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A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando

In dem von Disney-Hits quasi überfluteten Jahr 2019 gelang es zuletzt auch dem vierten "Toy Story"-Film, die magische Milliarden-Marke am weltweiten Box Office zu knacken. Bei Disney dürfte der Champagner also quasi in Scharen knallen und wenn man sich die sechs Hits anguckt, die diese Zahlen schreiben, gibt es mit dem kühlen und emotionslosen Real-Remake von "Der König der Löwen" eigentlich auch nur einen Film, dem man diesen Erfolg gerne absprechen würde. Doch auch bei "Toy Story 4" durfte man vorab noch angemessen skeptisch sein. Nicht nur brachte die bisherige Pixar-Sequel-Politik zumeist eher schwache Fortsetzungen von ehemaligen Hits hervor, "Toy Story 3" war außerdem als Abschluss der Spielzeugreihe so dermaßen rund und überzeugend, dass es doch eigentlich gar keinen vierten Film mehr bräuchte, oder? Ich ging also mit einem etwas mulmigen Gefühl in den Kinosaal und hoffte inständig, dass man der wohl besten Animationsreihe aller Zeiten hier kein unnötiges Kapitel hinzufügen würde...

A TOY STORY: ALLES HÖRT AUF KEIN KOMMANDO


Nachdem sich Andy in Richtung College aufgemacht hat, sind Sheriff Woody und seine Spielzeugfreunde bei der kleinen Bonnie untergekommen und lernen ihre neue Heimat schätzen und lieben. Schon bald muss der aufgeregte Cowboy, der mit seinem neuen Status in Bonnies Kinderzimmer hadert, aber wieder den Helden spielen, als Bonnies heimliches Lieblingsspielzeug, der aus einer Plastikgabel zusammengebaute Forky, sich selbst für Müll hält und deswegen ausbüchst. Bonnies Herz ist schier gebrochen, weswegen sich Woody aufmacht, den Ausreißer wieder einzufangen und ihm sein Dasein als geliebtes Spielzeug einzutrichtern. Dabei rutscht der Cowboy von einem Abenteuer ins Nächste... und trifft vollkommen unerwartet eine alte Bekannte wieder, die sein Herz aufgehen lässt.

Um die zwei wichtigsten Fragen gleich ganz zu Beginn zu beantworten: Nein, einen vierten "Toy Story"-Film brauchte man nach dem schlichtweg perfekten Abschluss des dritten Teils definitiv nicht und ebenfalls Nein, der neue Nachklapp hält qualitativ zu kaum einem Zeitpunkt mit der herrlichen Original-Trilogie mit. Macht "A Toy Story", dessen vollkommen bescheuerten, deutschen Untertitel ich hier mit Ignoranz strafen werde, aber dennoch Spaß? Selbstverständlich, wenn auch mit kleineren Makeln. Auf technischer Seite leistet Pixar wieder einmal Großes, doch im Bereich der Animationen und des mal wieder wunderbaren Scores war das ja auch zu erwarten. Wie rechtfertigt man also im Kern einen vierten Film rund um die Spielzeuggang? Nun ja, es gab da ja zumindest ein paar Nebenhandlungen, die noch nicht richtig abgeschlossen schienen und denen will sich "Toy Story 4" nun widmen. Gebraucht hätte es diese weiteren Informationen zwar so nicht, aber es ist dennoch irgendwie schön, dass wir sie bekommen, da sich die Reihe auch mit dem vierten Film treu bleibt und seine altbekannten Themen in ein neues Licht rückt.
Im Fokus steht diesmal ganz deutlich Sheriff Woody, der sowohl auf psychologischer Ebene die meisten Wandlungen durchmachen muss als auch innerhalb des actiongeladenen Abenteuers beinahe immer im Rampenlicht steht. Die restliche Spielzeug-Crew muss dabei deutlich zurückstecken, was etwas schade ist. Wo ein Buzz Lightyear zwar noch einmal zur Tat schreiten darf, darüber hinaus aber keinen eigenen Konflikt erfährt, muss die Gruppe rund um Charlie Naseweis, Slinky und Co. diesen Film quasi im Off aussitzen - viele von ihnen bekommen dabei keine zwei Dialogzeilen ab. Sicherlich hätte man sie für das Abenteuer, in welches Woody an der Seite von Forky hereinschlittert, auch nicht gebraucht, trotzdem ist es traurig, dass so ikonische Figuren wie Rex oder Specki hier nur noch als Begleiterscheinungen auftreten, ohne selbst in die Handlung einzugreifen.
Wo man an dieser Ecke gespart hat, hat man in Sachen Action aber noch einmal einen draufgelegt. Die zentralen Actionszenen sind durch die Bank weg grandios inszeniert und bieten, auch dank der sich perfekt einfügenden neuen Figuren, jede Menge Spaß. Allerdings übertreiben es die Macher mit ihrer Hetzjagd, die in den folgenden anderthalb Stunden kaum zur Ruhe kommt, auch etwas, wenn die handelnden Figuren gefühlt zehnmal aus fahrenden Autos springen, das Antiquitätengeschäft stürmen und wieder verlassen oder einen waghalsigen Stunt auf dem nahen Jahrmarkt ausführen. An und für sich sind diese Szenen allesamt ungemein charmant, in ihrer Masse ermüden sie jedoch bald, da der eigentliche Plot in diesem Fall flacher ausfällt.
Hier machen sich einige Wiederholungserscheinungen, besonders angesichts der neuen Antagonisten, bemerkbar und wenn es dem finalen Showdown entgegen geht, rusht man auch etwas zu flott über einige emotionale Momente hinweg. Das ist dann zwar rund und schön, dem Zeitgeist angepasst und sogar ziemlich mutig, leider konnten solcherlei Abschlüsse aber, ganz anders als beim dritten Teil, nicht passend vorbereitet werden, da man sich zuvor etwas zu lange im rasanten Action-Vehikel ausgetobt hat. Am Ende blickt man also ehrfürchtig auf die brillante Original-Trilogie zurück und wenn ich hoffentlich bald noch einmal ein Rewatch dieser Filme starte, werde ich den vierten Teil eventuell aussparen. Ich habe über 90 Minuten viel Spaß mit "Toy Story 4" gehabt, dass man ihn für die Gesamtgeschichte aber eigentlich nicht gebraucht hätte, kann der Film, trotz seiner unübersehbaren Qualitäten in Sachen Witz und Charme, nie ganz abstreifen.

Fazit: "Toy Story 4" unterhält erneut auf hohem Pixar-Niveau, wirklich gebraucht hätte man diese Fortführung nach dem perfekten Ende des dritten Teils aber nicht. Teil 4 ist mal wieder sehr witzig und charmant, teilweise auch anrührend, übertreibt es mit seinen wahnwitzigen Actionszenen aber teilweise und der Plot gerät auch etwas flacher als in den Vorgängern.

Note: 3+









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