Von Schach verstehe ich wenig, was ich bereits in meiner Kritik zu dem True-Story-Drama "Bauernopfer - Spiel der Könige" ansagte. Ich spielte zwar hin und wieder als Kind, aber definitiv nur aus Spaß und sicherlich auch nicht mit dem größten Können gesegnet. Deswegen konnte ich in dem Film mit Tobey Maguire nur schwer nachvollziehen, wenn Spieler und Zuschauer plötzlich anhand eines gewieften Zuges in Tränen ausbrachen... vor einem Schachbrett, wohlgemerkt. Um dies wirklich mitfühlen zu können, muss man wohl in der Materie verankert sein und ist man das, dürfte dies auch die Freude an dem 1993 erschienenen "Das Königsspiel" erhöhen. Doch auch darüber hinaus macht der Film Spaß und weiß zu berühren, wenn er sich weniger auf das Spiel, sondern auf den jungen Spieler, durch dessen Augen wir die Geschichte erleben, fokussiert...
DAS KÖNIGSSPIEL
Josh Waitzkin (Max Pomeranc) ist sieben, als er urplötzlich, angefacht durch einen Besuch im Park, wo er die dortigen Männer spielen sieht, sein Interesse an Schach entdeckt. Als Joshs Vater Fred (Joe Mantegna) eine Runde mit seinem Sohn spielt, entdeckt er dessen schlummerndes Talent und sucht den renommierten Schachspieler und ehemaligen Schachlehrer Bruce Pandolfini (Ben Kingsley) auf. Der hatte sich eigentlich geschworen, nie wieder zu unterrichten, ändert seine Meinung jedoch, als er sich selbst von Joshs Talent überzeugen kann. Mit der Zeit artet Joshs Spielerei, wobei er sich auch für Meisterschaften qualifizieren kann und Zuschauer glauben, einen Nachfolger für den entschwundenen Bobby Fischer entdeckt zu haben, in schwere Arbeit aus... was letztendlich zu einer Krise führt.
Natürlich konnte ich mich auch durch diesen Film nicht plötzlich emotional in das von außen so trocken wirkende Abenteuer eines Schachspiels hineinfühlen. Ich kann verstehen, woher die Begeisterung kommt, sie aber nicht zwingend nachempfinden und ich verstehe auch immer noch nicht, wie die gewieften Trickzüge begonnen werden, woran man sie erkennt und was nun an einem Zug dieses ganz Besondere war. Ich kenne die Regeln und verstehe dank diesen, wer nun in welchem Spiel gerade auf der Siegerseite ist... auch wenn die jungen Spieler zumeist so rasant ziehen, dass auch die schnellste Kamera der Welt nicht rasch genug hinterher ist und man schließlich eh nicht mehr weiß, welche Figuren nun noch auf dem Brett sind und was zum Teufel da vor sich geht. Das soll natürlich auch einen Teil der Faszination ausmachen... und diese liegt nicht in dem Spiel, sondern in den Spielern, die in ihren jungen Jahren so verflixt schnell und verknüpfend denken, dass sie diese anscheinend komplexen Züge innerhalb von Sekundenbruchteilen erkennen und ausführen und sie oftmals bereits sehen, bevor der Gegner die Uhr gedrückt hat.
Regisseur Steven Zaillian fängt dieses "Spektakel" in schnellen Schnitten ein und lässt den viel zu pompösen Score von "Titanic"-Komponist James Horner gigantisch tönen... das wirkt dann reichlich aufgesetzt, jedoch nicht so übertrieben durchexerziert wie in "Bauernopfer", wo jeder Zug ja von einem Meer aus Tränen begleitet wurde. Hier sehen wir dieses Spiel jedoch aus den Augen eines Kindes, nicht aus dem Blick eines psychisch kranken Meisterspielers... und somit haben wir eine Hauptperson, die Schach spielt, weil es ihr Spaß macht und weil sie offensichtlich ein enormes Talent dafür besitzt. Regisseur Zaillian gelingt es, durch inszenatorische Kniffe, die Begeisterung für das Spiel greifbar zu machen - unter dieser Oberfläche erzählt er zudem eine bewegende Familiengeschichte.
Dabei zaubert er zwar keine Überraschungen aus dem Hut und versinkt gegen Ende auch in einigen vorhersehbaren Klischees, dennoch bleibt er einigermaßen auf dem Boden und hat mit dem jungen Max Pomeranc auch einen sehr talentierten Hauptdarsteller dabei. Durch eine Sammlung von sympathischen Nebenfiguren, allen voran "Schindlers Liste"-Star Ben Kingsley als ebenso strenger wie gütiger Schachlehrer, hat man also durchaus viel Spaß und erfährt einen interessanten Blick hinter die Kulissen und auch hinein in die Beziehung zwischen Vater und Sohn.
Und am Ende gelingt es Zaillian sogar noch, einen richtiggehend zu packen... mit einem Schachspiel! Natürlich manipuliert er seine Zuschauer hier mit einigen Spannungsspitzen, dennoch hätte ich nicht erwartet, einmal von einer Schachszene in einem Film so dermaßen gepackt zu werden. Dies gelingt Zaillian aber vor allem deshalb, da er zuvor auf die Menschlichkeit seiner Hauptfiguren bedacht war und diese schließlich auch im Finale noch einmal gewieft ausspielt. Das ist dann keine große Filmkunst und hat auch seine Längen, ein unterhaltsamer und zugänglicher Schachfilm ist dennoch entstanden.
Fazit: "Das Königsspiel" ist auch für Schachmuffel durchaus interessant, da sich Regisseur Steven Zaillian mehr für seine Spieler als für das Spiel an sich interessiert. Dadurch gelingen menschliche Momente, doch fallen auch einige inszenatorische Überzeichnungen auf.
Note: 3+
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