Tatsächlich habe ich mit dem Gedanken gespielt, mir letzte Woche bereits das Disney-Sequel "Maleficent: Mächte der Finsternis" im Kino anzusehen. Dann erinnerte ich mich jedoch daran, dass mir der erste Teil bereits nicht zusagte und nach dem furchtbaren "König der Löwen"-Remake war es vielleicht auch mal Zeit, zumindest einen der Disney-Realfilme zu ignorieren, auch wenn ich glaube, dass ich ihn im Heimkino irgendwann nachholen werde. Zeitgleich lief auch das deutsche Musical "Ich war noch niemals in New York" an, für dieses wollte ich aber nicht extra alleine ins Kino fahren und wartete deswegen eine Woche, um den Film gemeinsam mit dem neuesten "Terminator"-Streifen am selben Tag zu sehen - so lohnt sich zumindest die Anfahrt. Hohe Erwartungen hatte ich nicht, als Verbeugung vor dem großartigen und leider bereits verstorbenen Udo Jürgens wollte ich mir den Film aber nicht entgehen lassen...
ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK
Lisa Wartberg (Heike Makatsch) ist vollkommen mit ihrem Beruf als Star-Fernsehmoderatorin liiert und macht ihren Mitarbeitern das Leben zur Hölle. Als ihre Mutter Maria (Katharina Thalbach) nach einem Schwächeanfall ihr Gedächtnis einbüßt, aus dem Krankenhaus flieht und sich in den Kopf setzt, unbedingt nach New York zu reisen, fährt Lisa ihr nach und schafft es, ihre Mutter auf dem Kreuzfahrtschiff "MS Maximiliane" einzuholen, welches von Hamburg nach Amerika fährt. Von Bord schafft sie es allerdings nicht mehr und muss gemeinsam mit ihrer Mutter als blinder Passagier die Reise antreten. An Bord lernt sie den alleinerziehenden Vater Axel Staudach (Moritz Bleibtreu) kennen und auch Maria selbst macht eine zwischenmenschliche Erfahrung, wobei ihr ihr verlorenes Gedächtnis jedoch im Weg steht...
Nun gut, bei einem filmischen Musical a la "Mamma Mia!" über die Handlung zu mäkeln, ist vielleicht etwas zu viel des Guten, schließlich geht es in diesem Genre vordergründig um beschwingte Unterhaltung, schmissige Songs und ansteckende Sing- und Tanzeinlagen. Aber schon die ersten zwanzig Minuten, in denen der vollkommen banale Plot alle Hände voll damit zu tun hat, mehrere Handlungsträger irgendwie auf dieses vermaledeite Schiff zu bekommen, sind ein wahrer Graus in Sachen Erzählung. Umständlich und dennoch gehetzt, langatmig und dennoch ohne wirklichen Fokus schleift der Film schon früh dahin und verballert dabei bereits einige der besten Songs aus der Feder des großen Udo Jürgens - "Aber bitte mit Sahne" und "Vielen Dank für die Blumen" fallen dem zum Opfer, werden ständig von Dialogszenen unterbrochen und kommen somit nie in Schwung, werden teils gar drastisch gekürzt.
Auch nach dem endlichen Ablegen des Dampfers verschleudert der Film seine bekanntesten Hits schon in der ersten Hälfte, ohne diese dabei wirklich in das Grundgerüst seines Plots einbetten zu können und so verdampfen auch "Griechischer Wein" und "Mit 66 Jahren", trotz teils aufwendiger Choreos, irgendwo im Nirgendwo. In der zweiten Hälfte bleiben dann nur noch die Songs zweiter Klasse (auch wenn sie, da von Udo Jürgens, dennoch weiterhin sehr gut sind)... und eben der Plot, der zuvor so umständlich und mäandernd angeschoben wurde, nun aber plötzlich in den Fokus rücken soll. Und eben dieser Plot ist eine reine Farce und macht soweit alles falsch, was man nur falschmachen kann. Langwierige Liebesgeschichten, die sich im Kreis drehen und schließlich in einem lauen Mega-Happy-End versacken. Gedehnte Szenen, die im Grunde nichts zu erzählen haben. Unsympathische, im Falle von Katharina Thalbachs Maria Wartberg gar nervige Figuren. Und keinerlei Überraschungen in diesem schrecklich bunten Treiben, wo jeder immerzu grinst oder zumindest in der nächsten Szene erfreulich mitschwingt.
Das ist nicht nur vollkommen überzeichnet (was für ein Musical dieser Art ja noch in Ordnung geht), sondern auch, trotz der langsam erzählten und banalen Geschichte, ungemein oberflächlich. In Sachen Humor hält man sich an die Klischees der Art "Homosexuelles Paar ist mal so richtig schwul" und "Kleiner Junge lacht" - wem es da nicht die Zehennägel hochrollt, der hat wohl keine. Ich liebe Musicals an und für sich und habe auch den ersten Teil von "Mamma Mia" rundherum vergöttert, doch die deutsche Antwort darauf zeigt nun, dass es dafür seitens Regie und Schauspieler durchaus mehr Feinschliff benötigt. Gerade die Inszenierung ist in ihren wilden Schnitten ein Graus - oftmals gibt es gar Takes, in denen die Schauspieler nicht einmal die Lippen synchron zum Text bewegen können.
Technisch ist das Ding also eine Vollkatastrophe und im Bereich der Schauspieler sieht es nicht viel besser aus. Einzig und allein, und das ist womöglich die einzige wirkliche Überraschung, Uwe Ochsenknecht hält die Fahne hoch, der passt optisch und von seinem Spiel in solch ein quietschbuntes Treiben aber auch rein. Katharina Thalbach agiert vollkommen hyperaktiv, während Heike Makatsch und Moritz Bleibtreu die meiste Zeit damit zu tun haben, sich zu fragen, was so hochnotierte deutsche Schauspieler hier eigentlich tun sollen. Und dann gibt es mit Marlon Schramm's Florian auch noch eines der nervigsten, penetrantesten Klugscheißer-Kinder, seit es das deutsche Kino gibt - da war für mich dann endgültig Schluss.
Fazit: Dieses filmische Musical bis zum Abspann zu ertragen war eine wahre Feuerprobe. Die dilletantische Inszenierung, die überzeichneten Schauspieler und ein vollkommen wirrer und banaler Plot laden weniger zum Mitsingen als zum Einschlafen ein... und da die bekannten Songs hier zum Großteil furchtbar zerschnitten wurden, fällt dieser Pluspunkt gleich von vornherein flach. Nur für Hardcore-Fans!
Note: 5-
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