Nicht jede Idee, die auf dem Papier nach einer regelbrechenden, herzlichen und schlichtweg menschlichen Idee klingt, ist auch gleich eine gute. Man sollte immer darauf bauen, Dinge zum Besseren zu ändern, man sollte querdenken und sich nicht von Miesmachern die Tour verderben lassen... aber man muss natürlich an gewissen Punkten auch irgendwo realistisch sein. Ist das, was ich mir vorstelle, nicht nur wichtig und richtig, sondern auch machbar? Das genau ist das Problem des auf einer wahren Begebenheit fußenden Dramas "Patch Adams" - ein Film, der das Herz absolut am rechten Fleck hat und sich bemüht, dahingehend auch ein paar grimmige Zuschauer wachzurütteln... aber eben auch einer, der diesbezüglich ziemlich hart kalkuliert und die benötigten Emotionen somit nicht wirklich wachrufen kann.
PATCH ADAMS
Weil er befürchtet, sich das Leben zu nehmen, lässt sich Hunter Adams (Robin Williams) im Jahr 1969 freiwillig in eine psychiatrische Anstalt anweisen. Dort wird er Zeuge, dass die Ärzte gar nicht erst versuchen, den Patienten zu helfen... und als er es mit seiner komödiantischen Ader selbst versucht, entwickelt er endlich neuen Lebenswillen. Gegen die Empfehlung der Ärzte entlässt Adams sich selbst, um Medizin zu studieren. Zwei Jahre später ist er an einer renommierten Universität angenommen worden und fällt bereits früh durch seine gewöhnungsbedürftigen Methoden auf. Dies geht besonders seiner Kommilitonin Carin Fisher (Monica Potter) gegen den Strich, die Adams forsch umwirbt. Mit der Zeit macht er sich auch unter dem Dekan einige Feinde, die Adams' frische Methoden nicht annehmen wollen und damit drohen, ihn des Kampus zu verweisen. Adams jedoch kämpft für sein Weltbild... und dafür, dieses weiterhin zu verändern.
Eine solche Geschichte hat im Grunde leichtes Spiel, wenn es darum geht, den Zuschauer für sich zu gewinnen, denn eigentlich kann man einem solchen Film ja gar nicht böse sein. Die Hauptfigur ist eine solch gute Seele, dabei so intelligent und menschlich, dass man doch nur jubeln kann, wenn sich eben dieser über alte und verstaubte Regeln hinwegsetzt, um in der Ärztekammer ein reines Chaos anzurichten. Dieser Mann rebelliert gegen unsagbar teure Krankenversicherungen, gegen grummelige Ärzte, die Patienten lieber mit Bettnummern als mit Namen ansprechen, und er rebelliert gegen die Weigerung gegenüber Veränderung. Starke Themen und man sollte sich doch freuen, dass die mal einer anpackt... leider macht der Film "Patch Adams", so sehr er auch versucht, den Zuschauer alle paar Minuten zu Tränen zu rühren, diesbezüglich keinen guten Job, da er viel zu kalkuliert und vorhersehbar die altbekannten Genre-Manirismen abtastet.
Sicherlich kann der Film immer wieder ehrliche Lacher produzieren, die zum Großteil auf die mal wieder sagenhafte Darstellung von Robin Williams gehen, denn der ist hier erwartungsgemäß mal wieder voll in seinem Element. Auch weiß der Film hin und wieder durchaus zu berühren, auch wenn man die kitschigen Klischees, mit denen er hier spielt, nicht übersehen kann... gerührt ist man aber irgendwie dennoch, wenn sich dieser anfangs belächelte und später von allen bewunderte Hunter Adams seinen Weg an die Spitze bahnt und sich trotz heftiger Rückschläge niemals ganz aus der Bahn werfen lässt. Er ist ein Vorbild und wir alle wünschen uns doch ein wenig, so zu sein wie er: Etwas naiv, aber sicherlich nicht blöd, mit noblen Zielen, Humor und echten Träumen. Eine Art Mensch, wie es sie heute nur noch selten zu geben scheint und die uns deswegen ins Herz zu treffen vermag - weil wir selbst gerne noch so wären.
Und all das sind respektable Motive: Man versteht also, wieso sich Filmemacher dachten, dass diese Geschichte doch wie gemacht ist für herzerwärmendes, kluges Kino. "Patch Adams" weiß aber eben auch, was er damit beim Publikum auslöst und nutzt dieses Wissen teils sehr drastisch aus. In ungemein kitschigen Momenten, die so mit der Wahrheit nicht nur nichts mehr zu tun haben, sondern die allgemeine Situation in einem Krankenhaus mit schwer kranken Menschen sogar versimpeln, sollen wir uns berührt fühlen, aber es gelingt dem Film nicht, die Intention hinter diesen Szenen verschwinden zu lassen: Wir sollen weinen und dann wieder lachen und dann beides. Dass es "Patch Adams" immer wieder gelingt, diese Gefühle wachzurufen, ist nicht von der Hand zu weisen, aber zu welchem Preis?
Oftmals ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass es doch schön wäre, wenn die Heilung eines Menschen so einfach wäre: Man setzt sich eine Clownsnase auf, der Patient lacht und alles ist wieder schön. Natürlich lügt der Film nicht in der Hinsicht, dass die Patienten somit von ihrem Leiden erlöst sind, er verharmlost aber auch bittere Wahrheiten dahinter. Den Schmerz, die Tragik, das unaussprechliche Leid im Krankenbett und am Tropf. Und genau deswegen ist der Film naiver, als er es zugeben möchte und dementsprechend eben auch kalkuliert. Das macht "Patch Adams" nicht automatisch zu einem schlechten Film, aber eben auch zu einem, der sich hinter seiner Oberfläche versteckt. Und die ist hier dann eben, trotz all der herzlichen Ansprüche, nur Mittelmaß.
Fazit: Robin Williams ist in der Tat erneut fantastisch und der Film hat sein Herz auch deutlich am rechten Fleck. Dass er das wahre Leid aber zugunsten einer reichlich kitschigen Handlung voller Klischees versimpelt, sollte man hier keinesfalls übersehen und wenn möglich gar hinterfragen.
Note: 3-
Kommentare
Kommentar veröffentlichen