Direkt zum Hauptbereich

Elizabethtown

Orlando Bloom wird nachgesagt, eine der steilsten Hollywood-Karrieren aller Zeiten hingelegt haben und die meisten denken dabei an zwei gigantische Fantasy-Trilogien, die ihn über Nacht zum Star machten sowie zwei epische Schlachtengemälde: "Der Herr der Ringe", "Fluch der Karibik", "Troja" und "Königreich der Himmel". Diese Filme bewiesen vor allem eines: Bloom kann einen Film als Hauptdarsteller nur bedingt alleine tragen, er funktioniert unheimlich gut im Ensemble und hatte mit der Auswahl seiner Rollen verflixtes Glück. Viele vergessen, dass er in dieser enormen Hochzeit (an die er im Nachhinein trotz seines erneuten Aufkreuzens in "Der Hobbit"-Trilogie und im fünften "Pirates"-Abenteuer nicht mehr anknüpfen konnte), aber auch kleinere Filme drehte und einer davon trägt den Namen "Elizabethtown" - eine romantische Reise durch das Leben.

ELIZABETHTOWN


Nachdem seine Firma ihn nach Jahren des Schuftens entlassen hat und er quasi über Nacht Geld, Job und seinen hohen Posten verliert, plant der junge Industrie-Designer Drew Baylor (Orlando Bloom) seinen Selbstmord. In diesem Moment erhält er jedoch die Nachricht vom plötzlichen Tod seines Vaters - Drews Schwester Heather (Judy Greer) und seine Mutter Hollie (Susan Sarandon) bitten ihn, nach Elizabethtown in Kentucky zu fliegen, wo er seinen Vater abholen und in die Heimat zurückbringen soll. Drew ist fest entschlossen, seine Selbsttötung nach seiner Rückkehr in Angriff zu nehmen und begegnet auf dem Flug der aufgeweckten Stewardess Claire Colburn (Kirsten Dunst) - zwischen beiden sprühen schnell Funken. Als er in Elizabethtown ankommt, fühlt sich Drew schließlich wie in einer anderen Welt... und lernt sein Leben, welches er bereits verloren glaubte, von einer ganz neuen Seite kennen.

Cameron Crowe, der Regisseur von teils enorm positiv, teils aber auch kritisch aufgenommenen Werken wie "Aloha" und "Wir kaufen einen Zoo" (letzteren mochte ich tatsächlich sehr), hat sich hier vielleicht doch etwas viel vorgenommen. Sein 2005 erschienener und mal wieder enorm namhaft besetzter "Elizabethtown" ist in erster Linie eigentlich eine Liebesgeschichte und solange sich Crowe auf diese und seinen Hauptprotagonisten Drew Baylor fokussiert, dessen Lebensgeister von dieser quirligen und weitsichtigen Stewardess neu angefacht werden, ist er auch voll und ganz in seinem Element. Mit teils nur wenigen Worten, dafür aber umso überzeugenderen Bildern und einer schlichtweg ansteckenden Atmosphäre der unaufdringlichen Romantik und des Verbindlichkeitsgefühls lässt er zwischen Kirsten Dunst und Orlando Bloom die Funken nur so fliegen. 
Dabei geht er bemerkenswert simpel und deswegen auch so kreativ vor - selten war zum Beispiel ein Telefongespräch, in welchem der Inhalt weniger wichtig ist als die einnehmende Stimme auf der anderen Seite, so fesselnd und gleichzeitig so leichtfüßig und emotional anrührend wie das erste Gespräch, welches Claire und Drew am Handy führen. Immer, wenn Bloom und Dunst sich ihre Szenen teilen, ist das dann auch wirklich großes Romantikkino, kaum verkitscht, dafür sehr glaubwürdig, nahbar und erstaunlich menschlich. Leider reichte dies Crowe offenbar nicht und er zimmerte seinen im Kern simplen Plot auf über zwei Stunden Laufzeit, indem er noch zahlreiche Subplots einbaute, die man in dieser Länge nicht alle gebraucht hätte. Er ist zeitgleich noch ein Familiendrama, eine etwas zu klischeehafte "Fremder Mann aus der Großstadt kommt in ein Dorf und lernt dort Weisheiten"-Geschichte, eine Art Roadtrip, eine Komödie... und das alles ist dann doch etwas zu viel. 
Sicher, in den einzelnen Nebenhandlungen gibt es durchaus Szenen, die erheitern, die uns nachdenklich stimmen und schlichtweg mit sicherer Hand inszeniert sind. Oftmals wirken sie aber auch überflüssig, gedehnt oder einfach zu schrill - letzteres fällt besonders durch die Besetzung von "Robot & Frank"-Star Susan Sarandon als Drews hysterische Mutter auf, die sich mit ihrem Leben als Witwe zurechtfinden muss. Es scheint so, als hätte Crowe für seinen Film unglaublich viele Ideen gemacht, von denen jede beinahe für ein eigenes Skript gereicht hätte, er wusste aber wohl nicht, welche er nun wieder rausschmeißen sollte... weswegen er sie einfach alle dringelassen hat, bis sich daraus ein teils charmantes, teils aber unrundes Potpourri ergeben hat. 
In diesem sehen wir eine durchaus beeindruckende Leistung von "Black Hawk Down"-Star Orlando Bloom, der in diesem Genre merklich lockerer wirkt und besonders gegen Ende einige sehr ergreifende Szenen abbekommen hat. Beinahe noch besser ist Kirsten Dunst, die wesentlich nahbarer und etwas positiv-verrückter wirkt als in anderen Filmen, in denen sie mitspielte und daher die Zuschauer mit ihrer offenen und fröhlichen Art schnell auf ihrer Seite hat. Beide zusammen geben ein interessantes Pärchen ab, welches bis kurz vor Schluss ihre Klischees umschifft... bis Crowe ihre Geschichte dann doch etwas zu rührselig und kalkuliert zu Ende erzählt. Schlussendlich ist "Elizabethtown" also nicht so gut, wie er hätte sein können: Man hätte einige Subplots rauswerfen müssen, das Tempo erhöhen, hier und da ein wenig schneiden, sich über den Fokus der Geschichte klarer sein müssen. Dagegen gibt es aber ungemein charmante Darsteller, unaufdringlichen Humor und einige erhellende Momente - das ist dann schon okay so.

Fazit: Orlando Bloom und Kirsten Dunst geben ein charmantes Paar ab, die romantisch angehauchten Szenen hat Crowe perfekt im Griff und umschifft süffisant und mit Köpfchen viele Klischees. Darüber hinaus hat der Regisseur jedoch noch so viel zu erzählen, dass der Film anhand all seiner wesentlich schwächer geschriebenen Subplots kein rundes Gesamtbild ergeben will.

Note: 3




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid