Wer mich kennt, der weiß, dass ich versuche, möglichst viele Filme im Kino zu sehen. Natürlich ist dies sowohl zeitlich als auch angesichts des manchmal etwas eng gestaffelten Programms aber nicht möglich und gewisse Werke verpasst man einfach. "Silence" schien vor zwei Jahren ein ebenso sperriger wie interessanter Film zu sein und auch diesen verpasste ich im Kino, da er nur gut zwei Wochen in meinem Stammkino zu sehen war. Zudem beträgt das mehrfach oscarnominierte Werk auch eine Laufzeit von 165 Minuten - ein solch ausschweifender Kinobesuch muss manchmal eben etwas genauer geplant haben als ein kurzer, knackiger Ausflug in einen 100-Minüter. Dank Amazon Prime konnte ich das Drama nun aber endlich nachholen... und war schockiert aufgrund der vollkommen fehlgeleiteten Aussage, die dem Zuschauer hier mitgegeben werden soll.
SILENCE
1638: Christovao Ferreira (Liam Neeson), der ehemalige Mentor des jungen Jesuiten Sebastiao Rodrigues (Andrew Garfield) ist in Japan verschwunden - man glaubt, dass er sich vom Christentum abgewendet habe. Gemeinsam mit Pater Francisco Garupe (Adam Driver) reist Sebastiao zum Ort von Ferreiras Verschwinden, um ihn ausfindig zu machen. Dort entpuppt sich ein Bild des Schreckens: Die Bevölkerung kann den christlichen Glauben nur noch im Geheimen ausleben, da ihnen sonst Folter und Tod von den dortigen Inquisitoren drohen. Unter Einsatz ihres Lebens setzen Sebastiao und Francisco ihre Mission fort, stärken ihren unerschütterlichen Glauben und dringen tief in ein Land vor, welches keine andere Religion mehr duldet als ihre eigene.
Im ersten Moment klingt die Aussage, die "Silence" tätigen will, noch wichtig und richtig: Der Glaube soll stark sein für die, die an ihn glauben und generell ist er frei. Man soll so glauben, wie man es für richtig hält. So dringen die zwei Pastoren in Japan ein und sind davon überzeugt, hier Menschen befreien zu können, die allein wegen ihres Glaubens unterdrückt und gefoltert werden. Schaut man aber genauer hin und lässt sich nicht von den intensiven Bildern, die schocken und betroffen machen sollen, blenden, spürt man schnell, dass hier jemand ganz und gar fehlgeleitet war. Hier wird nämlich weniger ausgesagt, dass der Glaube frei ist... hier wird ausgesagt, dass Gott so nachtragend ist, dass er es nicht duldet, wenn man sein eigenes Leben retten will.
Gleich mehrfach verlangen die Hauptpersonen dabei, dass andere Personen Folter erdulden müssen statt ein einziges Mal auf ein Holzkreuz zu spucken. "Silence" sagt in seiner Verkopftheit aus, dass man seinem eigenen Glauben standhalten muss, selbst, wenn dies den Tod und ewiges Leid bedeutet. Nun ist es nichts verwerfliches, ein gläubiger Mensch zu sein und ich hätte diesen Film zumindest ein Werk nennen können, mit dessen Thema ich mich nicht identifizieren kann - für alle anderen hätte es aber dennoch ein guter Film sein können. So, wie "Silence" jedoch mit seiner Thematik umgeht, so ungemein verkopft und bitter, das hinterlässt einen ungemein faden Beigeschmack.
Nun ist es das eine, einen Film in seiner Grundaussage fehlgeleitet zu nennen - Meinungen sind zum Glück verschieden und andere, die wesentlich katholischer erzogen wurden als ich, dürften sich hier vielleicht heimischer fühlen. Die werden dann aber zudem auch mit einer Länge von 161 Minuten konfrontiert, in denen "Aviator"-Regisseur Martin Scorsese zwar in malerischen und intensiven Bildern schwelgt, zugleich aber auch erschreckend wenig Plot zu erzählen hat. Scorsese konzentriert sich einzig und allein auf einen einseitigen Kampf zwischen den Religionen, schlägt sich auf eine klare Seite und vergisst dabei, auch Grauzonen zu entschleiern. Das macht aus "Silence" letztendlich ein ungemein schwachsinniges Werk, welches gegen Ende versucht, eben diese Message mit einem dramatischen Schlussspurt wieder auszugleichen und sich dabei auch noch selbst verrät.
Als wüsste man hier selbst nicht, was man eigentlich erzählen und wem man nun auf die Füße treten will, mäandert der Film unsicher zwischen den Fronten herum und bleibt eine ebenso trockene wie zähe Fehlaussage. Man kann versuchen, sich an den fähigen Schauspielern zu erfreuen: Andrew Garfield, Adam Driver und Liam Neeson machen ihre Sache durch die Bank weg gut. Aber was hilft das, wenn der restliche Film in Sachen Plot und Message so uninspiriert und falsch daherkommt, so extrem langatmig und ereignislos? Viele andere Kritiker werden mich für verrückt erklären, ich empfand "Silence" entgegen vieler anderer jedoch als Schlaftablette, die mich obendrein noch wütend machte. Eine furchtbare Mixtur, ein grandios schlechter Film.
Fazit: Man fragt sich, was sich Martin Scoresese angesichts solch fehlgeleiteter und verkopfter Aussagen gedacht hat. Er schwelgt in Bildern, in einem Nichts an Plot und in einer Message, die sich auf Schwarz und Weiß konzentriert und seine eigenen guten Fußnoten begräbt. Ein zäher und falscher Trip in eine andere Welt - so tolerant und edelmütig wie die eigene Intoleranz.
Note: 6+
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