Gewisse Filme sind für gewisse Generationen einfach unverzichtbar und aus der jeweiligen Popkultur nicht mehr wegzudenken. Nun scheint es vermessen, eine Teenie-Komödie wie "American Pie" in eine Reihe mit so prestigeträchtigen Meisterwerken wie "Der Pate" oder "Der Herr der Ringe" zu stellen, aber schaut man mal genauer hin und beschäftigt sich mit dem Film, dann wird klar, wieso dieser bis heute so einen gesonderten Status genießt. Denn Teenie-Komödien gibt es viele, ein Großteil von ihnen ist eher schlecht als recht... aber "American Pie" ist in seiner Offenheit, seinem ehrlichen Herzen und seinem absurden Humor noch immer aktuell und in Sachen Gags sehr gut gealtert. Es war also Zeit, die gesamte Reihe noch einmal einem Rundum-Check zu unterziehen, nachdem ich die Filme zuletzt vor rund sieben Jahren sah. Und siehe da, der erste (und kultigste) Teil hat mir auch heute wieder sehr gut gefallen.
AMERICAN PIE
Jim Levenstein (Jason Biggs), Chris Ostreicher (Chris Klein), Kevin Myers (Thomas Ian Nicholas) und Paul Finch (Eddie Kaye Thomas) sind vier Freunde in ihrem letzten Jahr in der Highschool und haben vor allem eines gemeinsam... sie sind allesamt noch nicht zum Schuss gekommen. Während Jim, Chris und Paul noch immer nach der Traumfrau und dem passenden Moment fürs erste Mal suchen, ist es einzig und allein Kevin, der erstere schon gefunden zu haben scheint, wobei ein Streit rund um den ewigen Gedanken an das "Eine" zwischen ihm und seiner Angebeteten Victoria (Tara Reid) seinen Lauf nimmt. Die vier Jungs schwören sich deshalb, noch vor dem Ende der Highschool entjungfert zu werden... Zwang und Zeitdruck sorgen im weiteren Verlauf dieses Pakts jedoch für Chaos und Komplikationen.
Wenn man mal ganz ehrlich ist, hat "American Pie", der im Jahr 1999 irgendwie aus dem Nichts kam und das Zielpublikum ebenso begeisterte wie die engstirnigen Filmkritiker, eigentlich genau das zu bieten, was ansonsten am Genre so gescholten wird: Pubertäre Gags, die auch den üblichen Fäkalhumor nicht auslassen, überdrehende Schauspieler, peinliche Situationen und alberne Witzchen, die sich in neunzig Prozent der Fälle eben nur um das Eine drehen. Woran liegt es also, dass sich ausgerechnet dieser Film nicht nur einen solch großen Ruf erarbeiten konnte, sondern auch rund zwanzig Jahre nach seiner Uraufführung so grandios unterhält?
Zum einen liegt dies an der Qualität der Gags: Sicher, hier ist nicht gleich jeder Wurf ein Volltreffer, trotzdem hatte "About a Boy"-Regisseur Paul Weitz ein sehr sicheres Händchen dafür, wenn es darum ging, zum einen enorm witzige, zum anderen aber eben auch nachvollziehbare Situationen zu erschaffen, die uns lachen, aber auch mitfühlen lassen. Sicher ist es überzeichnet, wenn Jims Versuch einer ersten sexuellen Annäherung mit seiner heißen Austauschschülerin nicht nur sehr plötzlich endet, sondern die Peinlichkeit auch noch live übers Internet an seine gesamte Mitschülerschaft gestreamt wird. Das ist überzogen und auf Gedeih und Verderb darauf aus, noch einen draufzusetzen, noch einen Lacher zu ernten, die Fremdscham bis auf unangenehme "Stromberg"-Levels hochzutreiben. Das kann man dieser Szene ebenso ankreiden wie einem Durchfallkonzert auf der öffentlichen Schultoilette oder auch der klassischsten Szene dieses ersten Teils: Jims sexuelles Aufeinandertreffen mit einem Apfelkuchen.
So seltsam, pubertär und teilweise gar ekelerregend diese Momente sein mögen, sie treffen aber auch irgendwie den Zeitgeist einer damaligen Jugend an, für die die Frage nach dem ersten Mal, das Ansprechen einer Frau, das Date für den Abschlussball und schließlich auch das Verlieren seiner Jungfräulichkeit ernste Probleme waren. Sicher ist das nicht sonderlich tiefgründig, aber das muss es angesichts dieser doch eher halbgaren und nicht wirklich weltverändernden Probleme doch auch gar nicht sein. Der Film begibt sich mit seiner Zielgruppe auf Augenhöhe und scheint sie zumindest ansatzweise zu verstehen. So nimmt er auch seine Charaktere (sicherlich findet sich ein jeder von uns irgendwo in einem von ihnen wieder) trotz ihrer peinlichen Ausfälle immer noch als Menschen ernst, macht sie nicht zu reinen Witzfiguren. Die berühmte Ausnahme von der Regel dürfte hier der berüchtigte Stiffler sein, bis heute wohl die wichtigste und bekannteste Rolle von "Evolution"-Star Seann William Scott, der ein generelles Nervpotenzial mit sich bringt, sich innerhalb der Gruppe aber auch einen unentbehrlichen Stand erarbeitet.
Würde dieser Film heute neu erscheinen, würden sich etliche Gruppen über etliche Gründe und Momente aufregen - so zum Beispiel, dass ein Teil der Jungs Frauen nur als Körper erachtet. Ja, das ist pubertär und sicherlich nicht gentleman-like... aber es trifft den Verstand von pubertierenden, jungen Männern, auch wenn man hier nicht alle in eine Schublade stecken kann. Insofern steckt in "American Pie" wesentlich mehr (unangenehme) Wahrheit, als man ihm letztendlich zutrauen möchte und ist obendrein noch ein weitestgehend witziger, charmanter und kurzweiliger Teenie-Film mit einigen Charakteren, die zurecht Kultstatus genossen haben (Jims Dad!). Ich freue mich jedenfalls, die drei Fortsetzungen zeitnah ebenfalls zu sichten und hoffe, dass sich diese gute Qualität halten wird.
Fazit: Albern, pubertär, sexistisch. Ja, all diese Merkmale besitzt "American Pie", entwickelt dabei aber auch eine ehrliche, teilweise enorm witzige und clevere Geschichte über die Probleme junger Männer in der Pubertät. Nicht sehr tiefgründig, dafür aber auf Augenhöhe mit seinen leidenden Charakteren und einigen kultigen Momenten.
Note: 2-
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