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X-Men: Dark Phoenix

2019 ist tatsächlich das Jahr der großen Showdowns. Bislang haben Filmfans bereits etliche Finals sehen dürfen, unter anderem die gigantische Endschlacht von elf Jahren Marvel Cinematic Universe in "Avengers: Endgame", den letzten "Drachenzähmen leicht gemacht"-Film oder vor Kurzem noch die allerletzte Folge "Game of Thrones". Später stehen zudem noch die Finals von "Es" und der neuen "Star Wars"-Trilogie auf dem Plan... und nun geht auch mit den X-Men eines der langlebigsten Film-Franchises im Bereich der Comicverfilmungen zu Ende. Nun, da Disney Fox geschluckt hat, werden die Mutanten früher oder später als Reboot-Version zu den Avengers ziehen und die Reihe, die im Jahr 2000 noch mit Hugh Jackman und Patrick Stewart in den Hauptrollen ihren Anfang nahm und über etliche Filme hinweg verschiedene Mutanten-Generationen präsentierte, findet nun ihren Abschluss. Nach den guten bis brillanten "Zukunft ist Vergangenheit""Apocalypse" und "Logan" durfte man Großes erwarten... und doch schien es nun so, als würde uns gerade dieses Finale traurigerweise enttäuschen.

X-MEN: DARK PHOENIX


1992: Die X-Men werden mittlerweile als Superhelden verehrt und Professor Charles Xavier (James McAvoy) korrespondiert sogar mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Während einer Rettungsaktion im All, als mehrere Astronauten durch eine seltsame Sonneneruption in Gefahr geraten, kommt es jedoch zum Eklat: Jean Grey (Sophie Turner) wird schwer verletzt, als sie mit der rötlichen Wolke in Kontakt gerät und überlebt scheinbar nur durch ein Wunder. Kurz darauf baut sie ungemeine und gefährliche Kräfte auf, vor denen sogar Xavier schaudert. Als Jean dann auch noch ein schreckliches Geheimnis aus ihrer Vergangenheit aufdeckt, ist sie nicht mehr zu halten... und entwickelt sich zu einer grausamen Gefahr für Menschen und Mutanten, die schließlich auch die mysteriöse Smith (Jessica Chastain) auf den Plan ruft.

Nun gut, meine Erwartungen schraubte ich nach den teils desaströsen Kritiken noch einmal runter, auch wenn ich weiterhin die Hoffnungen aufrecht erhalten wollte, dass das "X-Men"-Franchise unter Fox zumindest einen soliden Abschluss erleben würde - nach neunzehn Jahren und zehn Filmen (wenn man die nur marginal mitverbundenen "Deadpool"-Streifen außer Acht lässt) hat es diese Reihe, die qualitativ in den letzten Beiträgen ja auch voll auf der richtigen Spur war, doch verdient, nicht vollkommen abgewatscht werden, nur weil die Rechte nun eben zu Disney übergegangen sind. Genau nach einer solchen letzten Pflichtabsolvation fühlt sich "Dark Phoenix" unter der Regie von Simon Kinberg, der den in Hollywood nun verhassten Bryan Singer ersetzt, jetzt aber an und stellt somit für Fans des Franchise als auch für Liebhaber des schnörkellosen Blockbuster-Kinos eine ziemlich herbe Klatsche dar. 
Es wäre eigentlich zu müßig, all das aufzuschreiben, was im letzten Beitrag des geliebten Franchise alles schief läuft, ich möchte es aber dennoch versuchen und lande dabei gedanklich meistens direkt bei der Regie. Kinberg, der die Mutantensaga als Produzent betraute und nach eigenen Worten von dem Cast rund um Jennifer Lawrence bestärkt wurde, besitzt einfach nicht ansatzweise die inszenatorische Finesse von Regisseuren wie Singer oder "First Class"-Macher Matthew Vaughn - unter seiner Regie scheint jede Szene beliebig zu sein, selbst die krachenden Actionmomente haben keine Wucht. Kinberg packt diesen und jenen Moment unemotional aneinander, er fordert hier ein prominentes Opfer, schneidet dann zum nächsten Moment, der dramaturgisch unterfüttert sein soll, dank seiner Regie aber nur zu einem blassen Abziehbild von den Szenen wird, die wir in den Vorgängern so liebten. Die Chance, die zuvor bereits im schwachen "Der letzte Widerstand" genutzte Storyline rund um den Dark Phoenix, in den sich Jean Grey verwandelt, hier mit mehr Wucht zu präsentieren, wurde schier komplett liegengelassen. 
Das liegt zum einen, wie bereits erwähnt, an der wirren Regie Kinbergs, jedoch auch an einem schwachen Drehbuch, welches viele Figuren out of character handeln lässt und dem Zuschauer abseits der allenfalls mittelprächtigen Actionszenen keine Gelegenheit gibt, sich emotional ans Geschehen zu binden. Kinberg hetzt durch einen Plot, der mit viel zu vielen Figuren überladen ist, weswegen viele von ihnen kaum zum Recht kommen - da ist es bezeichnend, dass es mal wieder Michael Fassbenders Magneto ist, der die besten Szenen hat, obwohl sein Konflikt in diesem Film geradezu stiefmütterlich behandelt wird. In diesem Anlauf bleiben dann sogar so grandiose Mimen wie James McAvoy oder Jennifer Lawrence erstaunlich farblos, den Vogel abschießen tun jedoch gerade Sophie Turner in der Titelrolle und "The Huntsman & The Ice Queen"-Star Jessica Chastain als die wohl blasseste Antagonistin, die die Reihe je zu Gesicht bekommen hat. Turner ist mit der enormen Ambivalenz, die zumindest unter der Hülle der Rolle, die hier noch übrig geblieben ist, sichtlich überfordert, während Chastains Gegenspielerin in einem müden Nebenplot keinerlei Gelegenheit bekommt, den Zuschauer auch nur annähernd zu packen. 
All dies mündet schließlich über gehetzte Dramen, laschen Humor und müde Schauspieler in einem Finale, welches zwar den ein oder anderen coolen Moment bietet, aber auch nicht zu seinem Ende kommen will... und dann auch noch einmal zeigt, dass in diesem Blockbuster selbst die visuellen Effekte nicht überzeugen. Wenn es nämlich zum endlichen Shootout zwischen zwei Figuren kommt, sieht der CGI-Brei so verwaschen aus, dass es einen graust. Es ist tatsächlich traurig, dass die X-Men mit einem solch seelenlosen Finale aus der Kinogeschichte austreten müssen - ein Finale, dass nur noch eine finanziell unsichere Fingerübung war, um den Zuschauern zumindest irgendwie einen letzten Film zu bieten. Dass dieser einfach nur schwach war, schien die Macher kaum zu interessieren, seine Moneten wird das Werk ja irgendwie wieder reinbekommen - es wird dann nur auch den Platz des wohl schlechtesten Films der Reihe einnehmen, den zuvor wahlweise "Der letzte Widerstand" oder "X-Men Origins: Wolverine" belegten. Und das war, trotz der gesenkten Erwartungen, so nun auch nicht zu erwarten.

Fazit: Ungemein schwacher Abschluss der langläufigen Comic-Franchise, mit einem vollkommen zurechtgestutzten und unemotional inszenierten Plot, mit müden Schauspielern, schwachem CGI und dem Gefühl, dass keiner der Beteiligten noch wirkliche Mühe investieren wollte. Angesichts dessen, dass die Reihe in den letzten Jahren qualitativ voll auf Kurs war, ist solch ein unwürdiger Showdown natürlich noch trauriger.

Note: 4-






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