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Amistad

In der Filmografie des großen Steven Spielberg finden sich so viele Klassiker und so viele qualitativ wertvolle Meisterwerke, dass manch ein Film dazwischen manchmal gar unterzugehen droht. So ging es mir beispielsweise immer mit "Amistad". Ich hatte von dem Film gehört, wusste auch, dass er von Spielberg war... ansonsten war ich jedoch vollkommen ahnungslos. Vielleicht ist er bislang nie zu mir durchgedrungen, weil er im Jahr 1997 und somit genau zwischen "Jurassic Park 2" und "Der Soldat James Ryan" veröffentlicht wurde, die beide bis heute einen großen popkulturellen Wert besitzen. Nun habe ich das Drama jedoch endlich nachholen und mit selbst ein Bild von dem Film machen können, der 1998 zudem auch noch für vier Oscars nominiert wurde. Gesehen habe ich einen gewohnt guten Spielberg-Film, der nicht zu seinen besten Werken gehört, aber dennoch insgesamt sehr sehenswert ist.

AMISTAD


Im Jahr 1839 gelingt es vierzig Sklaven an Bord des spanischen Handelsschiffes "La Amistad", die Crew zu überwältigen und das Kommando zu übernehmen. Der als Sklave missbrauchte Cinque (Djimon Hounsou) befiehlt, dass die Überlebenden sie nach Afrika und in ihre Heimat zurückbringen sollen. Auf dem Weg werden sie jedoch von der US-Küstenwache aufgehalten - die vierzig Männer werden gefangen genommen und angeklagt. Die Verteidigung übernimmt dabei der junge Rechtsanwalt Roger Baldwin (Matthew McConaughey), der es sich gemeinsam mit zwei Zeit ihres Lebens gegen die Sklaverei ankämpfenden Männern namens Joadson (Morgan Freeman) und Tappan (Stellan Skarsgard) zur Aufgabe gemacht hat, diese Zeit endlich zu beenden. Dabei stoßen sie vor Gericht jedoch mit einer wahren Mauer zusammen, denn die Staatsanwaltschaft wünscht, Cinque und die anderen Sklaven zum Tode zu verurteilen...

Steven Spielberg hat schon viele Filme mit gewichtigen Themen gemacht, "Amistad" reiht sich in dieses durchaus ein. Fünfzehn Jahre später machte Spielberg mit dem meiner Meinung nach trockenen, von Kritikern jedoch einhellig gelobten "Lincoln" gar noch einen Film über das Thema der Sklaverei und dem Kampf mutiger Männer gegen diese - "Amistad" ist im direkten Vergleich vielleicht nicht der glaubwürdigere, aber der zugänglichere und bessere Film. Sicherlich kann man Spielberg anlasten, dass er hier bisweilen etwas zu märchenhaft vorgeht, auch wenn er sich hier einer wahren Geschichte vorgenommen hat. Die erschwinglichen Reden, die hier zumeist vor Gericht vorgetragen werden, werden von dem (brillanten) Soundtrack von "Der Patriot"-Komponist John Williams beinahe übertönt. In jedem perfekt durchkomponierten Bild schwingt beinahe so etwas wie Epik mit, große Blicke, große Gesten, große Aufnahmen. Das wirkt cineastisch, aber nicht immer wirklich menschlich... und das, obwohl die Menschen in dieser Geschichte im Mittelpunkt stehen, die Historie einleiten. 
Hier geht Spielberg etwas zu simpel vor, dafür können Zuschauer, die sich noch nicht zu arg in die Thematik eingefunden haben, dem Treiben sehr einfach folgen und sich auf einen dialoglastigen Film freuen, der leicht zu verstehen ist und zu welchem gut ein emotionaler Zugang zu finden ist. Für Grauzonen ist dabei trotz zweieinhalbstündiger Laufzeit kein Raum da - es geht förmlich um den Kampf zwischen Gut und Böse und wirkliche Überraschungen sind dabei auch nicht auszumachen. "Amistad" gerät geradlinig, was hier nicht wirklich als Kritikpunkt ausgemacht werden sollte, denn gerade durch seine Fokussierung auf den Kern der Botschaft und nur wenige Hauptcharaktere erreicht er seine Kraft. Es gibt einzelne Momente, die schlichtweg Gänsehaut verursachen und die, obwohl dieses Märchenhafte mitklingt und hier und da unpassend wirkt, menschliche Szenen zeichnen, großartige Bilder ohne viele Worte. 
Dabei gelingt es dem Meisterregisseur, eine stimmige, wenn auch simple Dramaturgie zu erschaffen, die den Zuschauer packt und ihn für 150 Minuten nicht mehr loslässt. Über den brutalen Auftakt auf dem Sklavenschiff "La Amistad", hin nach Amerika, auf die Gerichtsbank und zu einem Ausflug in die Vergangenheit, wenn Cinque seine grausamen Erfahrungen als in Ketten gelegter Sklave erneut vortragen muss. Da sehen wir Bilder, die sich streckenweise einbrennen und die wir so schnell nicht mehr vergessen, auch wenn Spielberg hier nicht die grausame Intensität seines Meisterwerks "Schindlers Liste" erreicht, das hier in dieser Form vielleicht auch nicht will. 
Schauspielerisch ist dies in erster Linie der Durchbruch für Djimon Hounsou gewesen, der sich heute leider beinahe nur noch auf prägnante, aber kleine Rollen in Blockbuster-Filmen festgelegt hat. Hier zeigte er, ebenso wie neun Jahre später in "Blood Diamond", dass er ein kraftvoller Schauspieler mit einer schier überragenden Präsenz ist. Die Krone für den besten Monolog geht indes an "Was vom Tage übrig blieb"-Star Anthony Hopkins - seine Rolle, für die er für einen Oscar als bester Nebendarsteller nominiert wurde, fällt darüber hinaus aber überschaubar aus. Darüber hinaus hat sich Spielberg erneut eine All-Star-Besetzung ins Boot holen können: Neben Chiwetel Eijofor, Stellen Skarsgard und Morgan Freeman stechen dabei ganz besonders "Interstellar"-Star Matthew McConaughey als frecher Rechtsanwalt sowie der leider bereits verstorbene und wiederholt mit Spielberg arbeitende Pete Postlethwaite als Staatsanwalt auf der Gegenseite hervor - beide liefern sich ein furioses Wortduell mit ungemeiner Kraft.

Fazit: "Amistad" hat oftmals zu märchenhafte Züge, ist darüber hinaus aber ein kraftvolles Drama mit wichtiger Thematik. Groß inszeniert, brillant gespielt und voller wuchtiger Momente, die man so schnell nicht vergisst - dass die Geschichte dabei simpler geschrieben wird als sie es wirklich war, vergisst man rasch angesichts solch tatkräftiger Emotionen.

Note: 2-




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