Direkt zum Hauptbereich

Crawl

Tierhorrorfilme waren eine Zeit lang mächtig in - man denke nur an Klassiker wie "Der weiße Hai" oder auch an allgemein nicht ganz so gut besprochene, aber auch bis heute noch enorm unterhaltsame Thriller wie "Deep Blue Sea". Zur heutigen Zeit geht das Genre aber immer weiter Richtung purer Trash und wirklich ernstnehmen darf man diese Schlachtfeste dann auch nicht mehr. Umso erfrischender schien es, als sich mit Sam Raimi und Alexandre Aja zwei absolute Horror-Ikonen zusammentaten, um noch einmal einen richtig fiesen Reißer zu erschaffen, der fernab des müden Gaga-Trashs laufen sollte. Der Trailer zu "Crawl" sah dann auch fantastisch aus und versprach flotte Unterhaltung, blutig und spannend. Ganz so gut wie erhofft ist der Alligatoren-Horror dann zwar nicht geworden, für einen kurzweiligen Filmabend langt er aber definitiv...

CRAWL


Als der gefährliche Hurrikan "Wendy" über Florida hereinbricht, macht sich die juneg Leistungsschwimmerin Haley (Kaya Scodelario) auf den Weg zum Haus ihres Vaters Dave (Barry Pepper), der sich seit einigen Tagen nicht mehr meldet. In dem bereits teilweise überfluteten Keller findet sie ihren Vater bewusstlos und verletzt auf... und macht kurz darauf die Bekanntschaft mit einem hungrigen Alligator, der es sich im Keller des Hauses gemütlich gemacht hat. Das riesige Reptil versperrt den einzigen Ausgang, weswegen Haley es sich zur Aufgabe macht, einen anderen Ausweg zu finden. Dies muss jedoch geschehen, bevor der Sturm den Keller komplett flutet und der Alligator schließlich ohne Hindernisse seinem neuen Snack entgegenschwimmen kann...

Nur 89 Minuten ist "Crawl" lang und dementsprechend verliert Alexandre Aja hier auch keine Zeit und geht schnell ans Eingemachte. Nach einer flotten und in dieser Hinsicht vollkommen ausreichenden Einführung der Hauptfigur geht es schon früh ins Auge des Sturmes, der schließlich auch die Alligatoren auf den Plan ruft. Auch aus dem Aussehen dieser gefräßigen Viecher macht Aja kein Geheimnis, zeigt sie schon früh in aller CGI-Pracht. Die Effekte, mit denen diese zum Leben erweckt werden, fallen aber überraschend zwiespältig aus: Solange sich die riesigen Reptilien im Wasser bewegen, sehen die CGI-Tricks sehr hübsch aus, an Land wirken die Bewegungen aber seltsam abgehackt und gerade in Detailaufnahmen sehen sie regelrecht billig aus. Nun stand Aja und Raimi hier aber auch kein Multi-Millionen-Blockbuster-Budget zur Verfügung, trotzdem sah das im Trailer irgendwie noch stärker aus. 
Atmosphärisch macht Aja aber soweit alles richtig und erschafft einige Szenen von bemerkenswerter Intensität. Besonders in der ersten Hälfte, wenn sich eine angeschlagene Haley, stark gespielt von "Fluch der Karibik"-Star Kaya Scodelario, durch die engen Gänge des Kellers schleicht, nicht wissend, wo sich die gefräßigen Reptilien gerade befinden, krallt man gerne mal die Finger in die Sitzlehne... auch weil die Schockeffekte oftmals richtig gut sitzen. Geradlinige Spannung ist also hier gesetzt, Überraschungen sollte man allerdings keine erwarten. Wo kultige Tierhorror-Hits wie "Deep Blue Sea" zumindest noch mal regelrechte Augenöffner boten und Figuren urplötzlich zerfetzt wurden, mit deren Ableben man so wirklich gar nicht rechnete, funktioniert "Crawl" nach Schema F. Dass Nebenfiguren, die sich praktischerweise auch noch im Mittelpunkt des Sturms aufhalten, keine lange Lebensdauer haben, dürfte jedem Genre-Fan klar sein und dass es dabei auch immer wieder zu äußerst knappen Situationen kommt und die Reptilien stets genau dann auftauchen, wenn sich die Hauptcharaktere einem Erfolgserlebnis nähern, überrascht auch nicht. 
Aja vertraut also lieber auf seine wirkungsvolle Inszenierung und verschwendet keinerlei Gedanken an eine Neuerfindung des Rads oder eine ausgefeilte Handlung. Dementsprechend lau und bemüht wirkt auch ein Vater-Tochter-Konflikt, der dem Ganzen wohl einen emotionalen Boden bieten soll, aber eigentlich nur stört. Zum Glück hält man sich mit solcherlei zwischenmenschlichem Ballast aber nie lange auf, bis zur nächsten Actionsequenz ist es niemals weit. Unter den Erwartungen schwimmt "Crawl" aber hinsichtlich seines Blutgehalts: Wer angesichts von Produzent Raimi, der mit "Tanz der Teufel" und "Drag Me To Hell" so richtig böse schockte, und Alexandre Aja, der noch vor neun Jahren mit seinem "Piranha" ein reines Splatter-Fest bot, damit rechnet, dass "Crawl" in ähnlichen Ligen spielt, wird enttäuscht. Gestorben wird sehr schnell und Detailaufnahmen von zerfetzten Körpern gibt es hier auch nicht. Diese braucht "Crawl" dank seiner spannenden Inszenierung zwar auch nicht, trotzdem hätte man von diesem Duo doch etwas mehr Gore erwartet.

Fazit: "Crawl" ist ein geradliniger, effektiv inszenierter Horrorschocker, der durch seine starke Hauptdarstellerin und atmosphärische Highlights zu unterhalten weiß. Dabei verläuft er aber auch vollkommen überraschungsarm, ist manchmal gar zu brav und hält sich mit keinerlei Zeug auf, dass in irgendeiner Form von Dauer sein dürfte.

Note: 3




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eiskalte Engel

Die 90er Jahre waren das absolute Revival für die Teenager-Komödie, wobei so manch ein auch etwas verruchterer Klassiker entstand. Dabei gereichte es zur damaligen Zeit bereits für "American Pie", in welchem es sich zwar weitestgehend nur um Sex dreht, der aber dennoch recht harmlos daherkam, zu einem kleinen Skandal. Die logische Fortführung dessen war schließlich "Eiskalte Engel", wo der Sex nicht nur der Hauptfokus ist, sondern im Grunde den einzigen sinnigen Lebensinhalt der Hauptfiguren darstellt. Das ist dann zwar ziemlich heiß und gerade für einen Film der letzten Dekade, der sich an Teenies richtet, erstaunlich freizügig... aber auch sehr vorhersehbar und irgendwie auch ziemlich doof. EISKALTE ENGEL Für den attraktiven Jungspund Sebastian Valmont (Ryan Philippe) ist die Verführung von naiven, jungen Damen der Mittelpunkt des Lebens. Um dem ganzen einen zusätzlichen Reiz zu verschaffen, sucht er stets neue Herausforderungen und geht schließlich mit se

Eddie the Eagle - Alles ist möglich

"Das wichtigste bei den Olympischen Spielen ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme. Das wichtigste im Leben ist nicht der Triumph, sondern der Kampf." Dieses Zitat, welches den Film "Eddie the Eagle" abschließt, stammt von Baron Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele. Und es bringt den Kern der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sehr gut auf den Punkt, denn um den Sieg geht es hier eigentlich nicht oder zumindest nicht sehr lange. Aber es wird gekämpft und das obwohl niemand dieses seltsame Gespann aus Trainer und Sportler wirklich ernstnehmen wollte - genau das ist das Herz dieses Biopics, welches viele Schwächen, aber zum Glück auch viel Herz hat... EDDIE THE EAGLE Für Michael Edwards (Taron Egerton) gibt es trotz einer bleibenden Knieverletzung nur einen Traum: Er will in einer Disziplin bei den Olympischen Spielen antreten. Schon in seiner Kindheit scheitert er beim Hammerwerfen und Luftanhalten und landet schließlich, sehr

Holzhammer pur: Filmkritik zu "Cherry - Das Ende aller Unschuld"

Mit achtzehn Jahren ist sich der Student Cherry (Tom Holland) sicher, in seiner Kommilitonin Emily (Ciara Bravo) die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Als diese ihn jedoch eiskalt verlässt, beschließt Cherry in seiner Trauer, sich für die Army zu verpflichten... noch nicht wissend, dass Emily ihre Meinung ändern und zu ihm zurückkehren wird. Doch der Schritt ist bereits getan und Cherry wird für zwei Jahre in den Irak versetzt, um dort für sein Land zu kämpfen. Die Erfahrungen, die er dort macht und die Dinge, die er dort sehen wird, lassen ihn völlig kaputt zurück... und machen schließlich auch die Rückkehr in seine Heimat und sein folgendes Leben zu einem irren Rausch verkommen, der nicht nur ihn selbst, sondern auch die Menschen um ihn herum zu zerstören droht. Die Brüder Anthony Joe und Russo, die mit dem genialen "Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame" zwei der erfolgreichsten und besten Filme unserer Zeit erschufen, holen Tom "Spid