Nach den ersten drei "Fluch der Karibik"-Filmen verlangten die Fans nach noch mehr Captain Jack Sparrow, weswegen dieser im vierten Teil als alleinige Hauptfigur auftrat und sich nicht mehr mit störenden Nebenplots abfinden musste - gemeinhin gilt "Fremde Gezeiten" als deutlich schwächster Film des Franchise. Kurz danach riefen Fans nach mehr Material von den Minions und bekamen 2015 einen eigenen, ziemlich nervigen Film, der von den ansonsten als spaßige Sidekicks in den "Ich - Einfach unverbesserlich"-Streifen auftretenden, gelben Tierchen. Wir lernen also daraus: Figuren, die im Ensemble geradezu meisterhaft unterhaltsam sind, sind das für sich alleinstehend nicht unbedingt. So ergeht es auch Steve Stifler, dem überzogenen Fanfavoriten aus den "American Pie"-Filmen, der im Abschluss der Trilogie plötzlich zum Kern der Handlung gemacht wird... was hier definitiv nicht die richtige Entscheidung war.
AMERICAN PIE - JETZT WIRD GEHEIRATET
Nach drei Jahren Beziehung hat er es endlich gewagt: Jim Levenstein (Jason Biggs) hat seiner geliebten Michelle (Alyson Hannigan) einen Antrag gemacht und die Hochzeitsvorbereitungen sind in vollem Gange. Während sich Finch (Eddie Kaye Thomas) und Kevin (Thomas Ian Nicholas) für ihren Freund freuen, erscheint Steve Stifler (Seann William Scott) uneingeladen zu den Feierlichkeiten und richtet rasch ein rechtes Chaos an. Als ihm anschließend von Jim die Leviten gelesen werden und er ihm aussagt, dass er nur an der Hochzeit, und somit an der Chance, an die Brautjungfern heranzutreten, teilnehmen darf, wenn er sich gut benimmt, stellt Steve seinen Verhaltenskodex in Frage. In just diesem Moment lernt er Michelles Schwester Cadence (January Jones) kennen, die ausgerechnet auf fluchende Prolls steht... und sich deswegen Finch zuwendet, der Stiflers Kodex kopiert und für sich ausnutzt, um seinem Kontrahenten erneut in die Parade zu fahren.
Erst war die Highschool, dann das College und jetzt tritt das wahre Erwachsenenleben mit der ersten Hochzeit in der Clique ein. Natürlich verhalten sich Jim, Steve und Co. auch in diesem Anlauf aber noch nicht wirklich erwachsen, auch wenn sie sich hier streckenweise mühen... und dem Chaos dabei noch die Krone aufsetzen. Fans der ersten beiden Filme fühlen sich hier sicherlich schnell wieder heimisch und zum Großteil sind die absurden und peinlichen Maleure, in welche die Figuren hier geraten, zumindest im Kern wieder menschlicher und nachvollziehbarer geraten als noch im völlig am Rad drehenden zweiten Film.
Natürlich sind eine danebengehende Intimrasur und vor allem ein ziemlich alberner Junggesellenabschied (natürlich inklusive Stripperinnen und plötzlichem Besuch) weniger witzig als viel mehr übertrieben, in anderen Momenten können wir die Schwierigkeiten der Protagonisten aber wieder nachvollziehen: Wenn einer von ihnen alles daran setzt, diesmal keine Probleme zu machen, sie dadurch aber erst auslöst. Der männliche Wettkampf um eine schöne Frau. Und ein vermaledeiter Antrag, der hier zu einer Farce mit heruntergelassener Hose wird. Diese Szenen entwickeln sich zwar alsbald ins Absurde, sind im Kern aber immer noch altbekannt und laden dadurch zur Zuschaueridentifikation ein.
Dass "Jetzt wird geheiratet" aber trotzdem lange nicht mit dem erfrischenden und witzigen Original mithalten kann und eher im Fahrwasser des direkten Vorgängers schwimmt, hat besonders mit der Beförderung von Seann William Scott's kultigem Fan-Favoriten Steve Stifler zur heimlichen Hauptfigur zu tun. Stifler, der zuvor eher als Nebenfigur innerhalb der Clique für Chaos sorgte und keinen eigenen, emotionalen Handlungsbogen brauchte, wird hier nun zum Kern des Ganzen. Anstrengend und wild grimassierend albert sich Scott also durch einen Film, der eigentlich erneut ein Ensemble-Werk sein sollte, sich hier aber so lange auf Stifler und seine Schwierigkeiten konzentriert, dass andere Figuren geradezu an den Rand gedrängt werden.
Dass Stifler zudem auch die falsche Figur ist, um ihr einen gefühlvollen Handlungsbogen mit auf den Weg zu geben, sie sogar Lehren ziehen zu lassen, liegt angesichts der ständigen Prollo-Sprüche auf der Hand... die Macher rund um Regisseur Jesse Dylan versuchen dies aber dennoch und scheitern damit ganz eindeutig. Es ist weitestgehend die Stifler-Show, die wir hier sehen, die aber bereits in "American Pie 2" deutlich an Glanz verlor und sogar im Original gar nicht mal das wirkliche Highlight war. Warum man sich nun so bemüht auf genau diese fokussierte, ist nur damit zu erklären, dass das grölende Zielpublikum einfach nur mehr oberflächliche Sex- und Penis-Gags haben wollte. Diese bekommen sie nun, vermissen dabei aber auch eine Handlung mit Finesse und wirklich cleveren Gags.
Das Fehlen etlicher Hauptfiguren aus den Vorgängern fällt indes gar nicht mal so schwer ins Gewicht, da Scott diese wohl auch an den Rand gedrängt hätte und der Plot die Anwesenheit von Oz oder Nadia definitiv nicht braucht. Zwar fehlt dem Werk dadurch die erneute Versammlung aller bekannten Gesichter, die gerade bei solch einer Feierlichkeit eigentlich nötig gewesen wäre, wirklich vermissen tut man sie aber hier auch nicht, da die Fehler des Films auf ganz anderen Seiten liegen.
Fazit: Der Abschluss der Original-Trilogie macht da weiter, wo "American Pie 2" aufhörte: Zoten, unsensible Gags, weniger Lacher, viel Lärm. Die Beförderung von Chaosmagnet Steve Stifler zur Hauptfigur zeigt dabei, trotz einiger charmanter Momente, sehr deutlich, dass den Machern hier die Ideen ausgegangen sind.
Note: 4+
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