Dass eine dritte Staffel zu dem Überraschungshit "13 Reasons Why" kommen würde, war nach dem starken Cliffhanger der zweiten Season sonnenklar... und das obwohl die zugrunde liegende Buchvorlage eigentlich schon mit der ersten Staffel vollständig abgeklappert worden war. Mit der dritten Season wollte man sich nun weitestgehend von der Geschichte rund um die verstorbene Hannah Baker verabschieden und mit den restlichen Figuren rund um Clay weitermachen. Dabei überraschte in der vorhergehenden Berichterstattung und den Trailern im Grunde eine Info, die als massiver Spoiler gelten sollte. Der Tod einer wichtigen Figur wird zwar in der neuen Staffel bereits recht früh klar, trotzdem war es verwunderlich, dass man diese Wendung bereits in den Trailern spoilerte... und tatsächlich fühlten sich die ersten beiden Folgen deswegen auch ein wenig wie bemühte Geheimniskrämerei an, bevor man schließlich wieder auf altbekannte Qualitäten setzt.
TOTE MÄDCHEN LÜGEN NICHT - STAFFEL 3
Acht Monate sind vergangen, seit Clay (Dylan Minnette) und seine Freunde in letzter Sekunde den blutigen Amoklauf des psychisch völlig zerstörten Tyler (Devin Druid) verhindern konnten. In dieser Zeit hat sich einiges getan und die eingeschweißte Clique hat beschlossen, Tylers ehemaligen Plan geheimzuhalten, dem jungen Mann zu helfen und ihn wieder auf die Beine zu bringen. Nun lauscht man jedoch einem neuen Mysterium: Der vor Gericht nur zu einer laschen Bewährungsstrafe verurteilte Vergewaltiger Bryce Walker (Justin Prentice) ist verschwunden und die Polizei ermittelt bereits in dem Fall, stößt so auch auf Clay, Jessica und die anderen, die durch so viel Hass mit dem Vermissten verbunden sind. Als die Geheimnisse, welche die Freunde bewahren, drohen, sie erneut heimzusuchen, muss jeder von ihnen erneut prüfen, wem er überhaupt noch vertrauen kann... und ob jemand fähig wäre, tatsächlich einen Mord zu begehen.
Die erste Verwirrung stellt sich schon nach wenigen Minuten ein, wenn klar wird, dass die dritte Staffel des überraschenden Mega-Netflix-Hits aus den üblichen Erzählmustern ausbricht. Schon damals sprang die Erzählung dank Hannahs ausführlicher Kassetten zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, nun bringen die Autoren dieses Gimmick aber auf einen Höhepunkt, der sich noch deutlich komplexer lesen lässt: In der Gegenwart befinden wir uns an einem Punkt acht Monate nach den letzten Ereignissen der zweiten Season, durchgehende Rückblicke ermöglichen uns aber, auch die vergangenen Monate genauer unter die Lupe zu nehmen... getragen von einer anscheinend ziemlich viel wissenden Erzählerin, die diese Geschichte in näherer Zukunft erzählt. Klingt verwirrend? Ist es anfangs auch. Hat man sich an dieses Muster aber erst einmal gewöhnt, ist zu beobachten, wie clever die Macher diese verschachtelten Parallel-Ereignisse zu nutzen wissen und dabei die Spannung mit jeder Episode zu erhöhen.
Man muss dabei aber deutlich mehr aufpassen als zuvor, damit man nicht irgendwann im Mittelteil verwirrt den Bildschirm anstarrt und nicht mehr genau weiß, welche wichtigen Informationen und Ereignisse nun eigentlich wann stattfinden - ganz schlaue Füchse werden dank dieser vertrackten Erzählweise aber sicherlich auch das ein oder andere Plothole ausmachen. Dank dieser komplexen Erzählung und auch dank eines durchaus spannenden Kickoffs, der der Handlung dieser Staffel einen ganz neuen Antrieb gibt, gelingt es "Tote Mädchen lügen nicht" im dritten Anlauf aber, seine Weitererzählung zu rechtfertigen. Hannahs Geschichte ist abgeschlossen und dass man nun auf Gedeih und Verderb die geldgebende Sau weiter ausschlachten wollte, klang erstmal nach keiner guten Idee - die Autoren haben aber eine ebenso logische wie spannende Möglichkeit gefunden, die Geschichte eben doch noch weiterzuerzählen und die bekannten Charaktere auf ihrem Weg weiterzuformen.
Zu keiner Zeit fühlt sich dieser neue Plot, der dabei so düster und brutal wie noch keine Geschichte der vorherigen Staffeln ist, nach einer bemüht zusammengeschriebenen Fortsetzung an - sogar der übliche Verlust des Fokus im Mittelteil ist dank einiger ganz starker, emotional schier aufreibender Momente in den mittleren Episoden so gut wie gar nicht vorhanden. Und auch wenn man einige der falschen Fährten mit Leichtigkeit finden kann, da klar ist, dass die Macher ihr Geheimnis nicht schon in den ersten Episoden lüften werden, diese ganze Verdächtigungssache da also noch relativ wenig Gewicht hat - die Frage, wer denn hier nun der Mörder ist, ist spannend genug, um über 13 Folgen das Interesse hochzuhalten. Und ganz nebenbei gelingt es den Autoren auch so gut wie nie zuvor, ihre Charaktere zu formen und ihre persönlichen Dramen, die es streckenweise ganz schön in sich haben, zu einer sinnigen Weiterführung zu schicken.
Das ist in vielen Bereichen hochaktuell und richtiggehend wichtig, ohne dabei aber den moralischen Zeigefinger allzu überzeichnet hochzurecken. Man kann vor den Machern für ihren Mut nur den sprichwörtlichen Hut ziehen, denn wo sie auf der einen Seite enorm schwierige und dennoch ungemein wichtige Themen wie sexuellen Missbrauchs, "MeToo" oder Mobbing ansprechen, gelingt es ihnen auch, die andere Seite der Medaille passend zu beleuchten. Niemand ist hier einfach schwarz oder weiß, nicht einmal ein mehrfacher Vergewaltiger. Dass hier wirklich jeder, selbst die wirklich Bösen, zu einem runden und emotionalen Bild kommt, ist ebenso mutig wie akkurat und verzichtet auf hetzerische Schwarzmalerei.
Da ist es beinahe schade, dass nach einem solch brillanten und emotionalen Abschluss in den letzten drei Folgen, die noch so einige starke Überraschungen bieten, noch immer nicht das Ende gekommen ist - eine vierte und letzte Staffel folgt schon bald. Vielleicht zaubern die Macher aber für das endgültige Finale noch einmal solch eine starke Staffel aus dem Hut, auch wenn man sich schwer vorstellen kann, wie sie das noch toppen wollen. Denn so emotional, aufwühlend, brutal, aufschreiend und spannend, wie diese dreizehn Folgen über den Großteil hinweg waren... so etwas hätte man von einer Serie, die viele schon auf dem absteigenden Ast sahen, wirklich nicht mehr erwartet.
Fazit: Die dritte Season könnte ihr Meisterstück bleiben. Mit ungeahnter Liebe zum Detail, mit starker Charakterzeichnung, wichtigen Themen, großen Emotionen und einem spannenden Plot gelingt es den Machern, der Serie ihr Herz zurückzugeben und diese Fortsetzung mehr als nur zu rechtfertigen. Großes (Serien)-Kino.
Note: 2
Die erste Verwirrung stellt sich schon nach wenigen Minuten ein, wenn klar wird, dass die dritte Staffel des überraschenden Mega-Netflix-Hits aus den üblichen Erzählmustern ausbricht. Schon damals sprang die Erzählung dank Hannahs ausführlicher Kassetten zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, nun bringen die Autoren dieses Gimmick aber auf einen Höhepunkt, der sich noch deutlich komplexer lesen lässt: In der Gegenwart befinden wir uns an einem Punkt acht Monate nach den letzten Ereignissen der zweiten Season, durchgehende Rückblicke ermöglichen uns aber, auch die vergangenen Monate genauer unter die Lupe zu nehmen... getragen von einer anscheinend ziemlich viel wissenden Erzählerin, die diese Geschichte in näherer Zukunft erzählt. Klingt verwirrend? Ist es anfangs auch. Hat man sich an dieses Muster aber erst einmal gewöhnt, ist zu beobachten, wie clever die Macher diese verschachtelten Parallel-Ereignisse zu nutzen wissen und dabei die Spannung mit jeder Episode zu erhöhen.
Man muss dabei aber deutlich mehr aufpassen als zuvor, damit man nicht irgendwann im Mittelteil verwirrt den Bildschirm anstarrt und nicht mehr genau weiß, welche wichtigen Informationen und Ereignisse nun eigentlich wann stattfinden - ganz schlaue Füchse werden dank dieser vertrackten Erzählweise aber sicherlich auch das ein oder andere Plothole ausmachen. Dank dieser komplexen Erzählung und auch dank eines durchaus spannenden Kickoffs, der der Handlung dieser Staffel einen ganz neuen Antrieb gibt, gelingt es "Tote Mädchen lügen nicht" im dritten Anlauf aber, seine Weitererzählung zu rechtfertigen. Hannahs Geschichte ist abgeschlossen und dass man nun auf Gedeih und Verderb die geldgebende Sau weiter ausschlachten wollte, klang erstmal nach keiner guten Idee - die Autoren haben aber eine ebenso logische wie spannende Möglichkeit gefunden, die Geschichte eben doch noch weiterzuerzählen und die bekannten Charaktere auf ihrem Weg weiterzuformen.
Zu keiner Zeit fühlt sich dieser neue Plot, der dabei so düster und brutal wie noch keine Geschichte der vorherigen Staffeln ist, nach einer bemüht zusammengeschriebenen Fortsetzung an - sogar der übliche Verlust des Fokus im Mittelteil ist dank einiger ganz starker, emotional schier aufreibender Momente in den mittleren Episoden so gut wie gar nicht vorhanden. Und auch wenn man einige der falschen Fährten mit Leichtigkeit finden kann, da klar ist, dass die Macher ihr Geheimnis nicht schon in den ersten Episoden lüften werden, diese ganze Verdächtigungssache da also noch relativ wenig Gewicht hat - die Frage, wer denn hier nun der Mörder ist, ist spannend genug, um über 13 Folgen das Interesse hochzuhalten. Und ganz nebenbei gelingt es den Autoren auch so gut wie nie zuvor, ihre Charaktere zu formen und ihre persönlichen Dramen, die es streckenweise ganz schön in sich haben, zu einer sinnigen Weiterführung zu schicken.
Das ist in vielen Bereichen hochaktuell und richtiggehend wichtig, ohne dabei aber den moralischen Zeigefinger allzu überzeichnet hochzurecken. Man kann vor den Machern für ihren Mut nur den sprichwörtlichen Hut ziehen, denn wo sie auf der einen Seite enorm schwierige und dennoch ungemein wichtige Themen wie sexuellen Missbrauchs, "MeToo" oder Mobbing ansprechen, gelingt es ihnen auch, die andere Seite der Medaille passend zu beleuchten. Niemand ist hier einfach schwarz oder weiß, nicht einmal ein mehrfacher Vergewaltiger. Dass hier wirklich jeder, selbst die wirklich Bösen, zu einem runden und emotionalen Bild kommt, ist ebenso mutig wie akkurat und verzichtet auf hetzerische Schwarzmalerei.
Da ist es beinahe schade, dass nach einem solch brillanten und emotionalen Abschluss in den letzten drei Folgen, die noch so einige starke Überraschungen bieten, noch immer nicht das Ende gekommen ist - eine vierte und letzte Staffel folgt schon bald. Vielleicht zaubern die Macher aber für das endgültige Finale noch einmal solch eine starke Staffel aus dem Hut, auch wenn man sich schwer vorstellen kann, wie sie das noch toppen wollen. Denn so emotional, aufwühlend, brutal, aufschreiend und spannend, wie diese dreizehn Folgen über den Großteil hinweg waren... so etwas hätte man von einer Serie, die viele schon auf dem absteigenden Ast sahen, wirklich nicht mehr erwartet.
Fazit: Die dritte Season könnte ihr Meisterstück bleiben. Mit ungeahnter Liebe zum Detail, mit starker Charakterzeichnung, wichtigen Themen, großen Emotionen und einem spannenden Plot gelingt es den Machern, der Serie ihr Herz zurückzugeben und diese Fortsetzung mehr als nur zu rechtfertigen. Großes (Serien)-Kino.
Note: 2
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