Dass das Zombiethema innerhalb der letzten Dekade ein schier ungemeines Revival erlebte, dürfte mittlerweile jeder mitbekommen haben. Alle reden sie über "The Walking Dead" (die Serie ist über weite Strecken aber auch verflixt gut) und in regelmäßigen Abständen dürfen wir uns auch auf der Kinoleinwand über neue Horrorfilme freuen, in denen die Untoten über die Lebenden herfallen. Eine Regisseur wie Jim Jarmusch hätte man mit dieser Thematik aber wirklich nicht in Verbindung gebracht, tatsächlich stellt sich sein neuer Film, der am vergangenen Donnerstag in den deutschen Kinos angelaufen ist, als echte Zombie-Komödie heraus. Wirklich gelungen ist Jarmusch dieses Experiment aber nicht, auch wenn man dabei abwägen muss, wie sehr man seine Stilmittel und das allgemeine Genre, in dem er sich nun bewegt, mag...
THE DEAD DON'T DIE
Centerville ist ein kleines, verschlafenes Nest mitten in Amerika. Dort bekommen die Einwohner plötzlich die Wirkung einer seltsamen Entwicklung des Planeten mit. Spätabends ist es noch taghell, Uhren und Handys bleiben stehen oder schalten sich aus... und plötzlich schälen sich tote Menschen aus ihren Gräbern und überfallen die nichtsahnende Bevölkerung. Die drei örtlichen Polizeibeamten Cliff Robertson (Bill Murray), Ronald Peterson (Adam Driver) und Minerva Morrison (Chloe Sevigny) gehen der Sache nach, während die übrigen Bewohner die Sache auf ihre Art regeln: Sie schließen sich ein, holen ihre Kanonen oder hauchen ihren letzten Atemzug aus. Auffällig ist dabei jedoch vor allem, wie ruhig und konzentriert sich Peterson in der Sache verhält - eine Auffälligkeit, die an seinem Partner Robertson nicht spurlos vorbeigeht.
Moment mal... Jim Jarmusch und Zombies? Gut, der Independentfilmer hatte vor sechs Jahren bereits Vampire in seinem viel beachteten, von mir jedoch gescholtenen "Only Lovers Left Alive" zu bieten, aber Zombies sind da doch noch einmal eine andere Baustelle. Die Untoten, die ihren Gräbern entsteigen, sind zumeist im reinen Horror-Trash zu finden, was definitiv nicht negativ gemeint ist. Wo Vampire aber noch fühlende Wesen sind, sind es Zombies eben nicht und da Jarmusch seine Geschichten gerne menschlich erzählt, kam einem dieser Mix von Anfang an etwas seltsam vor. Trotz der leuchtenden Starbesetzung senkte ich meine Erwartungen also, da ich zudem der einzige Filmfan auf diesem Planeten zu sein scheine, der mit Jarmuschs eigenwilligen Stilmitteln und Erzählungen nur sehr wenig anfangen kann. Oftmals erschließt sich mir seine Intention nicht, ich fühle mich nicht herein und seine Filme gehen an mir vorbei.
Mit "The Dead Don't Die" hatte ich nun jedoch nicht das Problem, ihn nicht zu verstehen, obwohl ich weiß, dass da eine sehr frische und mutige Intention hintersteckt... ich hatte diesmal das Gefühl, die Intention mit der Lupe suchen zu müssen. Es lässt sich irgendwie als versteckte Attacke auf das jetzige Amerika und den vorherrschenden Donald Trump lesen, wenn das Land vor die Hunde geht und die geifernden Zombies nach WLan und Kaffee ächzen. Doch gerät diese Aufgabe und deren Umsetzung nun mal erschreckend plump und Jarmusch kann dieser trockenen Idee in einem Genre, dass gemeinheitlich eben als abgegrast gilt, auch nicht mehr hinzufügen als erstaunlich nichtige Aussagen. Da überfüllt er sein Nichts aus Plot mit etlichen Charakteren und kann im Endeffekt nur mit den wenigsten von ihnen etwas anfangen. Es erscheint zum einen clever, wenn er eingeführte Charaktere ziemlich böse abmurksen lässt und somit die Erwartungen des Zuschauers unterläuft... aber wieso verbringt man ewige Minuten mit einer Gruppe von Figuren, um diese dann ohne weitere Worte aus dem Film zu streichen?
Es scheint, als hätte Jarmusch eine ganze Tonne voll von Ideen gehabt und diese einfach mal zusammengeworfen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob das denn so jetzt auch insgesamt passt und wohin er damit eigentlich möchte. Für eine dramaturgisch dichte Geschichte hat er hier keinen Sinn und offensichtlich ist das auch nicht sein Ziel, aber was will er dann? Erinnerungswürdige Charaktere schaffen? Nein, dafür sind die starbesetzten Hillbillies hier doch zu flach angelegt - einzig Adam Drivers Smart-Tour verdient sich einen lauten Lacher, während man ansonsten schon mit arg überzeichneten Tendenzen an den Start geht und somit sogar den ehemaligen Blockbuster-Star Steve Buscemi verheizt. Wollte Jarmusch vielleicht einfach eine entschleunigte Horrorkomödie drehen? Möglich, aber dafür ist der Film einfach nicht witzig genug und ruht sich zu arg auf Stereotypen aus.
Es sind teils erstaunlich flache Gags, bei denen man keine doppelte Ebene zu suchen braucht, weil es sie nicht gibt. Und als wäre Jarmusch das irgendwann selbst klar geworden, macht er am Ende eben ganz schnell alles platt und erstickt sich in einem Standard-Zombie-Showdown. Er macht dann hier und dort noch ein paar verrückte Dinge, wie ein Kind auf einer Spielwiese - das ist ansatzweise kreativ, aber niemals spannend, spaßig oder erhellend. Es ist ein heilloses und witzloses Durcheinander, unter einem zerfaserten und kopflosen Drehbuch und ohne wirkliche Ecken und Kanten. Hierbei dürften sich diesmal sogar echte Jarmusch-Fans wehtun, denn obwohl sie seine Stilmittel bekommen, passt das diesmal einfach nicht zusammen.
Fazit: Jim Jarmusch weiß nicht genau, was er mit all den Reißbrett-Figuren und dem totgetrampelten Genre anfangen soll. Seine Gags bleiben flach, seine Aussage mau und überzeichnet. Er findet keinen Zugang zu seinem eigenen Werk und lässt zerfaserte Charaktergruppen gegen Wände laufen, um am Ende alles im verrückten und ziellosen Standard implodieren zu lassen. Das war dann diesmal wirklich nichts.
Note: 4-
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