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Elysium (2013)

Überzeugende Zukunftsversionen haben wir im Kino schon so einige gesehen. Oftmals sind es gerade die, die nicht bloß mit fliegenden Autos und gigantischen Raumschiffen pochen, die dabei so glaubwürdig wirken, sondern die, die sich auf besondere Techniken besinnen. So erschuf Steven Spielberg in dem grandiosen "Minority Report" zum Beispiel eine schlichtweg fesselnde neue Art der Verbrechensbekämpfung - Jet-Packs und Autos, die automatisch über gigantische Bahnen fahren, waren da nur schmückendes Beiwerk. Auch die Zukunftsvision in Neill Blomkamps "Elysium" hätte dementsprechend eine wirklich bereichernde sein können, wenn man sich an die Ausgangslage gehalten hätte - leider mutiert der Film mit fortschreitender Laufzeit aber zu einem stupiden Actionwerk ohne Substanz und Seele.

ELYSIUM


Zum Ende des einundzwanzigsten Jahrhunderts drohte die Erde unter Kriegen und Überbevölkerung dahinzugehen. Im Jahr 2154 haben sich die wohlhabendsten Menschen des Planeten längst zur Raumstation "Elysium" abgesetzt, wo sie in Saus und Braus, ohne Kriege und Krankheiten, leben, während die restliche Menschheit auf der verwüsteten Erde verweilt. Max Da Costa (Matt Damon) lebt ebenfalls auf der Erde, in dem, was einmal Los Angeles war. Als er bei der Arbeit schwer verstrahlt wird, versucht er, ein Ticket nach Elysium zu erlangen - nur dort kann er tatsächlich geheilt werden. Deswegen verbindet er sich mit dem Gangster Spider (Wagner Moura), der sich auf einen Handel mit Max einlässt: Er soll empfindliche Hirndaten stehlen, die Spider einen Zugang nach Elysium sichern - als Teil des Deals möchte er Max ebenfalls nach oben bringen und somit sein Leben retten...

Ja, die Zukunftsvision, die Neill Blomkamp hier aufstellt, ist interessant, wenn auch in ihrer enorm politischen und gesellschaftskritischen Aussage manchmal etwas arg überzeichnet: Die Reichen leben da oben, die Armen da unten. Darüber hinaus weiß Blomkamp, wie auch schon in seinem wesentlich günstiger produzierten "District 9" eine visuelle Brillanz zu zaubern. Gerade dieses gigantische Raumkonstrukt namens "Elysium" sieht in den Momenten, wenn es erhaben im All schwebt, so dermaßen großartig aus, dass man sich kaum daran sattsehen kann. Leider sehen wir aber tatsächlich nicht viel davon und dieses technische Wunderwerk bleibt reine Oberfläche und ein Handlungskatalysator, da der Großteil der Handlung auf der Erde spielt. Hier ist Blomkamp zwar in seinem Element, hat darüber hinaus aber so wenig zu erzählen, dass man sich da schon ein wenig verschaukelt vorkommen kann. 
Der Plot ist ebenso vorhersehbar wie reißerisch erzählt - er stellt zwar im Kern kluge Fragen, wischt diesen Anspruch aber mit seiner banalen Geschichte und der Dauer-Action relativ rasch hinfort. Es scheint, als hätte Blomkamp selbst gewollt, dass die Zuschauer über diese erschreckende Zwei-Klassen-Gesellschaft, der wir uns in der Jetztzeit ja auch immer weiter anzunähern scheinen, mal nachdenken... letztendlich aber doch das Vertrauen in seine eigene Konstruktion verloren. Nur so lässt sich erklären, warum er den Plot so rasch in ein vollkommen wirres und stupides Action-Geballer verwandelt, welches nach circa dreißig Minuten im Grunde keine Pause mehr einlegt und nur noch schießt und schießt und schießt. Wer da gegen wen kämpft und für was, ist zwar nie egal, aber im Kern doch arg fade. Über die enormen Logiklöcher, die Blomkamp im Skript zaubert, sollte man ebenfalls den Mantel des Schweigens legen, denn diese sind gerade bezüglich des Verteidigungssystem des so erhabenen Elysiums eine schiere Beleidigung für alle nur ansatzweise mitdenkenden Zuschauer. 
Aber wie funktioniert "Elysium" denn dann als einfaches, tosendes Popcorn-Kino? In dem Fall leider auch nicht wirklich gut, denn obwohl der Film visuell prachtvolle Ansätze bietet, konzentriert man sich über weite Strecken nur auf wirr geschnittene und in Wackelkamera-Optik präsentierte Ballereien und Mann-gegen-Mann-Kämpfe, in denen Dialoge wie "Komm schon, kämpfe!" das oberste Gebot sind. Wirklich mitreißend ist das, trotz brutaler Splatter-Spitzen nie inszeniert und erreicht besonders mit der Besetzung von "Chappie"-Star Sharlto Copley gar unfreiwillig komische Bereiche. Copley ist als ständig brüllender Mega-Gangster nämlich eine solch überzogene Karikatur, dass er als Antagonist niemals bedrohlich, dafür aber regelrecht peinlich wird. 
Jodie Foster wirkt als kühle Präsidentin Elysiums wesentlich eindrucksvoller, hat aber auch wenig zu tun, während Matt Damon überzeugt, vom Drehbuch angesichts des farblosen Charakters, dem dieses ihm zuteilt, ziemlich im Stich gelassen wird. Der einzige, der hier dann überraschend heraussticht, ist tatsächlich "Narcos"-Star Wagner Moura: Sein fieser Gangster ist nämlich kein einfacher Bösewicht, sondern ein cleveres Kerlchen, dem es nicht einmal an Herz mangelt - schade, dass aus dieser Figur am Ende nicht mehr gemacht wurde. Denn ebenso wie Mouras "Spider" bleibt "Elysium" letztendlich ein Film, der sehr vielversprechende Ansätze besaß, diese aber so dermaßen wirr wegknallt, dass atmosphärisch wesentlich mehr "Transformers" als "District 9" aus dem Werk spricht. Also ein ziemlicher Fail.

Fazit: "Elysium" zerballert seine vielversprechende Zukunftsvision trotz visuell eindrucksvoller Ansätze in zähen und wirren Action-Vehikeln. Die Charaktere bleiben dabei blass und überzeichnet, der Plot kommt niemals über seinen Ansatz hinaus und zeichnet sich vorhersehbar und seelenlos vor dem Hintergrund kritischer, letztendlich aber ebenfalls ungenutzter Fragen ab.

Note: 4






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