundin Katherine (Olivia Marcum) im Wald verschwindet, ist Victor in tiefster Panik und malt sich bereits die schlimmsten Dinge aus, die seiner Tochter zugestoßen sein könnten. Drei Tage später tauchen Angela und Katherine jedoch wieder auf... und verhalten sich höchst sonderbar. Schon im Krankenhaus legt Angela äußerst merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag, die ihre Mitmenschen in Angst versetzen. Dass die beiden Mädchen von einem Dämon besessen sein könnten, daran will Victor jedoch nicht glauben... bis er jemanden trifft, die vor rund fünfzig Jahren etwas sehr ähnliches erlebt hat. Natürlich habe ich mir als Vorbereitung für diesen Film erneut den Kult-Klassiker "Der Exorzist" angesehen ...

Cold Comes the Night

Die alleinerziehende Mutter Chloe (Alice Eve) leitet ein heruntergekommenes Motel, wo immer wieder zwielichtige Gäste eintrudeln und sogar die örtlichen Prostituierten ein Zimmer nehmen, um sich mit ihren Kunden zu vergnügen. Für Chloes Tochter Sophia (Ursula Parker) ist dies kein geeigneter Wohnort, findet das Jugendamt, und droht deswegen sogar damit, sie Chloe wegzunehmen. Als eines Abends ein mysteriöser Reisender (Bryan Cranston) um ein Zimmer für eine Nacht bittet und sich bereits am Empfang merkwürdig verhält, wird Chloe bereits hellhörig. In der Nacht fallen plötzlich Schüsse und zwei Bewohner der Appartements werden tot aufgefunden. Doch ist dies erst der Beginn einer wahren Tortur, durch welche Chloe in den nächsten Stunden noch wird gehen müssen... Es gibt durchaus einige Filme, bei denen ich mich nachträglich mehr als gewundert habe, warum diese nicht das Licht der Leinwand erblickt haben, sondern direkt für den Heimkinomarkt ausgewertet wurden - noch vor Zeiten von großen ...