Entgegen der meisten Meinungen gelang dem heutigen Megastar Keira Knightley der Durchbruch in Hollywood gar nicht mit dem 2003 erschienenen Disney-Blockbuster "Fluch der Karibik". Zwar gelang es ihr an der Seite von Johnny Depp und Geoffrey Rush damals, in einem der einflussreichsten und erfolgreichsten Franchises aller Zeiten mitzuwirken und sich in die A-Liga Hollywoods zu spielen, ein unbeschriebenes Blatt war Knightley beim Erscheinen des ersten Teils aber definitiv nicht mehr. Ein Jahr zuvor war man bereits durch den Fußball-Film "Kick it like Beckham" auf sie aufmerksam geworden - man sagt, dass sie sich durch ihre Leistung darin erst den Zuspruch für das Piratenabenteuer einholte. Daraus wurde dann eine glanzvolle Karriere... und nun habe ich zum ersten Mal auf diese Anfänge zurückgeschaut, da ich Knightleys erste richtig große Kinorolle bislang tatsächlich nicht gesehen hatte.
KICK IT LIKE BECKHAM
Jessminder Bhamra (Parminder Nagra) möchte nichts lieber als professionell Fußball zu spielen. Ihre strenge Familie sieht das jedoch anders - die möchte, dass "Jess" studiert, einen indischen Mann heiratet und ihre Sportträume aufgibt. Als Jess eines Tages von der jungen Hobby-Fußballerin Juliette Paxton (Keira Knightley) im Park beim Spielen beobachtet wird, bietet sie dieser ein Probetraining bei dem Damenclub an, in welchem sie selber spielt. Sowohl Jess als auch der Trainer Joe (Jonathan Rhys Meyers) sind sogleich Feuer und Flamme, haben die Rechnung jedoch ohne Jess' Familie gemacht. Während sich die Tochter stets heimlich aus dem Haus schleicht, beginnt darin nämlich ein furchtbares Drama, welches die Karrierepläne Jess' zu gefährden droht...
"Kick it like Beckham" ist ein Paradebeispiel für einen Film, der seine Handlung mit Problemen und Themen vollpackt, um ja keinerlei Langeweile zu schüren, dabei aber auch nicht die nötige Finesse mitbringt, um diese Themen richtig anzupacken. Regisseurin Gurinder Chadha hat eine ganze Menge zu erzählen und streift so ziemlich alles, was innerhalb dieses Plots Gewicht haben könnte: Sexismus, Homosexualität, Ausgrenzung von Minderheiten, Familiendramen, Selbstbestimmung, Enttäuschungen, kulturelle Schwierigkeiten... all das sind ungemein wichtige Themen, die Chadha mit Herz und der wichtigen Prise Humor anzufassen versteht. Dabei kann man noch einiges lernen und gelegentlich lauthals lachen, vertieft werden diese Konflikte aber wirklich nur in den seltensten Fällen. Der wahren Problematik geht man mit märchenhaften Lösungen und teilweise gar dummdreisten Wendungen aus dem Weg und oftmals gerät Chadha gar in die Falle, sich mit ihren ewigen Streitereien zu wiederholen. Wie oft Jess sich von zuhause wegschleicht, um doch wieder dem Fußball beizuwohnen, obwohl sie vorher eine Standpauke erhalten hat, lässt sich jedenfalls nicht mehr an einer Hand abzählen.
Und auch an anderen Standpunkten schwächelt "Kick it like Beckham": Als Fußballfilm funktioniert er nämlich kaum - gerade die Szenen auf dem Feld sind unsicher und schwach inszeniert und ein Gefühl für Taktik und Schnelligkeit kommt in diesem raschen Schnittgewitter, wobei die Kamera oft viel zu nah an den Spielerinnen klebt, nicht auf. Und auch die Besetzung von "Der Klang des Herzens"-Star Jonathan Rhys Meyers geht komplett in die Hose: Der Schauspieler wirkt in seiner angestrengten Performance und mit seiner entnervenden Über-Mimik eher wie ein frustrierter Psychopath als wie ein schnuckeliger Trainer, hinter dem hier gleich zwei junge Damen her sind. Dafür macht der Rest der Besetzung seine Sache sehr ordentlich, denn neben "Tatsächlich Liebe"-Star Keira Knightley war es auch für die britische Schauspielerin Parminder Nagra der wohlverdiente Durchbruch. In den folgenden Jahren war Nagra unter anderem in der Crime-Show "The Blacklist" oder in den Netflix-Hits "Bird Box" und "Tote Mädchen lügen nicht" zu sehen und bereits hier, siebzehn Jahre vorher, zeigt sie, dass man auch in Zukunft noch mit ihr rechnen sollte.
Warum aber hat mir dieser Film, obwohl ich ihn nun zuvor doch recht harsch für seine Oberflächlichkeit und seine mangelhafte Inszenierung gerügt habe, doch ziemlich gut gefallen? Ganz einfach, auch wenn er zu oft simple Wege geht, funktioniert er als reines Unterhaltungsprodukt außerordentlich gut. Oftmals etwas zu vollgepackt, dafür aber niemals Gefahr laufend, ab der Halbzeit irgendwann in Belanglosigkeit zu versacken, hat er das Herz am richtigen Fleck, weiß mit seinem mal frechen, mal sympathischen Humor sehr sicher umzugehen und erschafft auch perfekt das Gefühl eines wahren Traumes, den die Hauptfigur zu verfolgen bereit ist. Das ist nun alles nicht wirklich neu und streckenweise etwas zu plakativ, wobei besonders die unglaubwürdige Lovestory später etwas Fahrt rausnimmt, aber es ist irgendwie doch schön erzählt. Und das ist doch immerhin genug, um für 110 Minuten aus der Realität zu flüchten und einfach nur unterhalten zu werden. Dementsprechend: Keine rote Karte, zwischendurch mal eine Verwarnung und das Ding letztendlich locker nach Hause geholt, auch ohne Verlängerung.
Fazit: "Kick it like Beckham" ist eigentlich viel zu simpel erzählt, um wirklich zu überzeugen. Trotzdem hat der Film dank seiner zumeist ansprechenden Besetzung, dem sympathischen Humor und der ernsthaften Erzählung von Selbstfindung und Selbstbestimmung das Herz am rechten Fleck und unterhält somit trotz einiger plakativer Tendenzen sehr ordentlich.
Note: 3+
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